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Mehr Verfahren wegen Menschenhandel

Die deutsche Polizei hat im vergangenen Jahr deutlich mehr Ermittlungsverfahren im Bereich Menschenhandel geführt als im Vorjahreszeitraum. Das geht aus dem aktuellen Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung hervor, das jährlich vom Bundeskriminalamt (BKA) herausgegeben wird. Verstärkt wurde die Entwicklung in der aktuellen Pandemie, durch die mit der Krise verbundenen Notlagen sowie die Zunahme von häuslicher Gewalt. Maßgeblich beteiligt am Kampf gegen den Menschenhandel ist der deutsche Zoll. Wie die Beamten effektiver gegen die Organisierte Kriminalität im Bereich Menschenhandel vorgehen könnten, erklärt Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Bezirksgruppe Zoll der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Der Zoll im Kampf gegen Ausbeutung und moderne Sklaverei


In Deutschland hat die Zahl der polizeilichen Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandels 2020 zugenommen

© doidam10/stock.adobe.com

 

Die deutsche Polizei hat im vergangenen Jahr deutlich mehr Ermittlungsverfahren im Bereich Menschenhandel geführt als im Vorjahreszeitraum. Das geht aus dem aktuellen Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung hervor, das jährlich vom Bundeskriminalamt (BKA) herausgegeben wird. Verstärkt wurde die Entwicklung in der aktuellen Pandemie, durch die mit der Krise verbundenen Notlagen sowie die Zunahme von häuslicher Gewalt. Maßgeblich beteiligt am Kampf gegen den Menschenhandel ist der deutsche Zoll. Wie die Beamten effektiver gegen die Organisierte Kriminalität im Bereich Menschenhandel vorgehen könnten, erklärt Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Bezirksgruppe Zoll der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

 

Dem aktuellen Bundeslagebild zufolge wurden im Jahr 2020 insgesamt 465 Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandel und Ausbeutung abgeschlossen. Das sind knapp 23 Prozent mehr als 2019. „Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen, weil es sich um eine Kriminalität handelt, die nahezu gänzlich im Verborgenen stattfindet“, erklärt Frank Buckenhofer. „Deshalb sind gezielte Kontrollen durch den Zoll auf dem Arbeitsmarkt so wichtig. Denn nur so kann Menschenhandel zum Zwecke der Arbeitsausbeutung polizeilich überhaupt sichtbar gemacht werden.“ Ein Schwerpunkt der Polizeiarbeit war im vergangenen Jahr weiterhin das Vorgehen gegen sexuelle Ausbeutung: 291 Verfahren wurden unter diesem Aspekt geführt, etwa aufgrund von Zwangsprostitution oder Ausbeutung von Prostituierten (Vorjahr: 287 Verfahren). Bei weiteren 22 Verfahren handelte es sich um den Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft. „Menschenhandel ist im Prinzip nichts anderes als moderne Sklaverei. Die Opfer gelangen mit den Schleusern über illegale Kanäle nach Deutschland oder in andere europäische Staaten. Sie werden dann häufig unter erbärmlichsten Bedingungen untergebracht und dann entweder an Bordelle oder andere Arbeitsstätten verliehen oder verkauft“, so Buckenhofer. Während die Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei über Jahre von der Zwangsprostitution vornehmlich osteuropäischer Frauen gekennzeichnet war, hat sich dieses Geschehen mit der Schließung von Bordellen und Bars in der Corona-Pandemie in den Bereich der Hotel- oder Hausbesuche verlagert.

Starke Zunahme minderjähriger Opfer

Auffällig ist nach Angaben des Lageberichts vor allem die Zunahme junger Opfer: Insgesamt wurden in 178 Verfahren wegen kommerzieller sexueller Ausbeutung von Minderjährigen 251 Opfer ermittelt – fast 63 Prozent mehr als im Vorjahr. Darunter seien 204 junge Menschen zwischen 14 und 17 Jahren und 42 Personen unter 14 Jahren gewesen. Ermittelt wurde unter anderem wegen des Anbietens eines Kindes zum Missbrauch, wegen Missbrauchs für Kinderpornografie und der Vermittlung Minderjähriger für sexuelle Handlungen. Der Kontakt zwischen Tätern und Minderjährigen ist bei jedem fünften Opfer über das Internet zustande gekommen. Auch hier sehen die Ermittler einen Zusammenhang mit der Corona-Krise: Durch Einschränkungen wie Kita- oder Schulschließungen erhöhten sich die Tatgelegenheiten, gleichzeitig verringerten sich Aufdeckungsmöglichkeiten. Durch die Pandemie waren die Kinder zudem verstärkt online präsent und in Isolation mit den Täterinnen und Tätern, die sie ausbeuteten. Als neuer Trend wurden vermehrt sexuelle Handlungen festgestellt, die von Minderjährigen im Internet als sogenannte „Taschengeld-Treffen“ angeboten wurden. Auch wenn diese Treffen scheinbar freiwillig zustande kommen und nicht von Dritten erzwungen sind, werden sie rechtlich als sexueller Missbrauch eingestuft, da die Kunden dieser Angebote in der Regel volljährig sind.

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