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Rechtsextremismus in Deutschland

Der rechtsextremistisch motivierte Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke am 1. Juni 2019 war für die Sicherheitsbehörden in Deutschland eine Zäsur. Erstmals wurde ein politischer Repräsentant des Staates aus rechtsextremistischen Motiven getötet. Nach dem Mord tauchten hämische Reaktionen aus der rechten Szene im Netz auf. Eigentlich sollte der Verfassungsschutz nach der Aufdeckung der Morde durch die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) die Gefahr durch rechte Gewalttäter stärker ins Visier nehmen. Doch der Prozess im Mordfall Walter Lübcke hat gezeigt: Der Verfassungsschutz hat die Gefahr der extremen Rechten trotz zahlreicher Hinweise unterschätzt.

Die unterschätzte Gefahr


Rechte Gewalt tritt immer offener zu Tage

© Gina Sanders, fotolia

 

Der rechtsextremistisch motivierte Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke am 1. Juni 2019 war für die Sicherheitsbehörden in Deutschland eine Zäsur. Erstmals wurde ein politischer Repräsentant des Staates aus rechtsextremistischen Motiven getötet. Nach dem Mord tauchten hämische Reaktionen aus der rechten Szene im Netz auf. Eigentlich sollte der Verfassungsschutz nach der Aufdeckung der Morde durch die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) die Gefahr durch rechte Gewalttäter stärker ins Visier nehmen. Doch der Prozess im Mordfall Walter Lübcke hat gezeigt: Der Verfassungsschutz hat die Gefahr der extremen Rechten trotz zahlreicher Hinweise unterschätzt.

 

Wie gefährlich ist die rechtsextreme Szene in Deutschland? Nach Meinung von Dr. Matthias Quent, Direktor des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena ist sie nicht nur groß, sondern auch bedrohlich. Zwar ist die Zahl der Demonstrationen von Rechten im Jahr 2019 gesunken, dafür ist laut Verfassungsschutz das rechtsextremistische Personenpotenzial im Jahr 2019 mit 32.080 Personen gegenüber dem Jahr 2018 mit 24.100 Personen angestiegen. Seit der Rechtspopulismus durch PEGIDA und die Partei Alternative für Deutschland (AfD) stärker in die Mitte der Gesellschaft gerückt ist, agieren viele Extreme zudem noch radikaler, um sich abzugrenzen. „Gruppierungen wie „Der III. Weg“ oder „DIE RECHTE“ sind mittlerweile noch gewaltbereiter geworden“, erklärt Matthias Quent. Das bekommen vor allem Geflüchtete und Flüchtlingshelfer und Helferinnen zu spüren – und die Polizei. Bei Demos und anderen Veranstaltungen rechtsextremer Gruppen werden immer öfter auch Polizeikräfte angegriffen. „Früher gingen die Aktionen gegen Angehörige von Minderheiten und gegen „Linke“. Heute lässt sich zunehmend ein militantes Verhalten gegenüber der Polizei, aber auch gegen Politikerinnen und Politiker erkennen“, führt der Experte weiter aus.

Diverse rechtsextreme Strömungen

In der rechten Szene gibt es viele verschiedene Strömungen: Die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD), „DIE RECHTE“, „Der III. Weg“ und die „Bürgerbewegung PRO NRW“ sind als Parteien strukturiert und möchten demnach Einfluss auf das politische Geschehen nehmen. Außerdem existieren diverse Bürgerwehren, die von Rechtsextremen gegründet wurden und unter dem Deckmantel der Kriminalitätsprävention agieren. Sie wollen auf eigene Faust für Recht und Ordnung sorgen – in der Regel auch mit militanten Mitteln. Rechtsextreme „Reichsbürger“ weigern sich wiederum, Deutschland als souveränen Staat anzuerkennen. Für sie besteht das „Deutsche Reich“ völkerrechtlich fort. Das „Antikapitalistische Kollektiv“ ist hingegen ein Netzwerk, dessen selbsterklärtes Ziel es ist, die Vernetzung innerhalb der rechtsextremen Szene voranzutreiben, um beispielsweise das Vorgehen bei Demonstrationen zu koordinieren. Völkisch orientierte Gruppierungen haben sich wiederum der „Reinhaltung der Rasse“ verschrieben, wofür sie sich in ländliche Gebiete zurückziehen, wo sie eine Art völkische Parallelgesellschaft aufbauen möchten. „In letzter Zeit hat auch die sogenannte „Identitäre Bewegung“ an Einfluss gewonnen. Sie ist rassistisch und anti-demokratisch orientiert. Anders als andere extreme Rechte greift sie eher auf rechtsintellektuelle Thesen der „Neuen Rechten“ zurück“, erklärt Quent. Diese Bewegungen wenden sich vor allem gegen den „Verlust der eigenen Identität durch Überfremdung“. Zudem gibt es immer wieder Überschneidungen mit Akteuren des Rechtspopulismus, wie der AfD oder den Organisatoren der „PEGIDA“-Demonstrationen.

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