< Bei Verletzungen richtig handeln

Sexueller Missbrauch: Die Arbeit der Hilfsorganisationen

Sexueller Missbrauch ist als Thema in der Öffentlichkeit angekommen. Stiftungen und Hilfsorganisationen sind gefordert, zu beraten und zu helfen. Angesichts der klammen öffentlichen Kassen fehlt es ihnen jedoch an Mitteln, um noch mehr zu erreichen.

Prävention und Beratung mit knappen Mitteln

Hilfsorganisationen sind oft erste Anlaufstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs

© Maria P., fotolia

 

Sexueller Missbrauch ist als Thema in der Öffentlichkeit angekommen. Stiftungen und Hilfsorganisationen sind gefordert, zu beraten und zu helfen. Angesichts der klammen öffentlichen Kassen fehlt es ihnen jedoch an Mitteln, um noch mehr zu erreichen.

„Über sexuellen Missbrauch wird endlich gesprochen“, sagt Barbara Schäfer-Wiegand und klingt dabei so, als hätte man ihr gerade ein Geschenk gemacht. Seit Jahren engagiert sich die ehemalige Sozialministerin von Baden-Württemberg in der Stiftung Hänsel und Gretel gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern. Jahrelang wurden viele ihrer Anregungen und Forderungen von der Öffentlichkeit kaum beachtet. In weiten Teilen der Gesellschaft galt die Devise: Schweigen, Verdrängen, Vergessen – auch in den Medien. „Wir haben über Jahre hinweg gespürt, wie stark tabuisiert der sexuelle Missbrauch ist und wie schwierig es war, diese Thematik in der Öffentlichkeit zu platzieren“, so die Stiftungsvorsitzende.

Doch die Jahrzehnte des Schweigens sind nun vorbei: Das große mediale Interesse an den Missbrauchsfällen innerhalb der Kirchen oder den Vergewaltigungsvorwürfen gegen Mitarbeiter der Odenwald-Schule haben dem Thema eine bisher nicht gekannte Präsenz gebracht.

„Wir sind natürlich froh, dass sexueller Missbrauch seitdem so stark wahrgenommen wird. Nicht zuletzt, um auf die enormen Probleme der Hilfs- und Kinderschutzorganisationen hinzuweisen“, sagt Ursula Enders, Geschäftsführerin beim Kölner Verein Zartbitter. Als Kontakt- und Informationsstelle betreut Zartbitter Mädchen und Jungen, die sexuell missbraucht wurden. Dazu kommen die Beratung der Eltern sowie eine vielschichtige Präventionsarbeit. Obwohl die Arbeit der Vereine, Initiativen und Stiftungen für die Missbrauchsopfer besonderes wichtig ist, werden die Mittel immer knapper. Denn die eng geschnürten Haushalte der Städte und Kommunen treffen auch die Hilfsorganisationen hart. 

 

Kreative und innovative Präventionsarbeit

Ausreichende Mittel sind nicht nur für die Beratung, sondern auch für die Präventionsarbeit wichtig. Auf diesem Gebiet hat sich Zartbitter aus Köln einen besonders guten Ruf erarbeitet. Seit Jahren produziert der Verein unterschiedliche Materialien wie Broschüren, Bilderbücher, Comics oder Plakate, die das Thema sexueller Missbrauch kindgerecht darstellen. „Alle Materialien müssen so gestaltet sein, dass die Kinder alleine damit arbeiten und sich gegenseitig unterstützen können“, erklärt Enders. Der Grund: Längst nicht jedes Kind hätte zur Auseinandersetzung mit dem Thema einen adäquaten Erwachsenen in der Nähe. „Bei der Gestaltung passen wir uns gezielt der Jugendkultur an“, so die Geschäftsführerin. Zartbitter-Medien werden deshalb etwa von bunten Farben und witzigen Figuren dominiert. Sie erfreuen sich auch bei anderen Hilfsorganisationen großer Beliebtheit, weshalb Zartbitter-Materialien bundesweit in der Präventionsarbeit eingesetzt werden.

Kindgerechtes Bildmotiv zum Thema sexueller Missbrauch

© Dorothee Wolters

Ebenfalls überregional aktiv ist das Präventionstheater von Zartbitter, das vor allem in Schulen auftritt. Innovativ daran ist vor allem das Entwicklungsmodell. Dabei findet ein Transfer von theoretischen Überlegungen in Praxisanwendungen statt. Bevor Enders mit ihren Kolleginnen und Kollegen das Theaterstück „Click it“ entwickelt hat, war sie drei Jahre lang täglich mindestens eine Stunde in Kinder-Chatrooms unterwegs. Enders: „Ich habe mich über Nutzerprofile von Kindern eingeloggt und geschaut, was passiert. Über die Jahre bin ich dabei massenhaft mit sexuellen Inhalten und Kinderpornografie konfrontiert worden. So konnte ich dann aber auch Präventionsstrategien ausprobieren und verbessern.“ Zartbitter-Theaterstücke seien deshalb immer eine Antwort auf konkrete Praxisfälle. Einen anderen Ansatz um Kinder vor Pädophilen zu schützen, verfolgt Prof. Klaus Beier an der Berliner Charité. Der Sexualmediziner entwickelte ein geradezu revolutionäres Präventionsprojekt: Ins Zentrum seiner Arbeit stellt er nicht das Opfer, sondern den potentiellen Täter. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch im Dunkelfeld“ finden seit Juni 2005 Männer therapeutische Unterstützung, die auf Kinder gerichtete sexuelle Fantasien haben, aber keine Übergriffe begehen wollen. Für Barbara Schäfer-Wiegand ein wichtiger Schritt: „Der Täter ist seit Jahrhunderten geschützt, das Opfer aber nicht. Dabei muss man sich doch wirklich fragen: Wie kann ich bei diesen Tätern eine Gegenstrategie zum Schutz von Kindern entwickeln?“, so die Ex-Ministerin, die sich selbst intensiv mit der Täterforschung beschäftigt hat. 

 

Plakatmotiv zur Kampagne „Kein Täter werden“

© Charité Berlin

Anlaufstellen bieten Pädophilen Therapiemöglichkeiten

Die Auseinandersetzung mit dem Täter fällt Hilfsorganisationen offensichtlich schwer. Bei 500 Kinderschutzorganisationen hatte die Charité für eine Kooperation zum Projekt „Kein Täter werden“ geworben. „Wir waren die Einzigen, die den Mut hatten, das Projekt zu unterstützen“, so Schäfer-Wiegand. Die Stiftung Hänsel und Gretel finanzierte die komplette Medienkampagne. Mit ihrer Hilfe und dem Slogan „Lieben Sie Kinder mehr als Ihnen lieb ist?“, sollten Betroffene, also problembewusste, therapiewillige, potentielle und reale Täter im Dunkelfeld, auf die Möglichkeit einer Beratung und Therapie hingewiesen werden. Die Reaktion übertraf alle Erwartungen. Über 800 Männer meldeten sich an Beiers Institut, darunter auch Personen aus Österreich und der Schweiz. Die Charité schafft so eine Anlaufstelle, die auch für andere Bundesländer Vorbildcharakter hat. Die Stiftung Hänsel und Gretel unterstützt vehement ihre Verbreitung in weiteren Bundesländern: Inzwischen gibt es neben Berlin auch Anlaufstellen in Kiel, Leipzig und Regensburg.

Infos zum Projekt „Kein Täter werden“ gibt es unter 
http://www.kein-taeter-werden.de/ 

Wie groß der eigentliche Bedarf ist, zeigen statistische Untersuchungen. Experten gehen davon aus, dass sich etwa ein Prozent aller Männer zwischen 18 und 75 Jahren von Kindern sexuell angezogen fühlen. Das wären in Deutschland rund 200.000 Personen. Die Opferzahlen sind noch viel höher. Schäfer-Wiegand: „Jede halbe Stunde passiert ein sexueller Missbrauch in der Bundesrepublik. Jede zehnte Frau und jeder dreißigste Mann berichten von sexuellen Übergriffen in ihrer Jugend. Und wenn man diese Opferzahlen einmal hochrechnet, dann kommt man auf Millionen Opfer.“ Umso wichtiger wäre es, dass die sexualmedizinische Betreuung potentieller Täter langfristig in Präventionskonzepten etabliert wird. „Tätertherapie ist Opferschutz. Damit können weitere entscheidende Schritte für den Kinderschutz in Deutschland getan werden“, sagt Barbara Schäfer-Wiegand.

Kurztipps

5 Tipps für...
...das Erkennen von Marken- und Produktfälschungen

So erkennen Sie Marken- oder Produktfälschungen:

5 Tipps für...
...den Schutz von Garage und Gartenhaus vor Einbruch

Diese Sicherungsmaßnahmen machen Sinn.

5 Tipps für...
...das Erstellen von Vollmachten

So sollten Sie sich in Bezug auf Vorsorge- oder Bankvollmachten...

5 Tipps für...
...sicheres Feiern auf Festivals und Konzerten

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie bei großen Events feiern wollen.

5 Tipps für...
...den sicheren Campingurlaub

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Ihren nächsten Urlaub mit dem...

5 Tipps für...
...den Schutz vor Erpressersoftware (Ransomware)

Darauf sollten Sie achten, um Angriffen auf Ihren Computer mit...

5 Tipps für...
...den Schutz vor Hacker-Angriffen

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Ihren Rechner und Ihre...

5 Tipps für...
...den Schutz pflegebedürftiger Menschen vor Gewalt

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Gewalt gegen pflegebedürftige...

5 Tipps für...
...sicheres Rodeln

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie im Winter eine sichere...

5 Tipps für...
...die Immobiliensuche im Internet

Das sollten Sie beachten, um bei der Wohnungssuche im Internet...

5 Tipps für...
...Zivilcourage im Alltag

Das sollten Sie beachten, wenn Sie in der Öffentlichkeit eine...

5 Tipps für...
...die sichere Cloud-Nutzung

Das sollten Sie beachten, um Ihre Daten sicher in Cloud-Diensten zu...

5 Tipps für...
...die sichere Nutzung von Fahrradanhängern

So sind Sie im Straßenverkehr mit einem Fahrradanhänger sicher...

5 Tipps für...
...verantwortungsvolles Radfahren im Straßenverkehr

So kommen Sie sicher und rücksichtsvoll durch den Stadtverkehr.

5 Tipps für...
...sicheres Homeschooling/digitales Lernen

Darauf sollten sie achten, wenn der Unterricht Ihrer Kinder zuhause...

5 Tipps für...
...den Verdachtsfall auf Kindesmissbrauch

So sollten Sie sich verhalten, wenn Sie in ihrem Umfeld einen...

5 Tipps für...
...ein sicheres Internet für Kinder

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Ihre Kinder oder Schüler vor...

5 Tipps für...
...das Radfahren im Winter

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie in der kalten Jahreszeit trotz...

5 Tipps für...
...das sichere Wandern

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie auf eine Wanderung gehen möchten.

5 Tipps für...
...das sichere Surfen im Urlaub

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie im Urlaub mobile Geräte nutzen.

5 Tipps für...
...einen erfolgreichen Widerruf

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie einen abgeschlossenen...

5 Tipps für...
...sicheres Bezahlen im Internet (Online Banking)

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie online bezahlen möchten.

5 Tipps für...
...sicheres Arbeiten im Home Office

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie von zuhause arbeiten.

5 Tipps für...
...mehr Sicherheit auf der Skipiste

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie in der Wintersportsaison auf...

5 Tipps für...
...das Böllern an Silvester

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie an Silvester Raketen steigen...

5 Tipps für...
...den Umgang mit Spam-Mails

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie von Spam-Mails in Ihrem...

5 Tipps für...
...sicheres Online-Dating

Darauf sollten Sie bei der Partnersuche im Netz achten.

5 Tipps für...
...den Umgang mit Mobbing am Arbeitsplatz

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie sich gegen Mobbing im Job...

5 Tipps für...
...unfallfreies Grillen

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie in den Sommermonaten sicher im...

5 Tipps für...
...das Baden in offenen Gewässern

Darauf sollten Sie achten, wenn Sie in offenen Gewässern wie...

Weitere Infos für Eltern

Reichen Betriebserlaubnis, Zuverlässigkeitsprüfung und Kondompflicht aus?

Im Juli 2016 hat der Bundestag ein neues Gesetz verabschiedet, das...[mehr erfahren]

Die Gefahr des „Cyber-Dschihad“

Im Juli 2016 wurden in Ansbach 15 Besucher eines Musikfestivals durch...[mehr erfahren]

Der vermeintlich sichere Weg zur Schule

Ein gewöhnlicher Montagmorgen im Herbst. Vor vielen Schulen in...[mehr erfahren]

Silvesterausschreitungen in Berlin aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei

Die Ausschreitungen an Silvester in Berlin und anderen Orten...[mehr erfahren]

Die fatale Presseflut nach Amoktaten in Schulen

Prof. Dr. Herbert Scheithauer, Entwicklungs- und Klinischer...[mehr erfahren]