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Täter therapieren, Opfer schützen

Der Verein „Behandlungs-Initiative Opferschutz (BIOS-BW) e. V.“ in Baden-Württemberg hat es sich zur Aufgabe gemacht, den präventiven Opferschutz zu verbessern und dadurch zur Vermeidung von Gewalt- und Sexualdelikten beizutragen. Das Besondere: Neben der Betreuung von Sexual-und Gewaltopfern steht auch die Tätertherapie im Fokus des Vereins.

„Ein halber Schritt auf uns zu genügt“

Tätertherapien können Kinder vor Missbrauch schützen

© tinadefortunata, fotolia

 

Der Verein „Behandlungs-Initiative Opferschutz (BIOS-BW) e. V.“ in Baden-Württemberg hat es sich zur Aufgabe gemacht, den präventiven Opferschutz zu verbessern und dadurch zur Vermeidung von Gewalt- und Sexualdelikten beizutragen. Das Besondere: Neben der Betreuung von Sexual-und Gewaltopfern steht auch die Tätertherapie im Fokus des Vereins.

In Deutschland gibt es bislang nur sehr wenig Angebote, die sich an potenzielle oder verurteilte Täter von Gewalt- oder Sexualdelikten richten. BIOS bietet unter anderem das so genannte Tatgeneigten-Programm „Keine Gewalt- und Sexualstraftat begehen“ an, das sich an Personen richtet, die bei sich selbst zum Beispiel pädosexuelle Neigungen feststellen. Thomas Rudy, Diplom-Sozialpädagoge und Mitglied des Leitungsteams der Forensischen Ambulanz bei BIOS, erklärt: „ Man kann sich zunächst anonym bei uns melden, wenn man merkt, dass man sich zu Kindern sexuell hingezogen fühlt. Die Kosten für eine Therapie übernimmt BIOS.“ Ursprünglich sei das Programm ausschließlich für so genannte „tatgeneigte“ Personen gedacht gewesen, das heißt, Menschen, die noch nicht straffällig geworden sind. Mittlerweile seien die Übergänge aber fließend. „Manchmal läuft gegen die Person schon eine Anzeige etwa wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften. Die Polizei legt dem Täter dann nahe, sich an uns zu wenden. Wir sind froh um jeden Tatgeneigten oder Täter, der sich bei uns meldet. Hauptsache, er kommt überhaupt zu uns,“ so Rudy. 
In einem Aufnahmegespräch wird zunächst geklärt, ob es sich um eine „Kernpädophilie“ handelt, die Person sich also ausschließlich von Kindern sexuell angezogen fühlt, oder um eine pädophile Nebenströmung. „In solch einem Fall ist es möglich, dass die Person sich aufgrund von frustrierenden Erlebnissen mit erwachsenen Frauen oder Männern auf Kinder fixiert hat bzw. auf diese ausweicht, weil sie leichter zu beeinflussen und zu kontrollieren sind. Es geht dabei häufig auch um Machtausübung.“ Die Therapie wird auf jeden Teilnehmer individuell zugeschnitten.

Pädosexualität ist Veranlagung

Bei Pädophilie handelt es sich um eine Störung der Sexualpräferenz, die häufig im Laufe des Jugendalters erstmals zu Tage tritt. Die Gründe, warum jemand pädosexuelle Neigungen entwickelt, sind weitgehend unklar. „Pädosexualität ist keine Krankheit, sondern eine Veranlagung, für die der Betroffene erst einmal nichts kann. Es kommt darauf an, wie die Person mit dieser Veranlagung umgeht. Ob er ihr nachgibt und sich vielleicht strafbar macht oder sich Hilfe holt. Denn eines ist klar: Diese Sexualität darf nie ausgelebt werden, weil sie Kindern schadet. Für den Betroffenen ist das so, als ob er Durst hat, aber nichts trinken darf“, erklärt der Sozialpädagoge. Die meisten Pädosexuellen seien deshalb froh, überhaupt mit jemandem über das Thema sprechen zu können, weil sie sich sonst niemandem anvertrauen können. 
Im Laufe der Therapie wird einerseits vermittelt, dass dem vorhandenen Trieb niemals nachgegeben werden darf – auch nicht über das Konsumieren von Kinderpornografie. Der Betroffene erlernt Strategien, mit seiner Sexualität umzugehen und wie er sich in Risikosituationen verhalten kann, denn heilbar ist eine vorhandene Pädosexualität nicht. „Wir erarbeiten unter anderem „Notfallpläne“ bzw. setzen so genannte „Stopp-Techniken“ ein. Denn meist fängt es mit sexuellen Fantasien an, die es gilt, umgehend zu stoppen. Risikoreiche Orte wie Schwimmbäder, Kindergärten oder Spielplätze sollen konsequent gemieden werden. Die Person muss lernen, mit Fantasien umzugehen, sich abzulenken und sich auf Anderes im Leben zu konzentrieren“, so Rudy. 

Thomas Rudy

BIOS, © BIOS

Therapie schon im Strafvollzug beginnen

BIOS unterstützt darüber hinaus derzeit sechs Strafvollzugsanstalten in Baden-Württemberg bei der therapeutischen Behandlung von Gewalt- und Sexualstraftätern. Dabei gehen die Therapeuten der forensischen Ambulanz Baden in die Gefängnisse und arbeiten vor Ort mit den Verurteilten. „Hier gehen wir in der Regel deliktorientiert vor, das heißt, es wird genau geschaut, weswegen der Täter verurteilt wurde und wie es zu der Tat gekommen ist. Ob der Täter weiß, was er getan hat und Empathie für sein Opfer empfinden kann. Pädosexuellen ist es häufig nicht bewusst, dass sie einem Kind schaden, wenn sie es sexuell missbrauchen. Die Tat wird oft bagatellisiert“, weiß der Experte. Der Täter muss verstehen, dass er dem Kind durch sein Handeln nachhaltigen Schaden zufügt. Denn Viele sind der Meinung, das Kind würde die intimen Berührungen ebenfalls genießen. „Man muss klarstellen, dass Kinder von ihrer geistigen Entwicklung her einfach noch nicht so weit sind und mit dieser Art von Reizen noch nichts anfangen können. Im Gegenteil: Sexuelle Handlungen können noch nicht verarbeitet werden. Diese Erfahrungen werden aber abgespeichert und treten irgendwann wieder zu Tage – häufig in Form eines lebenslangen Traumas. Beim Täter muss sich oft die komplette Einstellung zu dem Thema ändern. Und das kann sehr lange dauern“, erklärt Thomas Rudy.

Nähere Infos zum gesamten Informations-, Beratungs- und Therapie-Angebot von BIOS gibt es unter http://www.bios-bw.de 

Vorstellungs- und Therapieweisung nach der Haft

Nach der Haftentlassung haben die Täter häufig gerichtliche Auflagen etwa im Rahmen der Führungsaufsicht zu erfüllen, die auch eine Therapie umfassen können (so genannte „Therapieweisung“). Da es wenig Sinn macht, jemanden zu einer Therapie zu zwingen, gibt es für Täter, deren Motivation zu einer Therapie nach der Entlassung gering ist, dort alternativ die „Vorstellungsweisung“. Dabei ist der Entlassene verpflichtet, sich bei einer Therapiestelle zu melden und dort zumindest Gespräche zu führen. „Wir nutzen diese Zeit, um den Täter doch noch dazu zu bewegen, eine Therapie zu machen. Wir versuchen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Denn gerade die erste Zeit nach der Haftentlassung ist häufig mit viel Frust verbunden – da sind die meisten froh, einen Ansprechpartner zu haben. Viele entscheiden sich nach einigen Monaten auch tatsächlich für eine Therapie“, so der Experte. 

Nicht immer komme die Motivation eines Täters oder Tatgeneigten, eine Therapie zu machen, aus der Überzeugung, etwas Falsches getan zu haben und sich verändern zu müssen. Häufig spiele die Hoffnung auf vorzeitige Entlassung oder Strafmilderung eine Rolle. „Für uns ist die Motivation eines Therapiewilligen erst einmal nicht so relevant. Wir sind froh, wenn wir die Möglichkeit haben, überhaupt auf jemanden einzuwirken. Wenn jemand auch nur einen halben Schritt auf uns zu macht, genügt uns das, um mit dieser Person arbeiten zu können“, betont Rudy. „Uns geht es darum, Opfer zu schützen. Und jeder Täter in Therapie ist ein Schritt in diese Richtung.“
(SW)

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