< Drogensucht muss nicht im Gefängnis enden

Wie Süchtige immer wieder an Stoff kommen

Thomas Becker kämpft seit 20 Jahren präventiv und aktiv gegen Drogen. Er ist Erster Kriminalhauptkommissar beim Rauschgiftkommissariat (K 64) in Frankfurt am Main und war jahrelang auf der Straße als ermittelnder Beamter unterwegs. Daher weiß er, wie viel Geld ein Drogensüchtiger für seinen Konsum benötigt und auf welchen Wegen er dieses jeden Tag zu beschaffen versucht.

Beschaffungskriminalität in einer deutschen Großstadt

Wer süchtig ist, rutscht schnell in die Beschaffungskriminalität ab

© sp-v, fotolia

 

Thomas Becker kämpft seit 20 Jahren präventiv und aktiv gegen Drogen. Er ist Erster Kriminalhauptkommissar beim Rauschgiftkommissariat (K 64) in Frankfurt am Main und war jahrelang auf der Straße als ermittelnder Beamter unterwegs. Daher weiß er, wie viel Geld ein Drogensüchtiger für seinen Konsum benötigt und auf welchen Wegen er dieses jeden Tag zu beschaffen versucht. Drogensüchtige sind ganz verschieden. Es gibt einige, die nur einmal im Monat ihren Stoff konsumieren, andere benötigen ihn mehrmals am Tag. Drogen können geraucht, geschnupft, geschluckt oder injiziert werden. „Außerdem ist Droge nicht gleich Droge“, weiß Thomas Becker: „Es gibt synthetische oder natürliche, jene, die betäuben oder aufputschen.“ Allen gemeinsam ist, dass sie abhängig machen, dass der Süchtige immer wieder Nachschub braucht und er sich diesen finanzieren muss – mit unterschiedlich viel Geld. Ein stark abhängiger Heroinsüchtiger, der intravenös konsumiert, braucht im Durchschnitt jeden Tag drei Gramm Heroin. Davon kocht er sich ein halbes Gramm auf und setzt sich über den Tag sechs Schüsse. Das heißt, dass er ungefähr 100 Euro am Tag ausgibt. Ein Abhängiger benötigt aber nicht nur das: Wenn die Wirkung des Heroins nachlässt und er Entzugserscheinungen bekommt, aber kein neues Heroin, muss er Beruhigungsmittel (z. B. Benzodiazepine) nehmen. Mittel wie diese kauft er auf dem Schwarzmarkt und schluckt sie als Tabletten oder spritzt sie sich. Darüber hinaus trinkt er eventuell auch viel Alkohol, der ebenfalls bezahlt werden muss. Ein Crack-Abhängiger kauft sich im Durchschnitt fünf 0,1-Gramm-Cracksteine am Tag für je zehn Euro. Das kostet ihn 50 Euro am Tag. Ein Crackraucher hört aber in der Regel nicht auf zu rauchen. Er raucht, wenn er Geld hat. Wenn er nicht gerade schläft oder durch andere Drogen ruhig gestellt ist, ist sein Ziel, wieder an Geld zu kommen, um wieder zu rauchen. Kokain ist im Vergleich dazu eine sehr teure Droge. Ein Gramm kostet ungefähr 50 Euro. Ein stark Abhängiger benötigt am Tag ungefähr fünf Gramm. Ein Kokainsüchtiger gibt also bis zu 250 Euro am Tag aus, um seine Sucht zu finanzieren.

Abhängige müssen viel Geld auftreiben, um ihre Sucht zu finanzieren

© Daniel Loretto, fotolia

Diebstahl bringt schnelles Geld

Ein Süchtiger, der noch einem Beruf nachgeht, kann seinen Konsum einige Zeit damit finanzieren. Mit steigender Abhängigkeit und höherem Verbrauch wird er aber immer mehr gezwungen sein, kriminelle Handlungen zu begehen. Der erste Schritt ist meistens der Diebstahl bei Freunden, Verwandten oder dem Arbeitgeber. Wenn das wegfällt, können Betrug oder eBay-Handel gangbare Wege sein. Viele Frauen arbeiten als Prostituierte, um schnell an Geld zu kommen und den nächsten Stoff zu kaufen. Zu den einfachsten Formen der indirekten Beschaffungskriminalität zählen die kleinen Diebstähle wie Ladendiebstahl. „Das ist leicht durchzuführen. Das kann jeder“, bestätigt der Kriminalhauptkommissar: „Gestohlen werden hierbei vor allem teure Elektrogeräte und Computer sowie hochwertige Parfümerie-Artikel, die dann an einen Hehler verkauft werden.“ Schwere Diebstähle von Taschen oder Gepäck an Flughäfen oder Bahnhöfen sind auch sehr verbreitet. Die Taschen werden entwendet, wenn der Besitzer gerade nicht hinschaut. Der Inhalt wird an einem anderen Ort geplündert und die Tasche anschließend weggeworfen. Aber auch Wohnungseinbrüche sind ein Mittel, um an Geld für Drogen zu kommen.

Drogenhandel, um die eigene Sucht zu finanzieren

Eine weitere wichtige Einnahmequelle für viele Süchtige ist das Dealen mit Drogen auf der Straße. Becker weiß, wie das funktioniert: „Ein Abhängiger kennt einen Heroindealer und sucht sich etwa am Frankfurter Bahnhof fünf Junkies, die ihm Geld geben und für die er Heroin besorgt. Wenn er eine größere Menge Heroin bei seinem Dealer kauft, bekommt er Provision. So verdient er Geld oder bekommt Drogen für den eigenen Konsum.“ In Zahlen bedeutet dies, dass der Abhängige für 20 Euro das Gramm Heroin einkauft und es für 25 oder 30 Euro das Gramm verkauft. Oder der Süchtige sammelt bei den Junkies Geld für sieben Gramm Heroin ein, erhält von seinem Dealer aber zehn Gramm. Ein anderer Weg zur Geldbeschaffung ist, hochwertige Drogen einzukaufen, diese zu strecken und dann teurer weiterzuverkaufen. Handelsübliches Heroin hat in Deutschland einen Wirkstoffgehalt von acht bis zehn Prozent, im Erzeugerland hingegen von bis zu 90 Prozent. Der Wirkstoffgehalt sinkt im Handelsverlauf, weil jeder die Ware streckt, um seinen Profit zu machen. Ein Süchtiger kann hier in Deutschland Heroin mit einem Wirkungsgehalt von 20 Prozent kaufen und dieses strecken. So kann er aus 20 Gramm 20-prozentigem Heroin 40 Gramm 10-Prozentiges herstellen. Wenn ein Süchtiger gute Kontakte in der Szene hat, kann er auch mit Vermittlungsgeschäften Geld verdienen, indem er einem Drogenkonsumenten Dealer vermittelt und dafür von diesem beispielsweise ein Gramm abbekommt.

Dealen ist für Abhängige ein Weg, um an Geld zu kommen

© Anja Roesnick, fotolia

Nicht nur Handel mit illegalen Drogen

Einige Süchtige finanzieren sich ihren Konsum, indem sie Einwegspritzen verkaufen. Oder sie helfen anderen bei ihrem Konsum. Dabei machen sie anderen Süchtigen die Crackpfeifen fertig oder helfen ihnen beim Aufziehen des aufgekochten Heroins. Darüber hinaus blüht auf der Straße auch der Handel mit Substitutionsmitteln. Das sind Drogenersatzstoffe wie Methadon oder Subutex, die den Abhängigen, die clean werden wollen, die Entzugserscheinungen nehmen. Diese Medikamente fallen auch unter das Betäubungsmittelgesetz und werden in niedergelassenen Praxen oder in Substitutionsambulanzen verabreicht. „Nach einiger Zeit dürfen die Substituierten ihre Ration fürs Wochenende mit nach Hause nehmen. Dort nehmen manche es aber nicht ein, sondern verkaufen es, um für sich selbst Drogen zu kaufen“, erklärt Kriminalkommissar Thomas Becker. Aber auch der Handel mit Beruhigungsmitteln wie Benzodiazepinen, die die Süchtigen vor dem nächsten Schuss vor den Entzugserscheinungen bewahren, ist eine Möglichkeit, Geld zu beschaffen. Süchtige stehlen außerdem häufig Rezepte oder den Stempel vom Arzt und fälschen oder kopieren diese. Auf diesem Weg besorgen sie sich in der Apotheke Ausweichmittel. Es werden aber auch Betäubungsmittel aus Apotheken, Krankenhäusern und Pflegehäusern gestohlen, genauso wie Koffer von Notärzten, die an einem Unfallort jemanden versorg

Vor 25 Jahren stahlen Süchtige vor allem Autoradios

Auch in der Beschaffungskriminalität gibt es Trends. „In den 1980er und 1990er Jahren wurden in Frankfurt viele schwere Diebstähle von Abhängigen begangen. Vor allem Radios wurden aus Autos entwendet und beim Hehler in Geld umgesetzt“, berichtet Becker. Heute werden eher Navigationsgeräte gestohlen. Autoeinbrüche durch Süchtige sind jedoch zurückgegangen, da die Industrie die Autos aufgerüstet hat und es den Einbrechern schwer macht. Gelegenheitsdiebstähle, wenn beispielsweise eine Handtasche auf dem Beifahrersitz steht, gibt es aber immer noch. Dafür wird einfach die Scheibe eingeschlagen. Straßenraubdelikte werden heute auch weniger als noch vor 15 Jahren verübt, da das Risiko zu groß ist und viele eine körperliche Auseinandersetzung scheuen. Bei einer älteren Dame hingegen, die abends aus der Bank kommt, ist das Risiko gering. „Da wird ein Süchtiger sicher seine Gelegenheit nutzen“, weiß Becker, „denn er ist, getrieben durch seine Sucht, immer auf der Lauer, wie er an Geld und somit an seine Droge kommen kann.“

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