< Internetkriminalität auf jeden Fall anzeigen!

IT-Profis, keine Mausschubser

Internetkriminalität ist ein weites Feld, sie reicht von Kinderpornografie bis zu politisch motivierter Kriminalität oder illegalem Medikamentenhandel. Im Kompetenzzentrum Cybercrime des Landeskriminalamts NRW versuchen die Ermittler der Zentralen Internetrecherche das gesamte Spektrum abzudecken – mit kreativen Ansätzen und großem Einsatz.

Das Team der Zentralen Internetrecherche im LKA-NRW jagt Kriminelle in der virtuellen Welt

Kriminelle suchen ihre Opfer immer öfter im Netz

© Benjamin Haas, fotolia

 

Internetkriminalität ist ein weites Feld, sie reicht von Kinderpornografie bis zu politisch motivierter Kriminalität oder illegalem Medikamentenhandel. Im Kompetenzzentrum Cybercrime des Landeskriminalamts NRW versuchen die Ermittler der Zentralen Internetrecherche das gesamte Spektrum abzudecken – mit kreativen Ansätzen und großem Einsatz.

Der Düsseldorfer Stadteil Unterbilk, S-Bahn Station Völklinger Straße: Breite, unwirtliche Straßen, Betontürme, Baustellen – hier ist kein Platz für gemütliche Stadtspaziergänge, sondern für Geschäfts- und Amtstermine. Das Landeskriminalamt NRW versucht in dieser spröden Umgebung mit seinem 2010 eröffneten Neubau originelle Akzente zu setzen: Durch eine Begrünung der Innenhöfe oder ein Kunstwerk, das einen knapp 200 Meter langen Gang mit Zeichnungen von Spinnennetzen versieht. Das Bild der Spinne passt hervorragend, besonders wenn es der Besucher auf die Büros der Zentralen Internetrecherche (ZIR) abgesehen hat.

Teamarbeit im Fokus

Zehn Mann umfasst die Truppe mittlerweile, die hier Straftaten im Internet nachspürt. Es ist eine recht neue Einheit, die 2007 gegründet wurde und Anfang 2008 ihren Betrieb aufnahm. Unter der Leitung von Klaus Kisters wird hier Jagd auf Internetkriminelle aller Art gemacht – das Spektrum der Straftaten reicht von Kinderpornografie bis zu politisch motivierter Kriminalität oder illegalem Medikamentenhandel. Die Art des Ermittelns, die hier praktiziert wird, unterscheidet sich grundlegend von jener der Kreisbehörden, wo ja auch Internetspezialisten eingesetzt werden. „Wir können von uns aus tätig werden und suchen selbst nach strafrechtlich relevanten Inhalten im Internet“, umschreibt das Klaus Kisters in seinem unspektakulären Büro im vierten Stock des LKA. „Die Kollegen in den Kreisbehörden hingegen können zumeist erst dann aktiv werden, wenn eine Anzeige vorliegt“. Das verschafft Kisters und seinem Team einen entscheidenden zeitlichen Vorteil. Sie können sich ohne Zeitverlust und in unmittelbarer Kenntnis des Sachverhalts an die Provider mit der Bitte um Auskunft wenden. Durch die Aktivitäten der ZIR-Beamten flog so etwa ein Täter aus NRW auf, dem 250 Missbrauchsfälle an einem 16-jährigen Mädchen nachgewiesen werden konnten. Einen illegalen Online-Anbieter von zweifelhaften Muskelaufbaupräparaten und Potenzmitteln konnten die Internetkriminalisten durch – von der Staatsanwaltschaft genehmigte – Beweiskäufe überführen. Oft geht es auch um Fälle, in denen eine Straftat gar nicht direkt online begangen wird, das Netz aber im Zeitraum zwischen der Planung und Ausführung genutzt wird. So hat die ZIR einen Mann enttarnt, der sich über Online-Foren mit Frauen verabredete, um diese dann in ihren Privatwohnungen zu bestehlen. 

 

Im Online-Medikamentenhandel mischen Kriminelle kräftig mit

© Gina Sanders, fotolia

Bits und Bytes im Blut

Für die Arbeit in der ZIR braucht es verschwiegene Profis mit einer ausgeprägten Begeisterung für die virtuelle Welt. Das Auswahlverfahren war dementsprechend gestaltet. „Wir haben Menschen mit einer klaren IT-Affinität und Begeisterung für die Sache gesucht, Mausschubserei reicht da nicht, das braucht Bits und Bytes im Blut“, so Klaus Kisters. Seine Mitarbeiter – alle männlich und zwischen Ende 20 und Anfang 50 – kommen allesamt aus der Polizei. Zwei von ihnen waren vor dem Wechsel in die ZIR in LKA-Abteilungen aktiv, sieben im Wach- und Wechseldienst. Alle verfügen über Erfahrungen im Streifendienst und haben die Polizeiarbeit in all ihren Facetten kennengelernt. Sie alle wurden durch Fortbildungen –unter anderem bei Interpol –auf den aktuellen Stand der extrem dynamischen Materie Internetkriminalität gebracht und haben sich auch zusätzlich spezialisiert. So haben sich etwa einige Kollegen in Fragen rund um den illegalen Medikamentenhandel eingearbeitet: Ein hochkomplexes Feld, das nicht zur alltäglichen Polizeiarbeit zählt. Fortbildung ist Kisters sehr wichtig. Er hat selbst in diesem Bereich führend gearbeitet und auch in England Internetermittler aus der EU unterrichtet. Und auch Worte wie „Teamwork“ oder „Teambuilding“ fallen im Gespräch immer wieder. „Ich bin jedes Mal wieder erstaunt, welche harten Nüsse wir alleine dadurch knacken können, dass wir unsere zehn Köpfe zusammenstecken“, betont Kisters, der regelmäßige „Tooldays“ eingeführt hat, in denen sich die Teammitglieder etwa über neue Software austauschen. 

Vorsicht vor Maulwürfen

So eng die Zusammenarbeit innerhalb des Teams ist, so vorsichtig wird mit der Außenwelt umgegangen. Externe Experten werden nur dann eingebunden, wenn es absolut nötig ist – Sicherheitsbedenken spielen hier eine Rolle. Und auf dem Schreibtisch jedes ZIR-Mitarbeiters stehen zwei Bildschirme: Einer für die Online-Recherche, der andere für die polizeiliche Aufarbeitung im Arbeitsnetz. Die beiden Netze sind aus Sicherheitsgründen strikt physikalisch getrennt, Teleworking ist also für ZIR-Mitarbeiter nicht möglich – die Arbeit passiert vor Ort in der Dienststelle. Wie sensibel die Tätigkeit als Online-Ermittler ist, merkt man schon daran, dass eine Mitarbeiterin der Pressestelle des LKA das Interview mit Klaus Kisters begleitet und die beiden immer wieder abklären, ob nicht allzu sensible Informationen weitergegeben werden.

Wünsche an die Politik

So zufrieden der ZIR-Leiter mit den Arbeitsbedingungen in seinem Team auch ist, die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen bewertet er kritisch: „Wir haben heute in gewissen Bereichen keine Fingerabdrücke oder DNA-Spuren mehr als Beweismittel, sondern nur technische Spuren“, betont Klaus Kisters. „Und wenn wir dazu die passenden Daten von den Providern nicht bekommen, dann bedeutet das das Ende der Ermittlungen“. Daher sei eine klare gesetzliche Grundlage dafür nötig, wie lange Daten beim Provider mindestens gespeichert werden müssten. Ansonsten könnten die ZIR-Verbrecherjäger weiterhin nur während laufender Sessions zugreifen, also solange die Verbindungen zwischen Verdächtigem und Provider nicht gekappt wurden. Oder, um bei der Metapher mit der Spinne zu bleiben: Die Fäden im Spinnennetz lösen sich dann auf, während die Jägerin sich nähert – und die vermeintliche Beute entkommt. Vielleicht muss das LKA in seinem Neubau die Gangbemalung ja dieser Realität anpassen.

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