Betrugsmasche „Sextortion“
Lassen Sie sich nicht erpressen!
Die Täter drohen mit der Veröffentlichung von Nacktfotos oder -videos
© Antonioguillem/adobe.stock.com
Nicht mehr ganz neu, aber immer noch aktuell: Als „Sextortion“ wird eine Betrugsmasche bezeichnet, bei der Internetnutzer mit Nacktbildern oder -videos erpresst werden. Der Begriff leitet sich von dem Englischen „extortion“ – Erpressung – ab. Hans Jürgen Hülsbeck ist im Landeskriminalamt NRW für das Sachgebiet „Verhaltensorientierte Prävention im Fachbereich Cybercrime“ zuständig. Er erklärt die verschiedenen Vorgehensweisen der Täter und wie man sich vor ihnen schützen kann.
Täter filmen Opfer über die Webcam
Grundsätzlich geht es bei dem Phänomen „Sextortion“ darum, Geld von Internetnutzerinnen und -nutzern zu erpressen. Die Täter drohen damit, anzügliches Foto- und Videomaterial zu veröffentlichen, wenn nicht gezahlt wird. Die Erpresser bedienen sich dazu zweier unterschiedlicher Maschen: Bei der ersten wird Kontakt über die gängigen sozialen Netzwerke aufgenommen. „Das sind häufig ganz normale Freundschaftsanfragen, die man erhält – vermeintlich von einer attraktiven Person. Im Anschluss macht der Täter dem Opfer dann zunächst Komplimente zum Aussehen und beginnt zu flirten“, beschreibt Hans Jürgen Hülsbeck die Vorgehensweise. Das Ziel sei zunächst ein erotischer Chat mit dem Opfer, in dessen Verlauf die oder der Betroffene auch Nacktbilder oder -videos von seinem Gegenüber geschickt bekommt. Hülsbeck: „Irgendwann kommt dann die Frage, ob man sich nicht live per Webcam weiter unterhalten möchte. Das Opfer soll dazu gebracht werden, sich vor der Kamera auszuziehen oder sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Der Täter nimmt das Ganze auf und erpresst das Opfer im Anschluss damit.“ So wird etwa gedroht, das aufgenommene Video an die gesamte Freundesliste zu senden. Das ist leicht möglich, wenn die Freundschaftsanfrage zu Beginn bestätigt wurde.
Hans Jürgen Hülsbeck
LKA NRW, Sachgebiet „Verhaltensorientierte Prävention im Fachbereich Cybercrime“, © LKA NRW
Geschulte Täter – erniedrigte Opfer
Die Täter nutzen zur Kontaktaufnahme in der Regel Fake-Profile. „Das sind Fotos und Videos einer völlig anderen Person, aber keinesfalls von demjenigen, der am anderen Ende der Leitung sitzt“, erklärt der Präventionsexperte. Die Täter sind meist organisiert und in ihrem Vorgehen geschult: „Sie sind geschickt und stellen sich genau auf ihr Opfer ein. Sie haben eine gute Ausdrucksweise und wissen genau, welche Knöpfe sie drücken müssen, damit das Opfer mitmacht.“ Die Geschädigten sind sowohl Männer, aber auch junge Frauen. Den Opfern ist das Ganze so peinlich, dass viele den geforderten Betrag bezahlen. Die Summen können dabei unterschiedlich hoch sein: „Im Verlauf des Gesprächs bekommt der Täter ein Gespür dafür, wie viel beim jeweiligen Opfer zu holen ist. Die geforderten Summen können daher von 50 Euro bis in einen vierstelligen Bereich gehen“, erklärt Hülsbeck. Gezahlt wird in der Regel über Payment-Dienste oder in einer Krypto-Währung, wie etwa Bitcoins.
Darknet liefert private Informationen
Mit der zweiten Masche versuchen Täter eher die breite Masse zu erreichen. Sie nutzen dazu Daten, die aus zurückliegenden Hacking-Angriffen gegen große Provider oder Online-Dienstleister stammen und über das Darknet vertrieben werden. Die Täter kaufen diese Daten und drohen Betroffenen in E-Mails mit der Veröffentlichung von Nacktbildern oder -videos, die das Opfer angeblich bei sexuellen Handlungen zeigen. Sie behaupten, den Computer der Betroffenen gehackt und damit Zugriff auf die Webcam erhalten zu haben. Als angeblichen Beweis präsentieren die Täter Passwörter oder persönliche Daten der Betroffenen. „Bei dieser Vorgehensweise sind die Täter nicht wirklich in Besitz von anzüglichem Material. Sie setzen aber darauf, dass das Opfer verunsichert wird und die geforderte Summe bezahlt“, erklärt Hülsbeck.
Das österreichische Bundeskriminalamt hat einen Comic-Clip zum Thema „Sextortion“ veröffentlicht, der für das Thema sensibilisieren soll.
Auf keinen Fall zahlen und immer Anzeige erstatten
Wird man Opfer einer solchen Erpressung, sollte man auf jeden Fall Anzeige bei der Polizei erstatten und die geforderte Summe nicht bezahlen – auch wenn es schwerfällt und die Scham groß ist. Hans Jürgen Hülsbeck: „Die Täter sind gerissen. Und man ist nicht das einzige Opfer. Daran sollte man denken. Außerdem: Nur wenn ein Fall der Polizei bekannt ist, kann sie auch etwas gegen die Erpresser unternehmen.“ Hilfreich ist auch, relevante Beweismittel wie Screenshots des Accounts, das Chat-Protokoll oder den E-Mail-Verkehr für spätere Ermittlungen zu sichern. Wenn man die geforderte Summe bereits gezahlt hat, sollte man zudem seine Bank informieren und versuchen, das Geld zurückzuholen. Auch eine Strafanzeige ist dann immer noch möglich.
Auch „Sexting“ birgt die Gefahr von Erpressung
Im Rahmen von „Sexting“, also dem Verschicken von erotischen Bildern oder Fotos per Messengerdienst, kommt es im Anschluss ebenfalls immer wieder dazu, dass Beteiligte erpresst werden. Hier seien besonders jüngere Menschen betroffen, die entweder um Bargeld oder aber um weitere Fotos erpresst würden. „Ein erotisches Bild ist schnell gemacht und verschickt – man hat aber keine Kontrolle darüber, was danach damit geschieht. Eine Freundschaft kann außerdem schnell beendet sein und sich ins Gegenteil umkehren. Auch wenn der Erpresser in diesen Fällen meist bekannt ist, ist die Situation für die Betroffenen nicht weniger unangenehm“, weiß Hülsbeck. Auch hier gilt: Betroffene sollten sich nicht unter Druck setzen lassen und die Polizei informieren.
Datensparsamkeit schützt vor Missbrauch
Grundsätzlich sollte man mit der Preisgabe von privaten Daten – dazu gehören auch Fotos und Videos – sparsam sein. Zudem muss man sich klarmachen, dass sich hinter einem Internet-Profil auch eine völlig andere Person verbergen kann. „Man sollte gut überlegen, welche Daten man überhaupt ins Netz stellt und welche Daten man dann für wen freigibt. Außerdem sinnvoll: Die Webcam abzukleben, wenn man sie nicht benutzt“, rät der Präventionsexperte. Um Jugendliche zu schützen, sind aber auch die Eltern gefragt: „Es muss einfach klar sein, dass freizügige Fotos etwas sehr Persönliches sind und nicht in fremde Hände oder ins Internet gehören“, betont Hans Jürgen Hülsbeck.
SBa (22.02.2019)
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