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Raus aus der rechten Szene

Gabriel L. bewegte sich 13 Jahre in rechtsextremen Kreisen und war sechs Jahre lang Mitglied der organisierten Neonazi-Szene. Er war Mitbegründer der mittlerweile verbotenen „Berliner Alternative Süd-Ost“ und des „Märkischen Heimatschutzes“ in Berlin, der in Brandenburg zu den größten Neonazi-Verbänden zählte. Im Jahr 2005 entscheidet sich L. für den Ausstieg aus der Szene.

 

Das Exit-Logo

© Exit Deutschland

Auseinandersetzung mit Ex-Kameraden und der eigenen Vergangenheit

Aussteiger aus der rechtsextremen Szene werden von ihren ehemaligen Kameraden als Verräter angesehen. Bestrafungsaktionen sind daher üblich. „Wenn man diese Gefahr der Selbstjustiz nicht ernst nimmt, hat man schneller einen Schwerverletzten, als man gucken kann“, weiß der Exit-Gründer. „Wir haben es schon erlebt, dass Aussteiger überfallen und misshandelt wurden – sowohl im Gefängnis als auch draußen. Zum Teil fahnden die rechtsextremen Gruppen richtiggehend nach den Aussteigern und setzen alle Hebel ihres Netzwerks in Bewegung, um an den Betroffenen heranzukommen. Sie scheuen sich auch nicht, bei der Rentenversicherung oder der Krankenkasse anzurufen, um an den Aufenthaltsort des Ex-Kameraden zu kommen.“

Aber auch bei der Aufarbeitung von begangenen Taten versucht Exit zu helfen, beispielsweise in Gestalt eines Täter-Opfer-Ausgleichs. Denn die psychische Belastung ist zum Teil groß, die Auseinandersetzung mit den eigenen Straftaten unerlässlich. Während der Zeit als Rechtsextremist seien Gewaltdelikte wie jegliche Form der Körperverletzung, Raub, Drogen- und Propagandadelikte oder auch rund um das Thema Bombenbau bis hin zu Mord nichts Ungewöhnliches, erklärt Wagner. „Ein Ausstieg kann immer nur ganz erfolgen – oder gar nicht. Dazu gehört aber eben auch, dass man zu seinen Taten steht und sich mit den Konsequenzen auseinandersetzt. Daran führt kein Weg vorbei. Und auch wenn gewisse Taten einen nie mehr verlassen, weil sie einfach zu schlimm waren, geht es den Aussteigern danach besser. Weil sie irgendwann mit diesem Leben abschließen können.“

Aussteiger müssen sich mit ihrer Vergangenheit auseinadersetzen.

© Olga Lyubkin, fotolia

Hilfe für Angehörige

Exit bietet aber nicht nur Aussteigern Hilfe an, sondern kümmert sich auch um Angehörige, die befürchten, dass jemand aus der Familie ins rechtsextreme Milieu abrutscht. Hier gibt es oft massive Konflikte, weil man an die betreffende Person kaum noch herankommt. Es gilt, einen Ansatzpunkt zu finden, um wieder einen Zugang zu bekommen, ein Szenarium zu bilden, in dem man wieder miteinander reden kann. Konkret kann dies sehr unterschiedlich aussehen, da die Vorgehensweise ganz individuell abgestimmt wird. „Wir hatten einmal den Fall, dass eine Mutter Probleme mit ihrem 14-jährigen Sohn hatte, weil er seit einiger Zeit der rechtsextremen Szene angehörte. Wir haben dann gefragt, wovon der Junge denn vorher so geträumt hat. Sie berichtete uns, dass er immer schon gerne mal eine Kreuzfahrt machen wollte. Wir konnten es dann so arrangieren, dass seine Oma ihn zu einer solchen Fahrt eingeladen hat. Bedingung dazu: Er muss sich angemessen kleiden und benehmen. Es hat tatsächlich funktioniert. Er war von der Gruppe erst einmal isoliert, hat sich die Haare wachsen lassen und hat gemerkt, das so auch die Mädchen an ihm Interesse haben und mit ihm flirten. Das hat ihm natürlich gut gefallen und er hatte plötzlich gar kein Interesse mehr an seinen rechtsextremen Aktivitäten“, erzählt Wagner.

Ex-Nazis klären auf

Nicht selten wenden sich auch öffentliche Stellen wie Polizei, Schule oder Jugendeinrichtungen an die Organisation. Anfragen kommen zum Teil schon von Lehrern aus sechsten Schulklassen – etwa weil Schüler anfangen, spezifische Kleidung zu tragen, rechtsradikale Musik zu hören oder fremdenfeindliche Kommentare im Unterricht abzugeben. Hier arbeitet Exit mit Aussteigern aus der rechtsradikalen Szene zusammen. Diese gehen in die Klassen und berichten, wie sie in die Szene gelangt sind und warum sie letztendlich ausgestiegen sind. „Ehemalige Nazis können das natürlich ganz anders darstellen und werden von den Schülern eher akzeptiert. Die Schüler fragen nach und es entstehen intensive Diskussionen. Auch die rechtsorientierten Schüler nehmen daran teil und werden häufig zum Nachdenken angeregt, wenn nicht sogar zur Einsicht gebracht“, weiß der Ex-Polizist.

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