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Häusliche Gewalt gegen Männer

Wie das Bundeslagebild Partnerschaftsgewalt des BKA zeigt, wurden 2017 fast 139.000 Menschen zum Opfer von körperlicher oder psychischer Gewalt in der Ehe oder einer Beziehung. Auch Angriffe durch frühere Partner sind in der Zahl inbegriffen. Doch unter den Opfern sind keineswegs nur Frauen. Fast 18 Prozent der Betroffenen waren männlich (24.928 Fälle). Die tatsächliche Zahl der Männer, die Partnerschaftsgewalt erleiden müssen, liegt vermutlich deutlich höher. Denn viele Fälle werden aus Scham, Angst oder Hilflosigkeit nicht zur Anzeige gebracht.

Häusliche Gewalt gegen Männer

Tätliche und verbale Angriffe sind keine Seltenheit

Auch Männer erleben Partnerschaftsgewalt

© pololia/stock.adobe.com

 

Wie das Bundeslagebild Partnerschaftsgewalt des BKA zeigt, wurden 2017 fast 139.000 Menschen zum Opfer von körperlicher oder psychischer Gewalt in der Ehe oder einer Beziehung. Auch Angriffe durch frühere Partner sind in der Zahl inbegriffen. Doch unter den Opfern sind keineswegs nur Frauen. Fast 18 Prozent der Betroffenen waren männlich (24.928 Fälle). Die tatsächliche Zahl der Männer, die Partnerschaftsgewalt erleiden müssen, liegt vermutlich deutlich höher. Denn viele Fälle werden aus Scham, Angst oder Hilflosigkeit nicht zur Anzeige gebracht.

Gewalt kann viele Gesichter haben

„Männer können in einer Partnerschaft jegliche Arten von Gewalt erfahren. Dazu zählen neben körperlichen Angriffen häufig auch psychische Gewalterfahrungen“, erklärt Jörg Gakenholz, Bildungsreferent Männerforschung bei der Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit Sachsen. Das bestätigt die BKA-Auswertung: 2017 waren Männer vor allem von vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung betroffen (16.208 Fälle), gefolgt von gefährlicher Körperverletzung (4.839 Fälle) sowie Bedrohung, Stalking oder Nötigung (3.513 Fälle). Hinzu kamen 221 Fälle von Freiheitsberaubung, 93 Tötungsdelikte oder Körperverletzungen mit Todesfolge, 47 Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen, sechs schwere Körperverletzungen und ein Fall von Zuhälterei. Neben der Art der Gewalt muss jedoch auch zwischen einmaligen und wiederkehrenden Vorfällen unterschieden werden. „Es gibt natürlich Affekttaten, meist in Zusammenhang mit Streitigkeiten. Genauso gibt es aber auch Männer, die über einen langen Zeitraum psychischen oder physischen Angriffen ausgesetzt sind“, erklärt der Experte. „Die Grenzen können jedoch fließend sein.“

Ein Großteil der Taten kommt nie ans Licht

Viele Fälle von Gewalt gegen Männer innerhalb einer Partnerschaft oder durch eine frühere Partnerin beziehungsweise einen Partner bleiben im Dunkelfeld. „Zum einen schämen sich die Betroffenen. In unserer Gesellschaft herrscht das Bild des starken Mannes vor. Das passt natürlich nicht mit häuslicher Gewalt zusammen, insbesondere, wenn sie von Frauen ausgeht“, sagt Jörg Gakenholz. Hinzu kommt, dass viele Opfer – egal ob Mann oder Frau – hoffen, dass es sich um einen einmaligen Vorfall handelt. „Häufig wird das Verhalten entschuldigt oder ausgehalten, da man die Person schließlich einmal schätzen und lieben gelernt hat“, erklärt Gakenholz. Ein weiterer Grund für das Schweigen ist, dass einfache Körperverletzungen meist nicht mit Arztbesuchen enden und dadurch eher toleriert werden. „Dann sagen sich viele: So schlimm ist das ja gar nicht“, erklärt der Bildungsreferent. Was betroffene Väter darüber hinaus dazu bringt, Gewalttaten nicht anzuzeigen oder sich jemandem anzuvertrauen, ist die Angst, dass das Verhältnis zu den Kindern darunter leidet. „Gerade wenn Kinder im Spiel sind, haben Männer häufig die Sorge, dass der Kontakt zur Tochter oder dem Sohn eingeschränkt wird. Das bringt viele dazu, die Gewalt einfach auszuhalten.“

Jörg Gakenholz

Bildungsreferent Männerforschung, Landesfachstelle Männerarbeit, © Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit Sachsen e. V.

Informieren und sensibilisieren

Um Männern Mut zu machen, sich professionelle Hilfe zu suchen, hat die Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen die Kampagne „Mann, gib dich nicht geschlagen“ ins Leben gerufen. Doch damit sollen nicht nur Betroffene erreicht, sondern auch die Gesellschaft informiert werden. Dazu gehört, dass Männer, die Partnerschaftsgewalt erfahren, ernst genommen werden. „Eines unserer Ziele ist, Akteure wie die Polizei oder Therapeutinnen und Therapeuten zu sensibilisieren. Mit ihnen kommen Betroffene häufig zuerst in Kontakt. Deshalb geben wir ihnen Informationen an die Hand, damit sie wissen, dass das ein reales Problem ist“, sagt Gakenholz. „Leider erfahren wir immer wieder, dass Männer bei Partnerschaftskonflikten schlechtere Karten haben. Ich erinnere mich an einen Fall, als eine Frau ihren Partner angegriffen hat. Die Nachbarn haben die Polizei gerufen. Die hat allerdings den Mann mitgenommen, nicht die Frau. Es muss ein Umdenken stattfinden, dass nicht nur der Mann der Täter sein kann.“ Der Experte ist jedoch zufrieden mit dem, was der Verein Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit Sachsen sowie andere Institutionen bisher erreicht haben und blickt positiv in die Zukunft: „Die Politik befasst sich intensiver mit dem Thema und auch die Medien berichten häufiger. Dennoch ist es ein langer Weg. Bis das Thema umfassend Anerkennung findet, werden wohl noch Jahre vergehen.“

Hilfe durch Beratungsstellen

Betroffenen rät Jörg Gakenholz, sich professionelle Unterstützung zu suchen. „In jedem Bundesland gibt es Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt, die sowohl Frauen als auch Männer beraten – obwohl im Namen häufig nur ‚Frauen‘ auftaucht“, erklärt er. Auf dem Portal Männerberatungsnetz findet sich zudem eine Übersichtskarte, die Beratungsangebote zu zahlreichen Themen wie etwa Armut, Homosexualität oder Vaterschaft anzeigt. Hier sind auch viele Stellen gelistet, die von Partnerschaftsgewalt betroffenen Männern Informationen an die Hand geben, was sinnvolle Schritte sind. „Dazu kann zählen, einen Anwalt einzuschalten oder Beweise für die Taten zu sichern“, führt Gakenholz aus. Darüber hinaus können die Stellen aber auch den Kontakt zu Männerschutzwohnungen vermitteln, in denen Betroffene unterkommen können. „In Sachsen gibt es drei solcher Wohnungen – in Leipzig, Dresden und Plauen“, berichtet der Experte. Für die Zukunft würde er sich wünschen, dass es auch in ländlicheren Regionen mehr solcher Angebote gäbe. „Je nachdem, wo die Männer arbeiten, können die Distanzen zum Arbeitsplatz groß sein, weshalb das für einige nicht infrage kommt. Es wäre wichtig, dass mehr regionale Angebote entstehen.“

MW (29.03.2019)

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