Medikamenten-Festpreise auch fürs Ausland
Keine Rabatte mehr möglich
Versandapotheken bieten eine Alternative zu Präsenz-Apotheken
© Herby Meseritsch, fotolia
Immer mehr Menschen nutzen die Möglichkeit, Medikamente über das Internet zu bestellen. Der Versandhandel von Arzneimitteln nimmt stetig zu. Auch ausländische Apotheken bieten über das Internet Medikamente für den deutschen Markt an – zum Teil zu günstigeren Preisen. Warum sie dies jetzt nicht mehr dürfen und welche Unterschiede es generell zwischen Präsenz- und Versandapotheken gibt, erklärt Susanne Mauersberg vom Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin.
Frau Mauersberg, warum dürfen Versandapotheken aus dem EU-Ausland keine Rabatte mehr auf rezeptpflichtige Medikamente für deutsche Verbraucher geben?
In Deutschland unterliegen rezeptpflichtige Medikamente einer Preisbindung, das heißt, sie dürfen überall nur zu einem festgelegten Preis angeboten werden. Versandapotheken im Ausland haben in der Vergangenheit beim Kauf dieser Medikamente häufig Rabatte gegeben oder Bonussysteme angewendet. Der Bundesgerichtshof hat aber vor kurzem in einem Urteil entschieden, dass die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente auch für europäische Versandapotheken gilt. Die Bundesregierung hat außerdem ein Gesetz verabschiedet, dass die Preisbindung jetzt auch für ausländische Apotheken festlegt. Diese dürfen diese Arzneimittel also jetzt auch nicht mehr günstiger oder Kombination mit Rabattsystemen anbieten.
Was ist der Grund dafür? Ein Preiswettbewerb ist doch an sich nichts Schlechtes.
Mit dem Gesetz soll vermieden werden, dass die hier ansässigen Versandapotheken benachteiligt werden, weil sie sich an die Preisbindung halten müssen. Das Problem, das sich durch eine solches Urteil ergibt, ist Folgendes: Es geht hier nicht mehr nur um Deutschland, sondern um Europa. Es ist sehr ungewöhnlich und auch umstritten, andere Länder einfach dazu zu verpflichten, sich an solche individuellen nationalen Bestimmungen zu halten. Jeder Staat ist bei Medikamenten selbst für die Preisgestaltung verantwortlich – da gibt es europaweit verschiedene Modelle. Europarechtlich wird diese Sache mit Sicherheit nicht gut aufgenommen und es ist abzusehen, dass der Europäische Gerichtshof eingreifen wird. Im Prinzip spielt man mit einer solchen Gesetzgebung auf Zeit. Es wurde nicht über Alternativen nachgedacht, sondern man hat gesagt: Es bleibt erst einmal alles beim Alten und wir schauen, was passiert. Dabei wäre es wünschenswert gewesen, sich um eine Regelung zu bemühen, die dauerhaft Bestand hat. Dass gleiche Bedingungen für alle herrschen sollen ist grundsätzlich richtig. Gesetze sollten aber mit dem Anspruch gemacht werden, dass es eine gute, gerechte und sinnvolle Regel wird – und nicht, um auf Zeit zu spielen. Außerdem sendet man hier eine Doppelbotschaft. Einerseits sagt man „ja“ zu Europa und dem europäischen Markt. Andererseits formuliert man derartige Gesetze. Das ist einfach nicht stimmig.
Wie sicher sind denn generell ausländische Versandapotheken?
Nicht alle ausländischen Versandapotheken haben das Recht, in Deutschland Medikamente zu vertreiben. Es gibt eine festgelegte Liste, welche europäischen Länder hier welche Arzneimittel anbieten dürfen. Das sind diejenigen, die ähnliche Standards für die Sicherheit haben wie Deutschland – etwa die Niederlande, Großbritannien, Island und Schweden. Aber auch für das Ausland gilt: Medikamente sollten nur aus seriösen und dafür zugelassenen Quellen bezogen werden. Wer über dubiose inländische oder ausländische Webseiten verschreibungspflichtige Substanzen bezieht, macht sich nicht nur strafbar, sondern kann auch seiner Gesundheit schaden.
Weitere Informationen sowie eine Liste mit registrierten in- und ausländischen Versandapotheken finden Sie auf der Webseite des Deutschen Instituts für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI).
Wie sieht es denn generell mit dem Unterschied zwischen Präsenz- und Versand-Apotheke aus? Gibt es Qualitätsunterschiede?
Die Qualität der Medikamente ist bei beiden die gleiche. In Deutschland ist es ja auch so, dass nur bestehende Präsenz-Apotheken auch Medikamente online verkaufen dürfen. Beim Online-Versand gibt es häufig aber ein Defizit, was die Beratung angeht. Nicht, weil kein qualifiziertes Personal vorhanden ist, das die Beratung übernehmen könnte, sondern eher, weil die Leute nicht so sehr an einer Beratung interessiert sind. Viele Kunden empfinden die Beratung in einer Präsenz-Apotheke auch eher als lästig. Dabei ist sie wichtig, weil Kunden etwa die Wechselwirkungen mancher Medikamente selbst nicht gut einschätzen können. In einer Apotheke vor Ort kann man da vielleicht etwas besser einwirken. Generell hat das Aufkommen von Versandapotheken dafür gesorgt, dass mehr Wettbewerb entsteht. Als vor einigen Jahren die nicht verschreibungspflichtigen Medikamente von der Preisbindung befreit wurden, tat sich preislich in den Apotheken erst einmal kaum etwas. Doch als man im Versandhandel anfing, diese Medikamente günstiger anzubieten, hat sich etwas getan. Man muss sich als Anbieter etwas für beide Vertriebsformen einfallen lassen. Uns ist wichtig, dass die Versandapotheken ein zusätzliches Angebot darstellen und nicht die stationären verdrängen. Denn beides ist wichtig. Dadurch, dass Versand-Apotheken häufig bessere Konditionen haben und dadurch niedrigere Preise anbieten können, besteht diese Gefahr schon. Es gibt aber immer häufiger Kooperationen von kleineren Apotheken, die sich zu Einkaufsgemeinschaften zusammenschließen. Denn es muss nicht immer über Konkurrenz, Verdrängung und Preisdruck gehen. Hier ist aber auch die Politik gefragt, vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen.
(SW)
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