„Reichsbürger“ im Fokus
Konsequente Strafverfolgung, mehr Prävention
„Reichsbürger“ erkennen Deutschland nicht als souveränen Staat an
© bluedesign/adobe.stock.com
So genannte „Reichsbürger“ geraten immer wieder in die Schlagzeilen. Einer der schwerwiegendsten Vorfälle: Im Oktober 2016 erschoss ein „Reichsbürger“ einen SEK-Beamten und verletzte zwei weitere schwer. Die Beamten sollten rund dreißig Waffen im Haus des Hobby-Jägers beschlagnahmen. Der Täter wurde anschließend zu lebenslanger Haft verurteilt. Wie sind die selbsternannten „Reichsbürger“ einzuschätzen? Welche Gefahr geht von ihnen aus? Und wie kann man einer Radikalisierung entgegenwirken? Diese und weitere Fragen beantwortet Dr. Andreas Vollmer. Er ist stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in Bayern und beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz tätig.
Mitläufer oder gewaltbereite Anhänger?
In Deutschland lassen sich rund 19.000 Personen der „Reichsbürger“-Szene zuordnen. Dabei handelt es sich aber nur um die Personen, die den Sicherheitsbehörden bekannt geworden sind. Experten gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl weitaus höher sein könnte – Schätzungen gehen von bis zu 40.000 „Reichsbürgern“ aus. „Die Szene setzt sich sehr unterschiedlich zusammen.
Welche Ideologien „Reichsbürger“ verfolgen sowie Tipps für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Behörden im Umgang mit ihnen gibt es im PolizeiDeinPartner-Artikel „Deutschland, nein danke?“.
Man muss differenzieren zwischen Mitläufern und dem harten Kern. Außerdem gibt es noch die Personen, die aus dem Ganzen ein Geschäftsmodell gemacht haben und vor allem Geld verdienen wollen – etwa, indem sie Seminare geben oder „Reichsbürger“-Utensilien vertreiben, wie etwa selbst erstellte Ausweise oder Führerscheine“, erklärt Vollmer. Den größten Teil machen die Mitläufer aus. Sie fallen etwa durch einschlägige Schreiben bei den Behörden auf, etwa, weil sie sich weigern, GEZ-Gebühren oder Bußgelder zu bezahlen. „Wir stellen außerdem immer wieder fest, dass es sich bei vielen Anhängern um psychisch labile Personen handelt, die zum Beispiel persönliche Schicksalsschläge verarbeiten mussten, in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt oder gar obdachlos sind. Indem sie sich den „Reichsbürgern“ zuwenden, erfahren diese Menschen eine Aufwertung: Man ist plötzlich wieder jemand, es wird einem zugehört und das Gedankengut geteilt“, weiß der Experte. Der harte Kern der „Reichsbürger“ macht etwa zehn Prozent, nach Behördeneinschätzung also rund 1.900 Personen aus. Sie sind von der Ideologie überzeugt und vertreten diese vehement. Vollmer: „Diese Aktivisten sind als unberechenbar und gefährlich einzustufen. Man muss davon ausgehen, dass sie bereit sind, Gewalt anzuwenden, um ihre Ansichten zu verteidigen.“
Verfassungsschutzexperte Dr. Andreas Vollmer
Stellvertretender Landesvorsitzender der GdP in Bayern, © GdP
Im Fokus: Gerichtsvollzieher und Polizeikräfte
Die Polizei ist für die Szene ein besonderes Feindbild. Die Beamtinnen und Beamten vertreten den Staat und sind befugt, das Gewaltmonopol des Staates durchzusetzen. In den Augen der „Reichsbürger“ sind Polizeikräfte jedoch lediglich für die „BRD-GmbH“ tätig, wie sie Deutschland bezeichnen. Deren Weisung unterliegt aus ihrer Sicht daher nur das „BRD-Personal“, also alle anderen Bürgerinnen und Bürger, nicht aber sie selbst. Dementsprechend sind Polizeikräfte besonders gefährdet, bei Konflikten angegriffen zu werden. Doch auch Gerichtsvollzieher geraten immer wieder mit „Reichsbürgern“ aneinander. „Versuchen diese nicht gezahlte Steuern, Abgaben oder Bußgelder einzutreiben, kommt es oft zu besonderen Bedrohungsszenarien“, erklärt Vollmer. Gefährdet sind außerdem Bedienstete der Sozialverwaltung, etwa Betreuende von Hartz-IV-Berechtigten. Manche „Reichsbürger“ sind der Meinung, dass sie Unterhalt nach der „Haager Landkriegsordnung“ bekommen müssten. „Sie leiten daraus ab, dass sie als Kriegsgefangene im Besatzungsstaat wie einfache Berufssoldaten bezahlt werden müssen – eine deutlich höhere Summe als der Hartz-IV-Satz.“
Nicht selbst eingreifen
Privatpersonen sind in der Regel nicht gefährdet. Dennoch sollte man nicht versuchen, mit einem „Reichsbürger“ über seine Ideologie zu diskutieren, warnt der Verfassungsschutzexperte: „Solche Gespräche bringen meist nichts. Denn es wird mit juristischem und geschichtlichem Halbwissen operiert. Dazu kommen Verschwörungstheorien, so dass rationale Gegenargumente nicht durchdringen.“ Hat man den Verdacht, dass jemand der „Reichsbürger“-Bewegung angehört, kann man sich an Stellen wenden, die rund um das Thema Extremismus beraten oder an das Bürgertelefon. „Natürlich kann man auch bei der Polizei einen Verdacht melden“, rät Vollmer.
„Reichsbürger“ als Gefährder
Werden von „Reichsbürgern“ Straftaten begangen, müssen diese konsequent verfolgt werden. Damit das gelingt, ist ein enger Informationsaustausch zwischen den relevanten Behörden nötig sowie die Überwachung von als gefährlich geltenden Personen. „Manche Bundesländer stufen einige „Reichsbürger“ mittlerweile als „Gefährder“ ein – sie werden wie potenzielle Terroristen behandelt“, weiß Vollmer. Auch Vereinsverbote oder die Strafverfolgung aufgrund der Bildung einer kriminellen Vereinigung können eine Möglichkeit sein. „Man sollte zudem die strafrechtliche Relevanz der Äußerungen herausarbeiten und Delikte wie Amtsanmaßung und Beleidigung konsequent ahnden. Bei den Geschäftemachern können zudem alle Möglichkeiten des Steuerrechts und der Abgabenordnung ausgeschöpft werden“, meint Vollmer. „Gleichzeitig muss man vermeiden, dass Strafverfahren wegen des fehlenden öffentlichen Interesses oder Personalmangels bei den Staatsanwaltschaften bzw. an den Gerichten eingestellt werden.“ Auch Radikalisierungsprozesse, die zum Beispiel über einschlägige Internetforen, aber auch Gefängnisaufenthalte stattfinden, müssten mehr in den Fokus rücken.
Aufklärung der Öffentlichkeit
Nach Meinung des Experten sollte das Thema auch in der Öffentlichkeit mehr Beachtung finden. Nötig sei etwa mehr Aufklärung in Schulen und eine weitreichende Präventionsarbeit. Denn vor allem Mitläufer seien in einem frühen Stadium noch zur Abkehr zu bewegen. Auch Aussteigerprogramme, wie es sie in den Bereichen Rechts- oder Linksextremismus sowie Islamismus gibt, seien wichtig. „Man muss das Thema als Ganzes wahrnehmen und sollte es nicht immer nur in einem Nebensatz rund um Rechtsextremismus erwähnen. Auch das Informationsangebot der Bundeszentrale für Politische Bildung und der entsprechenden Landeszentralen zu „Reichsbürgern“ erscheint mir noch ausbaufähig“, so die Meinung des Experten.
SBa (29.03.2019)
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