< Hohes Risiko, lukratives Geschäft

Einer von Hundert beißt an

Ob „Enkeltrick“, falsche Teppichhändler oder angebliche Sparkassenmitarbeiter: Die Palette der Trickbetrüger ist groß; ihre Rollen und Methoden sind der Polizei seit langem bekannt. Trotzdem gelingt es den Tätern mit einer Mischung aus schauspielerischem Talent, Unverfrorenheit und Beharrlichkeit, vor allem ältere Menschen um Bargeld und Schmuck zu bringen. Dank der Hilfe von Bankangestellten und potentieller Opfer, die Verdacht schöpfen, schafft es die Polizei jedoch immer wieder, Täter dingfest zu machen – beispielsweise in Hamburg.

Trickbetrüger haben ältere Menschen im Visier


Trickdiebe erscheinen oft an der Haustür

© Dan Race, fotolia

 

Ob „Enkeltrick“, falsche Teppichhändler oder angebliche Sparkassenmitarbeiter: Die Palette der Trickbetrüger ist groß; ihre Rollen und Methoden sind der Polizei seit langem bekannt. Trotzdem gelingt es den Tätern mit einer Mischung aus schauspielerischem Talent, Unverfrorenheit und Beharrlichkeit, vor allem ältere Menschen um Bargeld und Schmuck zu bringen. Dank der Hilfe von Bankangestellten und potentieller Opfer, die Verdacht schöpfen, schafft es die Polizei jedoch immer wieder, Täter dingfest zu machen – beispielsweise in Hamburg.

Martin Ploch ist Sachbearbeiter bei der Zentraldirektion 63 der Hamburger Polizei. Hier werden alle eingehenden Anzeigen von Trickdiebstahl und Trickbetrug in Hamburger Wohnungen bearbeitet. Er weiß, welche Methoden heute in einer Großstadt beim Trickbetrug angewendet werden. Es gibt drei verschiedene Ansätze: das Vortäuschen einer Notlage, das Vortäuschen einer offiziellen Funktion und das Vortäuschen einer Verwandtschaftsbeziehung zum Opfer. Weit verbreitet ist nach wie vor der „Enkeltrick“, bei dem eine angebliche Verwandtschaft mit dem Opfer vorgetäuscht wird. Die Täter sind in Hamburg fast ausschließlich Sinti und Roma; die Opfer meist ältere Menschen. Alles beginnt mit einem Anruf. Martin Ploch: „Wenn wir die Handy-Verbindungsdaten von Tätern auswerten, dann sehen wir, dass die Anrufer rund hundert Fehlversuche benötigen, bevor eine Person auf ihren Anruf hereinfällt. Von Menschen, die jünger als 60 Jahre sind, wird ein solcher Anruf in der Regel nicht angezeigt, weil sie ihn für einen Scherz halten. Die meisten vollendeten Taten haben wir bei Menschen, die älter als 80 Jahre sind.“

So funktioniert der Enkeltrick

Ein Anrufer oder eine Anruferin versucht, durch eine einstudierte Gesprächsführung bei den Opfern den Eindruck zu erwecken, ein Enkel oder Neffe des Opfers zu sein. Um Zweifel bezüglich der „veränderten“ Stimme des Enkels auszuräumen, gibt der Anrufer in aller Regel vor, an einer Erkältung oder an Halsbeschwerden zu leiden. Wenn das Opfer „anbeißt“, wird ein vorübergehender finanzieller Bedarf aufgrund einer dringenden Angelegenheit oder Notlage vorgespiegelt. Zum Beispiel wird akut Geld für einen Autokauf oder für eine Immobilie benötigt. Der geforderte Geldbetrag liegt in der Regel zwischen 4.000 und 10.000 Euro. Hat das Opfer nicht genug Geld im Haus, wird es aufgefordert, Geld von der Bank oder Sparkasse zu holen. Der Anrufer und der Abholer des Geldes sind in der Regel verschiedene Personen. Der „Enkel“ erzählt dem Opfer, dass er selbst nicht kommen könne und einen Bekannten oder Boten schicken würde, dem das Geld übergeben werden soll. Die Geldübergabe findet meist in der Wohnung des Opfers oder unmittelbar vor dem Wohnhaus statt. Selten wird das Opfer von dem Abholer zur Bank begleitet, um dort direkt das Geld zu übergeben.

Entscheidend sind die ersten zwei Sekunden

Die Organisatoren des Enkeltrick-Betrugs agieren von Polen aus. Sie telefonieren mit Prepaid-Handys nach Deutschland und engagieren die „Abholer“, die dann auf Tour durch verschiedene Städte unterwegs sind. In den ersten zwei Sekunden entscheidet es sich, ob das Opfer wirklich glaubt, dass es mit einem Verwandten spricht, weiß Martin Ploch. Die Wahrscheinlichkeit, darauf hereinzufallen, ist größer, je älter man ist: Man hört dann nicht mehr so gut und reagiert auch langsamer und kann sich Sachverhalte nicht mehr so schnell und gut merken.

Jeder Vorwand ist recht, um in die Wohnung zu gelangen

Die Polizei beobachtet beim Trickbetrug neben dem Enkeltrick noch verschiedene andere Methoden. Das Ziel ist in jedem Fall, in die Wohnung der Opfer zu gelangen, um dort Geld, Schmuck oder andere Wertsachen zu stehlen. Die Täter geben sich als Mitarbeiter des Wasserwerks, als Sparkassenmitarbeiter oder als Mitarbeiter eines Teppichgeschäfts aus, bei dem das Opfer früher Kunde war. Auch falsche Polizisten in Zivil sind unterwegs, weiß Martin Ploch: „Sie behaupten, es sei im Haus eingebrochen worden und man müsse kontrollieren, ob etwas in der Wohnung fehle. Der Täter lässt sich dann die Geldverstecke zeigen und er schickt das Opfer unter einem Vorwand in ein anderes Zimmer. Dann nimmt er das Geld an sich und verschwindet oder er sagt, das sei Falschgeld und man müsse das nochmal kontrollieren.“ Eine andere Methode beginnt mit dem Ausspähen von älteren Menschen, die beispielsweise gerade vom Einkauf kommen. Die Täterin – meist handelt es sich um Frauen – trägt ihnen die Einkäufe bis zur Wohnungseingangstür. Dort bittet sie um Zettel und Stift für eine Notiz, die für einen Nachbarn hinterlassen werden soll. In der Küche diktiert sie eine längere Nachricht, da sie angeblich die Brille oder die Kontaktlinsen vergessen habe. Zwischenzeitlich erscheint eine weitere Frau. Sie verstellt den Blick in die übrige Wohnung, indem sie Tücher, Decken oder Laken schwenkt. Eine dritte Person entwendet dann das Diebesgut aus dem Wohn- oder Schlafzimmer.

Erfolgreiche Fahndungsarbeit

Trickbetrüger können nur gefasst werden, wenn die Polizei über deren Vorgehen informiert ist und weiß, wann und wo sie unterwegs sind. Deswegen appelliert Martin Ploch, auch alle versuchten Enkeltrick-Anrufe anzuzeigen. Hier sei die Dunkelziffer sehr hoch. In Hamburg besteht für die Trickbetrüger ein vergleichsweise großes Risiko, gefasst zu werden: „Wir haben hier eine eigene Fahndungseinheit für Trickbetrug. Wenn wir wissen, dass Täter unterwegs sind, dann können wir uns direkt an die Banken wenden. Wir arbeiten auch beispielsweise gut mit der Hamburger Sparkasse (HASPA) zusammen: Deren Mitarbeiter rufen bei uns an, wenn ein älterer Mensch größere Geldbeträge abhebt und ihnen das verdächtig vorkommt. Dann gehen unsere Fahnder in die Sparkasse und sprechen mit den Menschen, damit sie nicht auf den Enkeltrick hereinfallen.“

Lassen Sie niemals Fremde in Ihre Wohnung

© edbockstock, fotolia

Was kann ich selbst tun?

Auch wenn überraschende Besucher an der Haus- oder Wohnungstüre sagen, sie kämen von einem Ihrer Angehörigen und zum Beispiel den Namen Ihres Enkels kennen: Seien Sie bei aller Hilfsbereitschaft stets vorsichtig! Wie Sie sich verhalten sollten, das hat das Kommissariat Vorbeugung der Polizei Münster mustergültig zusammengestellt:

  • Vergewissern Sie sich vor dem Öffnen der Tür, wer zu Ihnen will: Schauen Sie zuvor durch den Türspion oder aus dem Fenster. Benutzen Sie die Türsprechanlage.
  • Öffnen Sie Ihre Tür immer nur mit vorgelegter Türsperre (z. B. Kastenschloss mit Sperrbügel).
  • Lassen Sie niemals Fremde in Ihre Wohnung.
  • Versuchen Sie, bei unbekannten Besuchern einen Nachbarn hinzu zu bitten oder bestellen Sie den Besucher zu einem späteren Termin, wenn eine Vertrauensperson anwesend ist.
  • Nehmen Sie für Ihre Nachbarn nur Lieferungen entgegen, die Ihnen angekündigt wurden.
  • Bieten Sie bei einer angeblichen Notlage an, selbst nach Hilfe zu telefonieren oder das Gewünschte (Schreibzeug, Glas Wasser) hinauszureichen. Lassen Sie dabei stets Ihre Tür durch eine Türsperre gesichert.
  • Lassen Sie nur Handwerker rein, die Sie selbst bestellt haben oder die von der Hausverwaltung angekündigt wurden.
  • Fordern Sie von angeblichen Amtspersonen einen Dienstausweis, prüfen Sie ihn sorgfältig (Druck? Foto? Stempel?) bei gutem Licht. Rufen Sie im Zweifel bei der Behörde an, von der die angebliche Amtsperson kommt. Lassen Sie währenddessen Ihre Tür versperrt. Suchen Sie die Telefonnummer der Behörde selbst heraus.

KL (26.05.2017)

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