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„Fake Customer-Trick“ schädigt Firmen

Beim „Fake Customer-Trick“ treten Betrüger als Großkunden auf und geben unter dem Deckmantel seriöser britischer Unternehmen Bestellungen per E-Mail auf. Ihre Opfer sind vorwiegend mittelständische Firmen aus der Metall-, Automobil- und Lebensmittelindustrie. Bezahlt wird die Ware von den „gefälschten Kunden“ allerdings nicht. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg warnte deshalb bereits im September 2017 in einer Pressemitteilung vor der neuen Betrugsmasche. PolizeiDeinPartner sprach mit Kriminaloberkommissarin Sylke Baumgärtner vom LKA Baden-Württemberg über die Hintergründe des Tricks.

Vorsicht vor fingierten Kundenbestellungen aus Großbritannien


Die Betrüger geben ihre Bestellungen unter einer falschen Mail-Adresse auf

© Rawpixel.com, fotolia

 

Beim „Fake Customer-Trick“ treten Betrüger als Großkunden auf und geben unter dem Deckmantel seriöser britischer Unternehmen Bestellungen per E-Mail auf. Ihre Opfer sind vorwiegend mittelständische Firmen aus der Metall-, Automobil- und Lebensmittelindustrie. Bezahlt wird die Ware von den „gefälschten Kunden“ allerdings nicht. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg warnte deshalb bereits im September 2017 in einer Pressemitteilung vor der neuen Betrugsmasche. PolizeiDeinPartner sprach mit Kriminaloberkommissarin Sylke Baumgärtner vom LKA Baden-Württemberg über die Hintergründe des Tricks.

Täter bauen Vertrauensverhältnis auf

Das Prozedere ist in der Regel immer gleich: „Die Täter erstellen im Vorfeld eine täuschend echte E-Mail-Adresse eines seriösen und real existierenden britischen Unternehmens, einer realen Führungskraft oder einer Einkaufsfachkraft“, erklärt Baumgärtner. „Anschließend werden passend zur Branche des Unternehmens Waren in sehr großem Umfang bestellt – beispielweise Artikel aus dem Sanitärbereich, Lebensmittel oder Automobilteile.“ Dabei gehen die Betrüger professionell vor und erwecken durch Fachbegriffe und branchenübliche Formulierungen den Eindruck eines ernsthaften Kaufinteresses. Nicht nur der Erstkontakt, sondern auch die Preis- und Kaufverhandlungen sowie Abstimmungen über die Lieferbedingungen werden über die gefälschte E-Mail-Adresse abgewickelt. Um ihre Seriosität zu untermauern, signalisieren die angeblichen Kunden sofortige Zahlungsbereitschaft und belegen wenn nötig ihre Bonität mit gefälschten Bilanzen. Außerdem geben sie während des E-Mail-Verkehrs eine britische Rufnummer an und betonen, dass sich die Firmen bei Fragen oder Problemen jederzeit direkt bei ihnen melden können. „Den Tätern gelingt es auf diese Weise, schnell ein persönliches Vertrauensverhältnis zu ihren vermeintlichen Geschäftspartnern aufzubauen. Der gesamte Bestellvorgang läuft insgesamt so vertrauensvoll und routiniert ab, dass die kontaktierten Firmen zunächst keinerlei Täuschung erkennen“, so Baumgärtner.

Seit Juni 2016 sind neun Firmen in Baden-Württemberg auf den „Fake Customer-Trick“ reingefallen und lieferten Waren im Wert von rund 25.000 bis 300.000 Euro an die Betrüger. Der Gesamtschaden liegt bei knapp einer Million Euro. Doch die Betrugsmasche ist kein regionales Phänomen: Auch in anderen Bundesländern sowie im europäischen Ausland wurden vergleichbare Fälle bekannt.

Keine Bezahlung der Waren

Sind sich beide Parteien in den Kaufverhandlungen einig geworden, beauftragen die Betrüger über das Internet internationale Speditionen und lassen sich die Bestellungen nach Großbritannien ausliefern. „In einigen wenigen uns bekannten Fällen gab es bereits bei der Warenauslieferung erste Auffälligkeiten – etwa, weil der LKW-Fahrer die ihm mitgeteilte Anschrift nicht finden konnte oder die Zufahrt zur Lagerhalle nicht für eine derart große LKW-Ladung ausgelegt war“, berichtet Baumgärtner. „In den meisten Fällen konnten die Bestellungen aber problemlos zugestellt werden und der Auftrag war somit erfüllt.“ Die geschädigten Firmen werden erst dann misstrauisch, wenn die Bezahlung trotz Erinnerung und Mahnung nicht erfolgt. Wenn sie dann die Homepage ihrer vermeintlichen Auftraggeber aufrufen und sich unter der echten Telefonnummer erkundigen, wo ihr Geld bleibt, erfahren sie, dass die Firma gar nichts bestellt hat. „Das Ende vom Lied: Die Unternehmen sind ihre Waren los und bleiben auf dem Schaden sitzen.“

Sylke Baumgärtner

Kriminaloberkommissarin, © LKA Baden-Württemberg

Nicht auf „Antworten“ klicken!

Wenn es darum geht, die eigenen Mitarbeiter für die Masche zu sensibilisieren, ist es wichtig, ihnen zu verdeutlichen, dass eine E-Mail-Anschrift nur aufgrund der Schreibweise nicht von dem Absender stammen muss, den diese Adresse suggeriert. „Es reichen schon ganz leichte Abweichungen, um eine täuschend ähnliche Adresse zu erstellen – indem man zum Beispiel nur die Endung von „.uk“ in „.com“ ändert“, so die Expertin. „Eine andere Variante ist zum Beispiel auch, die britische Unternehmensform „Limited“ (Ltd.) nicht in die betrügerische E-Mail-Adresse zu übernehmen.“ Das LKA Baden-Württemberg empfiehlt deutschen Firmen bei Bestellungen aus dem Ausland und insbesondere aus Großbritannien deshalb, den Kunden unbedingt vor der Auslieferung der Waren zu verifizieren und seine Bestellung über die auf der Homepage angegebenen Kontaktdaten zu prüfen. Auf keinen Fall sollte man den Antwort-Button der möglichen Betrüger-E-Mail für den weiteren Kontaktverlauf nutzen.

Im Ernstfall Anzeige erstatten

Ist eine Firma auf den Trick hereingefallen oder hat den Verdacht, eine betrügerische Bestellung erhalten zu haben, sollte Anzeige erstattet werden. „Auch einen Betrugsversuch sollte man bereits zur Anzeige bringen“, weiß Baumgärtner. Wichtig ist, alle Unterlagen mitzubringen, die den Vorgang dokumentieren. Dazu gehört neben dem Mailverkehr über Bezeichnung, Umfang und Preis der Waren auch der Auftrag an die Spedition sowie ein Vermerk über den Ort der Abladung. Die Anzeigenerstattung dient nicht nur der Strafverfolgung, sondern kann auch bei der Entschädigung helfen. „Die britischen Kollegen können die abhandengekommenen Waren schneller ausfindig machen und im besten Fall an die geschädigten Unternehmen zurückgeben.“ Zusätzlich haben Unternehmen die Möglichkeit, ihren Fall bei der zentralen britischen Meldestelle für Betrugsfälle „Action Fraud“ zu registrieren und ein Aktenzeichen (Criminal Record Number) zugeteilt zu bekommen. „Eine Verfolgungsgarantie gibt es leider nicht. Die Online-Anzeige sollte deshalb auf keinen Fall ein Ersatz für eine Anzeige bei der zuständigen deutschen Polizeidienstelle sein.“

KF (24.11.2017)

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