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Einbrüche vorhersehen und Täter stoppen

Angelehnt an die mit hellseherischen Fähigkeiten ausgestatteten „Precogs“ aus dem Kinofilm „Minority Report“ hat das Institut für musterbasierte Prognosetechnik (IfmPt) eine Prognosesoftware namens „Precobs“ entwickelt, die gezielt Einbrüche vorhersagen soll. Die Software ist seit 2014 bei der Polizei in München und Mittelfranken im Einsatz und setzt damit neue Maßstäbe im Bereich der vorausschauenden Polizeiarbeit. In Stuttgart und Karlsruhe evaluiert das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht seit 2015 eine Pilotphase mit „Precobs“.

Polizeiarbeit mit der Prognosesoftware „Precobs“

Die Software macht es systematischen Wiederholungstätern schwer

© Gina Sanders, fotolia

 

Angelehnt an die mit hellseherischen Fähigkeiten ausgestatteten „Precogs“ aus dem Kinofilm „Minority Report“ hat das Institut für musterbasierte Prognosetechnik (IfmPt) eine Prognosesoftware namens „Precobs“ entwickelt, die gezielt Einbrüche vorhersagen soll. Die Software ist seit 2014 bei der Polizei in München und Mittelfranken im Einsatz und setzt damit neue Maßstäbe im Bereich der vorausschauenden Polizeiarbeit. In Stuttgart und Karlsruhe evaluiert das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht seit 2015 eine Pilotphase mit „Precobs“.

Mit vorhersehender Polizeiarbeit Folgedelikte eingrenzen

Techniken, die Verbrechen vorhersehen können, kennen viele nur aus Science-Fiction-Thrillern wie „Minority Report“ mit Tom Cruise. Dort arbeitet die Abteilung „Precrime“ der Washingtoner Polizei im Jahr 2054 daran, mittels Präkognition Morde zu verhindern, die in unmittelbarer Zukunft stattfinden sollen. Ermöglicht wird die durch sogenannte „Precogs“ – menschenähnliche Wesen mit hellseherischen Fähigkeiten, die in einem Zustand zwischen Traum und Wachen Visionen von Täter, Opfer und Zeitpunkt zukünftiger Verbrechen haben. In der Realität ist „Predictive Policing“ (vorhersagende Polizeiarbeit) zwar weniger phantasiereich, aber schon längst keine Zukunftsvision mehr. „Precobs“ steht für „Pre Crime Observation System“. Die Prognoseseoftware des IfmPt generiert unter Verwendung aktuellster Deliktdaten Prognosen für künftige Einbrüche, die von Polizeibehörden für operative und präventive Zwecke verwendet werden können. Vor allem im Bereich des Tageswohnungseinbruchs gibt es eine Reihe von internationalen Studien, die belegen, dass geografische Bezirke, in denen ein Einbruch erfolgt ist, häufig in kurzer Zeit und im direkten Umfeld mit Folgedelikten rechnen müssen. Das größte Problem stellen dabei professionelle Täter und Täterbanden sowie sogenannte „reisende Täter“ dar, die sich besonders lohnenswerte Bezirke vorher genau anschauen und von Stadt zu Stadt unterwegs sind. Hier kann die Software Polizisten dabei unterstützen, stetig neue Erkenntnisse über die Täter zu gewinnen, um sie im Idealfall auf frischer Tat zu ertappen.

Das Institut für musterbasierte Prognosetechnik (IfmPt) kombiniert Erkenntnisse aus interdisziplinären Feldern von Sozialwissenschaften, Kriminologie, Sozialgeografie und Informatik und bietet die hieraus entwickelten Konzepte, Methoden und Produkte international als Dienstleistung an.

So funktioniert „Precobs“

Wo die nächsten Einbrüche passieren, errechnet die Software anhand von Statistiken und mathematischen Algorithmen. Dazu werden Deliktsdaten aus den letzten fünf Jahren analysiert und mit kriminologischen Erkenntnissen ergänzt. Relevante Daten, die in die Analyse einfließen, sind vor allem

  • Tatort,
  • Tatzeit,
  • die Vorgehensweise des Täters sowie
  • die Art der entwendeten Wertsachen.

Die Herausforderung besteht darin, sogenannte „near repeats“ („nahe Wiederholungen“) richtig und ad hoc zu prognostizieren. Dabei untersucht die Software empirische Erkenntnisse aus dem spezifischen Deliktfeld und erarbeitet Unterscheidungsmerkmale für die Erkennung von Täterprofilen wie z. B.

  • Einzel- oder Wiederholungstäter,
  • Gelegenheitstäter oder professionelle Täter,
  • spontanes oder strukturiertes/organisiertes Vorgehen.

Die Gebiete, in denen Täter wiederholt auftreten, werden als „near repeat affin“ erkannt und bilden die Grundlage für die automatisierte Prognostizierbarkeit von Wiederholungstaten. Schließlich liefert die Software Kartenmaterial mit zeitlichen und räumlichen Angaben und zeigt farblich differenzierte Bezirke an, in denen die Wahrscheinlichkeit von weiteren Delikten signifikant hoch ist. Wenn ein Einbruchsdelikt unter bestimmten Voraussetzungen und an einem bestimmten Ort stattgefunden hat, geht die Software davon aus, dass es in den nächsten drei bis sieben Tagen in einem sehr engen regionalen Bereich zu Folgedelikten kommt.

Die Software errechnet „Wahrscheinlichkeitsbereiche“, in denen es zu Folgedelikten kommen kann

© Institut für musterbasierte Prognosetechnik (IfmPt)

Bayern ist überzeugt, Baden-Württemberg bleibt kritisch

In Bayern ist „Precobs“ unter der Leitung des Bayerischen Landeskriminalamts seit Oktober 2014 in den Städten München und Mittelfranken im Einsatz. Seitdem gab es in den Prognosegebieten deutlich weniger Wohnungseinbrüche und mehr Täterfestnahmen. Deutschlandweit gilt Bayern als eines der Bundesländer mit dem niedrigsten Einbruchsrisiko. In Stuttgart dauert die Pilotphase von „Precobs“ noch bis 2019 an. Die Entwicklung der Fallzahlen war während des Evaluationszeitraums im Polizeipräsidium Stuttgart stark rückläufig. Ob dies in direktem Zusammenhang mit „Precobs“ steht, ist allerdings schwer zu beurteilen, da eine ähnliche Entwicklung auch vor dem Beginn der Pilotphase zu beobachten war. Außerdem blieben die Fallzahlen im Polizeipräsidium Karlsruhe im Untersuchungszeitraum konstant. Auch die Auswertung einer Online-Befragung von 700 Polizisten zur praktischen Anwendung von „Precobs“ in Stuttgart und Karlsruhe ergab keine eindeutigen Ergebnisse: Ungefähr die Hälfte der Befragten sah in „Precobs“ ein erfolgversprechendes Modell, die andere Hälfte bewertete die Software eher kritisch.

Die Prognosesoftware „Skala“ in Nordrhein-Westfalen

„Precobs“ ist nicht die einzige Prognosesoftware, die helfen soll, Einbrüche zu verhindern: Die Polizei in Nordrhein-Westfalen setzt seit Februar 2015 unter anderem in Köln und Düsseldorf auf „Skala“: ein System zur Kriminalitätsanalyse und Lageantizipation. Das Programm wurde von Experten des Landeskriminalamtes entwickelt. Die Software erfasst und kategorisiert ebenso wie „Precobs“ Daten zu Einbrüchen in einer Stadt. Diese Daten werden mit frei verfügbaren Informationen über Bebauung, Sozial- und Infrastruktur kombiniert. Ein Algorithmus bestimmt auf dieser Datengrundlage, wo die Wahrscheinlichkeit für weitere Einbrüche höher ist, damit die Polizei dort besonders präsent und aufmerksam ist. Mit „Skala“ ist die Polizei in NRW zuversichtlich: Im ersten Quartal des Jahres 2017 gab es über 30 Prozent weniger Einbrüche als im selben Zeitraum des Vorjahres. Anfang 2018 soll die Software im gesamten Bundesland zum Einsatz kommen.

FL (29.09.2017)

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