Neue Wege im gewerblichen Brandschutz
Zu wenig Koordination zwischen Baurecht und Arbeitnehmerschutz
Spannend wird es, wenn noch eine zweite Rechtsmaterie berücksichtigt werden muss: das Arbeitsschutzrecht. Verbandschef Laschinsky erklärt die Konflikte anhand eines Beispiels: Im Baurecht ist vorgeschrieben, dass ein gewerbliches Gebäude über zwei Rettungswege verfügt. Allerding gibt es eine wesentliche Einschränkung: Einer der beiden Wege kann auch erst im Ernstfall mit der Hilfe von Rettungsgeräten hergestellt werden. Das heißt in der Praxis: Ein gut zugängliches Fenster, das von der Feuerwehr mit einer Drehleiter erreicht werden kann, ist ausreichend. „Im Arbeitsschutzrecht sieht das jedoch ganz anders aus“, so Laschinsky. „Da steht die Möglichkeit im Vordergrund, sich aktiv selbst zu retten.“ Das bedeutet, dass für Arbeitnehmer zwei unabhängige Fluchtwege zur Verfügung stehen müssen, die im Notfall sofort genutzt werden können – also nicht erst dann, wenn Einsatzkräfte zu Hilfe eilen.
Individuelle Konzepte auf Betriebsebene
Im Arbeitnehmerschutzrecht ist es wichtig, eine Gefährdungsbeurteilung auf der Ebene des betroffenen Betriebs durchführen. Es muss analysiert werden, welche Gefahren genau dort vor Ort entstehen und auf exakt diese Herausforderungen müssen Antworten gefunden werden. „Da haben Verantwortliche relativ große Freiheit, Maßnahmen zu finden – ob die nun technisch oder organisatorisch sind“, berichtet Brandschutzexperte Laschinsky aus der Praxis. Die Überlegungen sollten dann in Form eines betrieblichen Brandschutzkonzepts ausformuliert werden, an dem Brandschutzbeauftragte, die Verantwortlichen für die Arbeitssicherheit und idealerweise auch gleich die Fachplaner des Gebäudes mitarbeiten. Mit der Erstellung eines solchen Konzepts sollte bereits möglichst früh begonnen werden, im Idealfall schon beim Stellen des Antrags auf Betriebsgenehmigung.
Teures Lehrgeld für Abstimmungsfehler
Neben dem Baurecht und dem Arbeitnehmerschutz gibt es aber noch einen weiteren Aspekt, der beim gewerblichen Brandschutz von Bedeutung ist: Schließlich gibt es in Betriebsgebäuden auch teure Maschinen oder Anlagen, die vom Baurecht überhaupt nicht berücksichtigt werden. Dennoch ist es von besonderer Bedeutung für Unternehmen, dass etwa Rechenanlagen oder Archive schon aufgrund ihres Werts besonders vor Bränden geschützt werden. In solchen Fällen kommen oft CO2-Anlagen zum Einsatz, die im Ernstfall den von den Flammen benötigten Sauerstoff aus den Räumen verdrängen, ohne Rückstände zu hinterlassen. Solche Brandschutzmaßnahmen sind rechtlich nicht erforderlich, können aber trotzdem im betrieblichen Brandschutzkonzept Niederschlag finden. Dort wird dann auch sichtbar, ob Widersprüche zwischen einzelnen Maßnahmen bestehen: Wenn etwa bereits vorab eine Sprinkleranlage eingebaut wurde, so nützt es wenig, dass der Brand im kostbaren Archiv rückstandsfrei mit CO2 gelöscht wurde. Sobald die automatische Beregnung beginnt, ist das Material trotzdem kaputt – ein teurer Lernschritt.
Sauerstoffreduzierte Räume senken Brandrisiko
Die technische Entwicklung schreitet auch im Brandschutz voran: So werden hochsensible Räumlichkeiten wie Rechenzentren, Hochregallager oder Archive zunehmend durch Sauerstoffreduzierung geschützt. In solchen Räumen halten sich klassischerweise wenige Personen auf, die im Ernstfall einen Brand melden oder bekämpfen könnten. Über technische Maßnahmen wird daher dort der Sauerstoffgehalt so weit reduziert, dass gar kein Brand mehr ausbrechen kann. Mittlerweile sind derartige Technologien bereits so günstig verfügbar, dass sie serienmäßig eingesetzt werden können. „Früher wurde durch technische Mittel wie Brandmelde- oder Löschanlagen rasch Hilfe bei der Bekämpfung des Brandes geboten“, so Brandschutzexperte Laschinsky, „nun helfen Anlagen sogar dabei mit, schon die Entstehung von Bränden zu verhindern.“
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