Hetze im Netz ist strafbar
Wer anonym bleiben möchte, schafft das oft
Ist der Fall strafrechtlich relevant, übernimmt das Landeskriminalamt NRW die Identifizierung der Beschuldigten. Verläuft diese erfolgreich, führen die örtlichen Polizeidienststellen Vernehmungen und Durchsuchungsbeschlüsse durch. In der Realität ist der Weg jedoch nicht immer so einfach, wie er in der Theorie klingt. „Die Identifizierung der Täter ist eines der Hauptprobleme, die wir bei ‚Verfolgen statt nur Löschen‘ haben“, gibt Hebbecker zu. „Ein Verfasser von Hasskommentaren, der es etwas professioneller angeht, schon gewisse Vorkenntnisse auf diesem Gebiet mitbringt und es darauf anlegt, anonym im Netz unterwegs zu sein, hat trotz unseren Bemühungen leider noch gute Chancen, unerkannt zu bleiben.“ Auf der anderen Seite gibt es aber auch Verfasser, die es der ZAC sehr leicht machen: „Viele Personen posten strafrechtlich relevante Äußerungen unter Klarnamen und geben auf ihrer Profilseite zum Teil sogar ihre Adresse oder Telefonnummer preis. Das erleichtert uns die Arbeit natürlich erheblich.“ In schwierigeren Fällen ist die ZAC auf die Unterstützung der Betreiber der sozialen Netzwerke angewiesen. „Hier haben wir, was das Auskunftsverhalten angeht, sicherlich noch deutlich Luft nach oben“, stellt der Staatsanwalt fest.
Die Strafen für Hasskommentare richten sich nach dem zugrundeliegenden Tatbestand. So wird etwa bei Beleidigung (Paragraph 185 StGB) eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe verhängt. Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Paragraph 86a StGB) sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor. Bei Volksverhetzung (Paragraph 130 StGB) kann die Freiheitsstrafe sogar fünf Jahre betragen.
Mehr als 420 Anzeigen – Tendenz steigend
Trotz mancher Hürden hat die ZAC in Zusammenarbeit mit dem LKA NRW seit Projektbeginn eine Vielzahl an Beschuldigten ermitteln können. Den „klassischen Verfasser“ von Hate Speech zu charakterisieren ist jedoch schwer. Christoph Hebbecker: „Tendenziell sind es mehr männliche als weibliche Beschuldigte, die aber über das ganze Bundesgebiet verteilt sind – also nicht, wie vielleicht vermutet, hauptsächlich aus den neuen Bundesländern stammen.“ Um die Polizei nicht mit unnötigen Ermittlungsaufgaben zu belasten, werden längst nicht alle Anzeigen, die von den Medienpartnern an die ZAC weitergeleitet werden, strafrechtlich verfolgt. „Wir gehen sehr kritisch an die Sache ran und schicken der Polizei nur die Akten, wo tatsächlich ein Anfangsverdacht vorliegt.“ Außerdem fiele es den Medien, die zu Projektbeginn geschult wurden, mittlerweile immer leichter zu beurteilen, welche Beiträge für die Staatsanwaltschaft relevant sind. So wurden seit Februar 2018 bislang rund 420 Strafanzeigen der Medienpartner juristisch weiterverfolgt. Hinzu kommen etwa 220 Anzeigen des Bundesamts für Justiz. Mittlerweile wurden auch schon erste rechtskräftige Verurteilungen erwirkt, berichtet Hebbecker: „Einige Hauptverhandlungen haben wir bereits durchgeführt und wir gehen davon aus, dass in nächster Zeit noch viele folgen werden.“
KF (30.08.2019)
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