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Menschen ermutigen, die sich einmischen

In Deutschland gibt es viele Preise, die an Jugendliche oder Erwachsene vergeben werden, die durch ihren couragierten Einsatz zum Vorbild in Sachen Bürgermut geworden sind. Wir stellen vier dieser Preise und ihre Preisträger beispielhaft vor.

Preise für Zivilcourage


Hinsehen und helfen wird belohnt

© contrastwerkstatt, fotolia

 

In Deutschland gibt es viele Preise, die an Jugendliche oder Erwachsene vergeben werden, die durch ihren couragierten Einsatz zum Vorbild in Sachen Bürgermut geworden sind. Wir stellen vier dieser Preise und ihre Preisträger beispielhaft vor.

 

Ein bekannter Preis ist der „XY-Preis für Zivilcourage“, den die ZDF Fernsehfahndungssendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ an Menschen verleiht, die „sich in beispielhafter Weise für den Schutz des Lebens, der Gesundheit oder des Eigentums von Mitbürgern“ eingesetzt haben. Schirmherr des von Fernsehlegende Eduard Zimmermann im Jahr 2002 ins Leben gerufenen Preises ist der jeweilige Bundesinnenminister. Der Preis ist jeweils mit 10.000 Euro dotiert und als Belohnung und Anerkennung für die Träger gedacht. Aber er soll auch ein positives Beispiel geben und zeigen, dass Hilfe gegen Gewalt mit besonnenem Handeln möglich ist. Am 18. November 2020 wurde der Preis von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) an drei Preisträger übergeben. Seehofer hält Zivilcourage im Alltag für sehr wichtig: „Alle Preisträger zeichnet eines aus: Ihnen war das Schicksal anderer Menschen nicht gleichgültig. Sie haben Verantwortung übernommen. Und von dieser Verantwortung lebt unsere ganze Gemeinschaft.“

Tatort Obdachlosenheim

Ein Preisträger des Jahres 2020 ist der 37-jährige Familienvater Alexander Kernstock, der in der Nähe von Schwäbisch Hall einen Zimmermannsbetrieb führt. Im Dezember 2019 beobachtete er aus dem Fenster seines Betriebs einen ihm bekannten Obdachlosen die Straße entlanggehen, an der Hand ein kleines Mädchen (6) mit einem Schulranzen. Das kommt ihm seltsam vor. Er sieht, dass der Mann und das Mädchen zu seiner Unterkunft in einem Container gehen. Kernstock ruft die Polizei an. Die Streife entdeckt im Zimmer des Mannes das verängstigte Mädchen. Der 65-Jährige ist bereits entkleidet. Ein schwerer sexueller Missbrauch konnte jedoch vermutlich in allerletzter Sekunde verhindert werden. Der Täter wird im Juli 2020 zu zwei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Alle Prozessbeteiligten sind sich einig, dass es ohne den aufmerksamen Zeugen Alexander Kernstock zu einem wesentlich schlimmeren Verlauf der Tat gekommen wäre.

Der Jenaer Preis für Zivilcourage 2020 wurde an Konrad Erben verliehen

© JenaTV/Screenshot

Gedenken an die NSU-Morde

Im thüringischen Jena wird in jedem Jahr der mit 1.000 Euro dotierte Preis für Zivilcourage von einer Bürgerin oder einem Bürger gestiftet. Im Jahr 2020 kam das Geld vom Restaurant Stilbruch. „Zunehmende Verrohung und die Bereitschaft zu Gewalt und deren Ausübung als Argument in jeder Form der Auseinandersetzung sind katastrophal“, so Heiko Krabbes, Geschäftsführer des Jenaer Restaurants. „Ich halte es für enorm wichtig, Menschen zu würdigen, die Toleranz in sich tragen und den Mut zur zivilen Courage aufbringen.“ Als Träger des 19. Jenaer Preis für Zivilcourage wurde Konrad Erben für die Organisation des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) ausgewählt. Er veranstaltet jährlich etwa zwölf Mahnwachen, die zumeist am Gedenkort an die Opfer rechter Gewalt vor der Holzskulptur in der Johannisstraße in Jena stattfinden. Er verfolgt dabei das Ziel, die Erinnerung an die Ermordeten aufrecht zu erhalten und ein Signal für die Hinterbliebenen und Überlebenden zu setzen. Darüber hinaus wird während der Mahnwachen die Forderung erneuert, auch nach Ende des Gerichtsprozesses den NSU-Komplex lückenlos aufzuklären.

Omas gegen rechts

Der Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage ist mit 5.000 Euro dotiert und wird seit 2009 vom Zentralrat der Juden in Deutschland in Erinnerung an seinen früheren Präsidenten Paul Spiegel vergeben, der sich gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sowie für eine starke Bürgergesellschaft engagierte. Im Jahr 2020 wurde der Preis an die bundesweite Initiative „Omas gegen rechts“ verliehen. Damit werden neben dem Engagement älterer Menschen für Demokratie und Menschenrechte auch der Mut der Aktivistinnen und Aktivisten gewürdigt. Zum Preisträger erklärte Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland: „Die ‚Omas gegen rechts‘ bringen ihre Lebenserfahrung und ihre Zeit ein, um sich für unsere Demokratie zu engagieren. Sie setzen laut und deutlich ein Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus und Rassismus sowie gegen Frauenfeindlichkeit. Ihre Protestformen sind kreativ und modern. Leider sind sie regelmäßig Anfeindungen ausgesetzt. Doch davon lassen sie sich nicht einschüchtern. Ihr Engagement ist vorbildlich und sollte in unserem Land stärker gewürdigt werden als bislang.“ ‚Omas gegen rechts‘ besteht aus rund 100 Regionalgruppen und beteiligt sich an Demonstrationen gegen Antisemitismus und Rassismus und für Toleranz und Menschenwürde. Auslöser für die Gründung waren der wachsende Rechtspopulismus und Rechtsextremismus.

Enkeltrick verhindert

Der Preis für Zivilcourage des Landes Rheinland-Pfalz ging im Jahr 2020 unter anderen an Birgit Buchborn-Klos aus dem pfälzischen Dirmstein. Sie erhielt den Preis, weil sie eine alte Nachbarin davor bewahrte, das Opfer von Enkeltrickbetrügern zu werden. Die Seniorin hatte schon 40.000 Euro abgehoben. Bei der Geldübergabe griffen dann Beamte in Zivil zu. Frau Buchborn-Klos hatte im Gespräch mit der Nachbarin Verdacht geschöpft und die Polizei alarmiert.

(WL, 02.03.2021)

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