Machen Cyberversicherungen Sinn?
Machen Cyberversicherungen Sinn?

Angebot und Bedarf genau prüfen

Wie sinnvoll sind Cyberversicherungen?

Wer sich gegen die Folgen von Betrug und Mobbing im Internet absichern will, kann eine sogenannte Cyberversicherung abschließen. In Deutschland gibt es derzeit für Privatleute etwa zwanzig verschiedene Angebote. Sie heißen „SorglosOnline“ oder „Webaktiv Komfort“. Welche Hilfe man erwarten kann, ist je nach Versicherung sehr unterschiedlich. Immer ist der Schutz jedoch daran gebunden, dass man selbst Mindeststandards in Sachen Cyberabwehr einhält.

Wir kaufen online ein, chatten mit anderen Menschen und laden Musik oder Filme herunter. Damit steigt natürlich auch das Risiko, wegen dieser Online-Aktivitäten in juristische Auseinandersetzungen zu geraten oder Opfer von Cybermobbing und Cyberkriminalität zu werden. Das Versprechen der Anbieter von Cyberversicherungen ist beruhigend: „Eine Cyberversicherung schützt Sie, Ihr Vermögen, Ihre Privatsphäre und Ihren Ruf vor Online-Kriminalität,“ schreibt eine Versicherung. Doch Verbraucherschützer haben drei wesentliche Bedenken. Erster Punkt: Manche Schadensfälle werden auch von anderen Standardversicherungen abgedeckt oder wie beim zeitnah angezeigten Verlust einer Bankcard von den Banken. Zweitens: Die Deckungssumme mancher Cyberversicherung ist nicht besonders hoch. Und wer – drittens – online nicht grob fahrlässig handelt, bei dem ist die Wahrscheinlichkeit sowieso geringer, dass es überhaupt zu einem Schadensfall kommt. Andererseits sind die meisten Cyberversicherungen nicht besonders teuer. Hier muss man seinem individuellen Sicherheitsbedürfnis folgen und vor allem die Leistungskataloge gut vergleichen.

Rechtsschutz, Schadensersatz und praktische Hilfe

Es gibt zwei Gruppen von Cybersicherungen: Die eine Gruppe bietet ausschließlich Rechtsschutz. Sie übernimmt Anwalts- und Gerichtskosten. Die andere, größere Gruppe der Anbieter von Cyberversicherungen ersetzt den Verbrauchern jedoch auch Schäden, die durch Cyberkriminalität entstehen, und unterstützt sie zum Beispiel beim Löschen von verleumderischen Inhalten, die bei Fällen von Cybermobbing online zu finden sind.

Cyberversicherungen im privaten Bereich

„Wer vorsichtig am Handy und am PC ist, kann auf eine solche Police eher verzichten“. So lautet das Fazit einer Analyse von 20 Cyberversicherungen durch die Stiftung Warentest aus dem April 2024. Denn das Internet ist kein verbraucherschutzfreier Raum. Wer beim Shopping das von der Plattform vorgeschlagene Bezahlsystem nutzt oder etwa mit Paypal zahlt, der ist vor Betrug geschützt. Und wenn die Kreditkarte gehackt wurde und etwa für nie beauftragte Facebook-Werbeanzeigen Beträge abgebucht werden, springt die Bank ein, solange man den Schaden schnell beim Kartenbetreiber meldet. Lässt man eine gestohlene Bankcard zeitnah über die 116 116 sperren, erhält man auch ohne Cyberversicherung das Geld ersetzt, das die Kriminellen möglicherweise bereits abgebucht haben. Kamen die Betrüger durch ein Fehlverhalten des Verbrauchers an seine Online-Daten, springen manche Cyberversicherungen dort ein, wo die Banken die Erstattung verweigern. Aber die Beträge, die pro Jahr erstattet werden, sind in jedem Fall nach oben gedeckelt. Auch beim Kampf gegen Cybermobbing können Versicherungen sich als ein stumpfes Schwert erweisen: Manche Versicherungen übernehmen in solchen Fällen nur eine psychologische oder anwaltliche Erstberatung, die oft telefonisch erfolgt. Das Löschen diskriminierender Inhalte wird auch nicht in letzter Konsequenz verfolgt, schreibt Finanztest.de: „Reagiert der Servicebetreiber oder der Betreiber der Website nicht, auf der sich die zu löschenden Daten befinden, geht die Cyberversicherung dagegen in der Regel nicht weiter vor.“ Auch die Verbraucherzentrale NRW ist bei Cyberversicherungen skeptisch: Hausratversicherungen können zum Beispiel einen Schutz beim Onlinebanking enthalten, Rechtsschutzversicherungen können sowohl den analogen als auch den digitalen Bereich abdecken und schließlich helfen die Krankenkassen auch bei der Bewältigung der Folgen von Cybermobbing. Hat man ein Foto oder Video illegal heruntergeladen und im digitalen Raum veröffentlicht, erhält man möglicherweise eine Zahlungsaufforderung von speziellen Abmahnkanzleien. Sollten die Ansprüche berechtigt sein, zahlen Cyberversicherungen in der Regel nur Beratungskosten. Das Fazit der Verbraucherschützer lautet: „Abhängig vom Internetverhalten sollten die privaten Haftpflicht-, Hausrat-, Rechtsschutzversicherungen also eher aktualisiert oder abgeschlossen werden. Bleibt dann noch ein nicht versichertes Risiko, können Sie über eine separate Versicherung nachdenken.“

Bei Ransomware-Angriffen sind Lösegeldforderungen bei Versicherungen oft nicht abgedeckt

Bei Ransomware-Angriffen sind Lösegeldforderungen bei Versicherungen oft nicht abgedeckt

ryanking999 / stock.adobe.com

Gewerbliche Cyberversicherungen

Etwas anders stellt sich die Situation für Unternehmen dar. Als Teil des geschäftlichen Risikomanagements kann eine Cyberversicherung sinnvoll sein. Doch die jeweilige Police sollte den individuellen Anforderungen des Unternehmens entsprechen und alle relevanten Risiken einschließen. Die Deckungssumme muss erwartbare Schäden vollständig abdecken, und dies zu einem vertretbaren Preis für das Unternehmen. Das Erstatten von Lösegeldforderungen für Ransomware-Angriffe ist bei Cyberversicherungspolicen oft nur als Zusatzelement abgedeckt. Das wirkt sich natürlich auf die Beitragskosten für die Versicherungspolice aus. Bis die Firma nach einem Ransomware-Angriff wieder auf die Beine kommt, zahlt die gewerbliche Cyberversicherung einen im Vorfeld individuell vereinbarten Tagessatz. Er entschädigt für die entgangenen Gewinne und deckt die laufenden Kosten. Gingen Daten verloren oder wurden Computersysteme beschädigt, ersetzt die Versicherung die Kosten für die Rekonstruktion der Daten und die Wiederherstellung der Systeme. Als Serviceleistung kann die Versicherung auch anbieten, IT-Spezialisten an das geschädigte Unternehmen zu vermitteln, die sich mit der Schadensbekämpfung auskennen. Die Zusammenarbeit mit einem auf Cyberabwehr spezialisierten IT-Beratungsunternehmen macht jedoch auch unabhängig von einem Schadensfall Sinn. Wenn man gemeinsam mit einem Dienstleister ein Information Security Management System (ISMS) im Unternehmen etabliert und aktuell hält, ist man vor Cyberangriffen auf seine sensiblen Daten bestmöglich geschützt. Und wenn doch einmal ein Sicherheitsvorfall auftreten sollte, helfen die Incident Response Teams dieser Unternehmen. Sie schließen die Sicherheitslücken und sorgen dafür, dass die IT-Systeme möglichst schnell wieder laufen. Wird die Rechnung der IT-Fachleute im Anschluss von der Cyberversicherung übernommen, ist dies sicher in jedem Fall hilfreich und willkommen. Zum Service gewerblicher Cyberversicherungen kann es auch gehören, im Schadensfall spezialisierte Rechtsanwälte zu vermitteln oder das Unternehmen bei seiner Krisen-PR zu unterstützen.

Mindeststandards für Cybersicherheit

Wie Internetnutzer sich vor Kriminellen schützen können:

  • Ein aktuelles Virenprogramm installieren
  • Das Betriebssystem regelmäßig durch Updates aktualisieren
  • Konten im Netz durch sichere Passwörter schützen
  • Dubiose E-Mails von unbekannten Absendern löschen
  • Gesunde Skepsis bei Gewinnbenachrichtigungen, Mahnschreiben oder unseriösen Abo-Angeboten

Weitere Tipps und Hinweise gibt es beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
WL (27.09.2024)

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