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Alkohol im Alter

Der Alkoholkonsum nimmt zu – im Schnitt trinkt jeder Deutsche 11,8 Liter reinen Alkohol im Jahr, berichtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das entspricht gut 500 Flaschen Bier. Besonders ältere Menschen sind durch den Konsum von Alkohol gefährdet – und das häufig, ohne es zu wissen. Die Zahl der aufgrund von Alkoholvergiftung in Krankenhäuser eingelieferten Senioren ist seit dem Jahr 2000 um mehr als 70 Prozent gestiegen.

Immer mehr Senioren greifen zur Flasche 


Alkohol wird im Alter schlechter vertragen

© michelangelus, fotolia

 

Der Alkoholkonsum nimmt zu – im Schnitt trinkt jeder Deutsche 11,8 Liter reinen Alkohol im Jahr, berichtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das entspricht gut 500 Flaschen Bier. Besonders ältere Menschen sind durch den Konsum von Alkohol gefährdet – und das häufig, ohne es zu wissen. Die Zahl der aufgrund von Alkoholvergiftung in Krankenhäuser eingelieferten Senioren ist seit dem Jahr 2000 um mehr als 70 Prozent gestiegen.

„Bei den eingelieferten älteren Patienten handelte es sich nicht um Personen, die lediglich angetrunken waren, sondern um Fälle schweren Alkoholmissbrauchs, die stationär behandelt werden mussten“, erklärt Andrea Kleinbreuer von der Techniker Krankenkasse. Nach Erhebungen der Kasse wurden im Jahr 2011 bundesweit insgesamt 22.919 Personen über 65 Jahren aufgrund von Alkoholmissbrauch in Krankenhäusern behandelt. Davon waren 15.129 Männer und 7.790 Frauen.

Warum Senioren zum Alkohol greifen 

Die Gründe, im Alter alkoholabhängig zu werden, sind vielfältig. Wenn jemand in den Ruhestand geht, stehen zahlreiche Veränderungen an. Manche Menschen haben dann das Gefühl, sie würden nicht mehr gebraucht. „Sie fallen nach Eintritt in den Ruhestand in ein regelrechtes Loch. Es macht sich Perspektivlosigkeit breit, weil sie denken, sie wären zu nichts mehr zu gebrauchen“, weiß Kleinbreuer. Auch der Verlust eines Partners kann dazu führen, dass man sich in den Alkohol flüchtet. „Wenn man Jahrzehnte zusammen verbracht hat und der Partner stirbt, dann ist das für viele kaum zu ertragen. Auch eine schwere Erkrankung, von der man selbst oder der Partner betroffen ist, kann dazu führen, dass Senioren zur Flasche greifen“, so die Expertin. Hinzu käme häufig die Vereinsamung von älteren Menschen. Durch die immer schnelllebigere Zeit hätten Kinder und Enkelkinder immer weniger Zeit für die älteren Generationen – die Kontakte zu anderen Menschen würden somit immer weniger. Alkohol sei da ein willkommenes Mittel, um der oft trostlosen Realität zu entfliehen.

Gefahren von Alkohol im Alter 

Nur wenigen älteren Menschen sind die Gefahren des Alkoholkonsums im fortgeschrittenen Alter bewusst. Aber Fakt ist: Je älter man wird, desto weniger Alkohol verträgt der Körper. Da der Wassergehalt im Körper sinkt, wird die gleiche Menge an Alkohol im Alter schlechter vertragen. „Den meisten Senioren ist dieser Umstand nicht bewusst, sie machen sich daher gar keine Gedanken darüber. Wenn sie früher abends öfter zwei Flaschen Bier getrunken haben, dann behalten sie das oft bei – ohne zu merken, dass die Wirkung sich mittlerweile verstärkt hat“, so Kleinbreuer. Hinzu kommt, dass viele ältere Menschen regelmäßig Medikamente einnehmen müssen, die in Kombination mit Alkohol zu gefährlichen Wechselwirkungen führen können. „Besonders Antidepressiva oder bestimmte Schmerzmittel sind in Verbindung mit Alkohol gefährlich. Es kann zu Herz-Kreislauf-Problemen oder Vergiftungen kommen. Außerdem erhöht sich die Unfall- und Sturzgefahr“, betont die TK-Expertin. Ältere Menschen sind oft körperlich eingeschränkt – kommt dann noch die Wirkung von Alkohol und Medikamenten hinzu, kann dies schnell zu Stürzen führen. „Es kann sehr lange dauern, bis man bemerkt, dass ein älterer Mensch ein Alkoholproblem hat. Denn sie haben oft sowieso einen etwas unsicheren Gang. Dass das Schwanken unter Umständen auch durch Alkoholmissbrauch kommen kann, bedenken die Wenigsten.“

Vereinsamung lässt ältere Menschen häufig zu Alkohol greifen

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Aufeinander achten 

Bekommt man Medikamente verschrieben, sollte man grundsätzlich immer nach den Wechselwirkungen mit Alkohol fragen, wenn man ab und zu gerne etwas trinkt. Denn es kann sein, dass Alkohol in Verbindung mit der Arznei absolut tabu ist. „Wird einem ein übermäßiger Alkoholgenuss bewusst, sollte man sich an seinen Hausarzt wenden, denn es ist schwer, sich aus einer beginnenden oder schon fortgeschrittenen Sucht selbst zu befreien. Der Arzt kann bei der Suche nach einer Therapie behilflich sein. Auch gibt es Selbsthilfegruppen speziell für Senioren“, weiß Kleinbreuer. Aber so weit muss es gar nicht erst kommen.

Wichtig ist, dass man sich auch im Alter gebraucht und als ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft fühlt. „Mit 65 Jahren ist man heutzutage ja nicht alt. Es gibt viele Möglichkeiten, auch im Alter fit und aktiv zu bleiben. Zum Beispiel mit stundenweiser Kinderbetreuung, etwa als „Leih-Oma“. Nordic Walking- oder Aqua-Fitness-Kurse werden oft auch speziell für Senioren angeboten. Hier bleibt man nicht nur körperlich fit, sondern kann auch neue Kontakte knüpfen“, so Kleinbreuer. Bei dem Thema Altersalkoholismus ist jeder gefragt, alle müssen die Augen aufhalten. Wenn man etwa merkt, dass ein Elternteil häufiger Alkohol trinkt oder depressiv ist, sollte man das Thema ansprechen und anbieten, gemeinsam einen Arzt aufzusuchen. „Auch das Personal in Pflegeeinrichtungen muss für das Thema sensibilisiert werden. Wenn bei der Medikamentenausgabe auffällt, dass da eine Flasche Wein auf dem Tisch steht und ich gerade die Antidepressiva in der Hand halte, dann muss ich als Pflegender reagieren und das Thema ansprechen“, so Kleinbreuer.
SW (27.04.2015)

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