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Radweg oder Straße?

Autofahrer schimpfen regelmäßig über dreiste Radfahrer und umgekehrt. Die Diskussion über die Aufhebung des Radwegnutzungsgebots für Radfahrer wird derzeit in den Medien und in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Viele Städte haben in den vergangenen Monaten an bestimmten Stellen die Pflicht für Radfahrer aufgehoben, die Radwege zu nutzen. Peter Schlanstein, Erster Polizeihauptkommissar und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Münster (NRW) erklärt, wo Radfahrer am sichersten aufgehoben sind.

Streit um die Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht


Fahrradfahrer müssen den Radweg benutzen, wenn er durch dieses Schild gekennzeichnet ist.

© Björn Wylezich, fotolia

 

Autofahrer schimpfen regelmäßig über dreiste Radfahrer und umgekehrt. Die Diskussion über die Aufhebung des Radwegnutzungsgebots für Radfahrer wird derzeit in den Medien und in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Viele Städte haben in den vergangenen Monaten an bestimmten Stellen die Pflicht für Radfahrer aufgehoben, die Radwege zu nutzen. Peter Schlanstein, erster Polizeihauptkommissar und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Münster (NRW) erklärt, wo Radfahrer am sichersten aufgehoben sind.

Radwegbenutzungspflicht laut StVO

Viele Radfahrer wissen gar nicht, dass eine Radwegebenutzungspflicht existiert. „Die Radwegbenutzungspflicht ist so alt wie die Straßenverkehrsordnung selbst. Sie schreibt vor, dass dort, wo ein Radweg durch ein blaues Schild mit weißem Fahrrad gekennzeichnet ist, dieser auch benutzt werden muss. Andernfalls kann ein Verwarnungsgeld fällig werden.“, so Peter Schlanstein. Das heißt: Fahrräder müssen auf dem Radweg fahren, wenn er benutzbar ist und ein blaues Radweg-Schild dazu verpflichtet. Außer Radfahrer dürfen keine anderen Verkehrsteilnehmer die Radwege benutzen. Eine Ausnahme können demnächst alle Pedelecs mit bis zu 25 km/h Höchstgeschwindigkeit sein, die nicht von vornherein rechtlich (nach § 1 Abs. 3 StVG) als Fahrrad einzustufen sind. Das sind etwa solche, die aus dem Stand, auch ohne gleichzeitiges Treten des Fahrers, auf mehr als 6 km/h beschleunigt werden können. Denn das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) will den zuständigen Straßenverkehrsbehörden durch eine Änderung der StVO die Freigabe von Radwegen für baulich nicht schneller als 25 km/h fahrende E-Bikes durch Einführung eines Zusatzzeichens „E-Bikes frei“ ermöglichen.


„Mit dem seit 1998 in dieser Form geltenden § 45 Abs. 9 StVO wurden schärfere Sicherheits- und Qualitätskriterien eingeführt, die bestimmen, wann die Straßenverkehrsbehörden die Benutzungspflicht eines Radweges anordnen dürfen. Hierzu hat noch Ende 2010 das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass eine Radwegbenutzungspflicht nicht prinzipiell, sondern nur an Stellen mit besonderer Gefahrenlage gelten darf“, weiß Peter Schlanstein. „Radwegbenutzungspflichten dürfen demnach nur dort angeordnet werden, wo für Radfahrer die Benutzung der Straße zu gefährlich wäre.“

Mehr Unfälle durch Radwege?

Wissenschaftliche Untersuchungen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) belegen, dass Radfahrer auf der Straße besser wahrgenommen werden und deshalb sicherer seien. Die Untersuchungen zeigen unter anderem, dass straßenbegleitende Radwege erheblich höhere Unfallzahlen produzieren, als wenn der Radverkehr auf der Fahrbahn mitfährt. Außerdem soll die Verletzungsschwere bei den häufig in Zusammenhang mit Radwegen auftretenden Abbiegerunfällen deutlich höher als bei Unfällen auf der Fahrbahn sein. Entscheidend ist die Sichtbeziehung zwischen Auto- und Radfahrer. Die sei auf der Straße am besten gewährleistet. Häufig sei die Unfallursache, dass Autofahrer Radler übersehen, etwa beim Rechtsabbiegen oder im Bereich einer Ausfahrt. Bei Radwegen auf dem Bürgersteig gebe es zwar ein subjektives Sicherheitsgefühl, die Sicherheit sei aber besonders im Bereich von Kreuzungen nicht gegeben. Dort werden Radler im Fußgängerbereich von Autofahrern besonders leicht übersehen.

Peter Schlanstein, Erster Polizeihauptkommissar, Lehrbeauftragter an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (NRW)

© FHöV NRW

Unterschiede bei Radwegen

In Deutschland unterscheidet man bei Sonderwegen für Radfahrer zwischen Radwegen, Radfahrstreifen und Schutzstreifen. Schlanstein: „Radwege sind baulich eingerichtet und mit mindestens einem Bordstein von der Straße abgesetzt. Radfahrstreifen hingegen sind Teil der Fahrbahn und durch eine durchgezogene Linie vom Autoverkehr getrennt.“ Sowohl auf Radwegen als auch auf Radfahrstreifen können Benutzungspflichten durch das entsprechende Verkehrsschild angeordnet werden. So genannte „Schutzstreifen“ sind lediglich durch eine gestrichelte Linie von der Fahrbahn abgegrenzt. Das Fahrrad-Piktogramm ist hier mit weißer Farbe auf dem Fahrbahngrund markiert.


Auf Schutzstreifen besteht nur im Rahmen des Rechtsfahrgebots eine Pflicht für Radfahrer, diese zu benutzen. Während das Befahren von Radwegen und Radfahrstreifen für Autos grundsätzlich verboten ist, dürfen Autofahrer über Schutzstreifen nur drüberfahren, falls dies erforderlich ist, ohne aber Radfahrer zu gefährden – allerdings nicht dort parken. „Schutzstreifen sind sogar sicherer als Radfahrstreifen“, erklärt Schlanstein. „Da Radfahrstreifen innerorts oft auf der falschen Seite befahren werden, passieren dort viel mehr Unfälle. Auf Radfahrstreifen trauen sich viele Radfahrer aufgrund der lediglich gestrichelten Linie nicht, in die falsche Richtung zu fahren.“

Einbahnstraßen in Gegenrichtung

Inzwischen gibt es immer mehr Einbahnstraßen, die Radfahrern auch die Benutzung in entgegengesetzter Richtung erlauben. Diese freigegebenen Einbahnstraßen erkennt man an besonderen Zusatzzeichen. So untersagt das Verkehrszeichen „Einfahrt verboten“ (roter Kreis mit weißem Querstrich) am Ende einer Einbahnstraße eigentlich allen Verkehrsteilnehmern, die Straße in Gegenrichtung zu benutzen. Ist unter dem Schild aber ein weißes Zusatzzeichen mit einem schwarzen Fahrrad und dem Wort „frei“ angebracht, darf die Einbahnstraße durch Radfahrer in beide Richtungen befahren werden. „Radfahrer versuchen naturgemäß, kurze Wege zu wählen und sind auch geneigt, verbotswidrig in Einbahnstraßen zu fahren“, weiß Peter Schlanstein. „Will man Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrer öffnen, muss man vor allem darauf achten, dass Sichtfelder für alle Beteiligten frei sind, damit man sich gegenseitig gut sehen kann.“

Straßen nicht einfach freigeben

Autofahrer müssen sich darauf einstellen, dass auf vielen Straßen künftig mehr Radfahrer unterwegs sind. Doch es ist nicht damit getan, die Straßen einfach freizugeben. Schlanstein: „Bevor die Radfahrer auf die Straße dürfen, muss erst festgestellt werden, wo dies überhaupt sinnvoll und möglich ist. Auch wenn die Autos Radfahrer auf der Straße besser im Blick haben, sollten nach Möglichkeit Radfahrstreifen oder Schutzstreifen bestehen bleiben bzw. eingerichtet werden.“

Einerseits sollten Radfahrer nicht zu sehr bevormundet werden: Wer schnell und sicher unterwegs ist, kann mit den Autos auf der Straße fahren, wenn es sicher genug ist. Alle anderen können und sollten die Radwege weiterhin benutzen. Es ist legitim, eine Benutzungspflicht für Radwege nur dort anzuordnen, wo sie aus Sicherheitsgründen erforderlich ist. Doch in jeder Stadt gibt es Stellen, wo weiterhin Gefahrenlagen bestehen und so viel Verkehr ist, dass man Radfahrern nicht zumuten kann, mit den Autos auf der Straße zu fahren. An diesen Stellen sollte die Benutzungspflicht für Radwege weiterhin unbedingt gelten.


Nach den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) sollen die Hauptführungsformen „Mischen“ und „Trennen“ des Radverkehrs vom Kfz-Verkehr sowie die Möglichkeit einer weichen Trennung über das Kriterium des Kfz-Verkehrs und insbesondere seiner zulässigen Höchstgeschwindigkeit ermittelt werden. Bis Tempo 30 führt dies zwingend zu einer Durchmischung, also dem Radfahren auf der Fahrbahn, darüber hinaus bis 50 km/h ist die Mischform auf der Fahrbahn die Regel, über 50 km/h bis 70 km/h ist das Führungsprinzip „Trennen“ auch innerorts regelmäßig vorgesehen.

„Grundsätzlich sollten Radfahrer eine Aufhebung der Benutzungspflicht in ihrer Stadt nicht als Signal für weniger Radwege verstehen. Stattdessen ist es wichtig, auch in Zukunft verstärkt an einem verbesserten Radwegenetz und höheren Regelakzeptanz, auch bei Radlern, zu arbeiten.“ KL (28.01.2015)

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