Professionelle Kunstfälschungen

Gefälscht wird, was gefällt 

Kunstfälscher Konrad Kujau fälschte die „Freistunde im Amsterdamer Waisenhaus“ von Max Liebermann

© LKA Baden-Württemberg 

Kunstfälschungen sind für Laien nicht einfach zu erkennen. Und selbst Experten müssen genau hinschauen, wenn sie eine Druckgrafik, ein Ölgemälde oder andere Kunstwerke auf ihre Echtheit überprüfen wollen. Kriminalhauptkommissar Ernst Schöller vom Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg ermittelt seit 30 Jahren im Bereich Kunstdiebstahl und Kunstfälschungen. Er erklärt, welche Werke bei den Fälschern hoch im Kurs stehen und wie man sich vor ihnen schützen kann. Beispiele von Kunstfälschungen sehen Sie am Ende des Artikels in unserer Bildergalerie. „Fälscher orientieren sich grundsätzlich an der Nachfrage auf dem Kunstmarkt – was dort gefragt ist, wird gefälscht“, weiß Ernst Schöller. Das seien momentan vor allem Künstler der Klassischen Moderne wie Pablo Picasso, Joan Miró, Marc Chagall, Salvador Dalí oder deutsche Expressionisten wie Paul Klee oder August Macke sowie zunehmend die Pop-Art-Kunst von Andy Warhol oder Roy Lichtenstein. „Im Prinzip nehmen sich die Fälscher den „Art Index“ oder andere Kunstdatenbanken vor und schauen, welche Werke dort besonders umsatzstark sind“, so der Experte. Überhaupt nicht mehr gefragt seien dagegen Antiquitäten wie Teppiche, Porzellan oder sakrale Kunst. 

Unterschiede in Anzahl, Qualität und Machart 

Der Bereich der Kunstfälschungen ist sehr komplex, da viele Faktoren bei der Umsetzung eine Rolle spielen. Denn das Fachwissen der Fälscher, die technischen, logistischen und räumlichen Möglichkeiten sind jeweils sehr unterschiedlich. Der Herstellungsprozess hängt davon ab, was genau gefälscht wird. „Gefälschte Druckgrafiken werden auf andere Art und Weise hergestellt als Ölgemälde und wenn sie gefälschte Skulpturen produzieren möchten, sind natürlich wieder andere Herstellungsprozesse nötig“, so Schöller. Die Herstellung von Fälschungen kann sehr aufwändig sein – je nach gewünschter Qualität. Meist sind am Fälschungsprozess mehrere Personen beteiligt, die organisiert zusammenarbeiten. „Es gab einen Fall, bei dem in New York 85.000 großformatige gefälschte Grafiken beschlagnahmt wurden. Wenn das Geschäft so groß aufgezogen wird, braucht man ganze Firmen dazu, um die Fälschungen herzustellen“, erklärt der Experte. 

KHK Ernst Schöller vom LKA Baden-Württemberg mit einer Fälschung von Konrad Kujau 

© LKA Baden-Württemberg 

Qualität reicht von sehr schlecht bis sehr gut 

Um gute Fälschungen herzustellen, müssen Fälscher auf viele Dinge achten. So sind bei Bildern etwa die Größe, die Maße und das verwendete Material wichtige Kriterien. „Die Qualität einer Fälschung liegt aber auch immer im Auge des jeweiligen Betrachters. Wenn jemand überhaupt keine Ahnung von Kunst hat, dann kann ein signiertes Kalenderblatt ausreichen, um ihm dieses als echten Picasso zu verkaufen. Ist der potenzielle Käufer aber Kunstsammler oder -händler, müssen die Fälscher andere Kriterien anlegen“, so Schöller. Dabei sei es gar nicht so leicht, etwa die genauen Maße eines Originals einzuhalten. „Viele Fälschungen weichen in den Maßen um mehrere Millimeter vom Original ab. Auch kann es sein, dass Farbflächen in ihren Verhältnissen zueinander nicht übereinstimmen“, weiß der LKA-Experte. 

Unterschiede bei Ölgemälden und Druckgrafiken 

Während die Fälscher für gefälschte Druckgrafiken mithilfe fototechnischer Verfahren eine möglichst originalgetreue neue Druckplatte herstellen und damit im Prinzip beliebig viele Grafiken nachdrucken können, muss bei gefälschten Ölgemälden anders vorgegangen werden. „Hier wird in der Regel nicht das Original exakt kopiert, sondern lediglich der Stil eines Künstlers möglichst genau nachgeahmt. Dann wird beispielsweise nicht ein Bild mit fünf blauen Pferden, sondern eines mit nur drei Pferden gemalt. Das sind dann meist aufwändig hergestellte Einzelstücke, für die auch extra alte Leinwände und Keilrahmen verwendet werden“, weiß der LKA-Beamte. Die Fälscher behaupten dann zum Beispiel, der Vorbesitzer hätte das Bild vom Künstler direkt gekauft und es sei lange in Privatbesitz gewesen. Sie geben sich selbst als Erben aus, die das vermeintliche Original verkaufen möchten. So geschehen auch im Fall Wolfgang Beltracchi, der mit seinen Fälschungen selbst den weltweit führenden Kunstgutachter Werner Spies täuschen konnte und für seine gefälschten Bilder mehrere Millionen Euro kassiert hat. 

Ernst Schöller bei der Überprüfung einer möglichen Fälschung 

© LKA Baden-Württemberg 

Vom Diebstahl zur Fälschung 

Kunst wird mittlerweile eher gefälscht als gestohlen. Das sah im Jahr 1969, als die Dienststelle im LKA Baden-Württemberg eingerichtet wurde, noch anders aus. „Damals war sakrale Kunst stark gefragt und keine Kirche, keine Kapelle und kein Feldkreuz war vor Dieben sicher. Die gestohlenen Heiligenfiguren, Kerzenleuchter oder Bilder wurden dann an Kunstinteressenten weiterverkauft“, so Schöller. Seit den 1980er Jahren liegt der Fokus eher auf der Fälschung moderner Kunst. „Wenn der Käufergeschmack sich ändert, ändert sich eben auch die Taktik der Diebe.“ 

Tipps des LKA Baden-Württemberg zum Kunstkauf: 

  • Vermeiden Sie Spontankäufe und vermeintliche Schnäppchen. 
  • Informieren Sie sich vor dem Kauf mithilfe von Fachliteratur (Bildbände, Werksverzeichnisse) über das gewünschte Objekt. 
  • Vergleichen Sie das Angebot und die Preise auf dem Kunstmarkt. 
  • Ziehen Sie einen vereidigten Sachverständigen hinzu – die IHK kann Ihnen entsprechende Kontakte vermitteln. 
  • Kaufen Sie Kunstwerke nur gegen Rechnung oder mit Kaufvertrag. 
  • Lassen Sie sich die wesentlichen Merkmale eines Kunstwerks (Originalität, Alter, Künstler etc.) schriftlich bestätigen. 
  • Notieren Sie sich bei einem Kauf aus Privathand die Personalien des Verkäufers, seine Adresse und wenn möglich auch das Autokennzeichen. 

Tipps für Kunstbesitzer: 

  • Fotografieren Sie Ihre Kunstgegenstände. 
  • Halten Sie Materialangaben fest (Öl auf Leinwand, Holz, Glas, Ton, Messing etc.). 
  • Dokumentieren Sie den Titel und die Maße (Höhe x Breite x Tiefe) und erfassen Sie die Signatur, die Nummerierung sowie die Datierung des Werks. 
  • Notieren Sie sich besondere Merkmale wie Beschädigungen oder Reparaturen – auch auf der Rückseite. 
  • Bewahren Sie diese Dokumentation getrennt von den Kunstwerken auf und stellen Sie sie der Polizei nach einem Diebstahl umgehend zur Verfügung. 

SW (27.09.2013) 
 

Kunstfälschungen sind für Laien nicht einfach zu erkennen. Und selbst Experten müssen genau hinschauen, wenn sie eine Druckgrafik, ein Ölgemälde oder andere Kunstwerke auf ihre Echtheit überprüfen wollen. Kriminalhauptkommissar Ernst Schöller vom Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg ermittelt seit 30 Jahren im Bereich Kunstdiebstahl und Kunstfälschungen. Er erklärt, welche Werke bei den Fälschern hoch im Kurs stehen und wie man sich vor ihnen schützen kann. Beispiele von Kunstfälschungen sehen Sie am Ende des Artikels in unserer Bildergalerie.