Die Kriminalität an Bahnhöfen und in Zügen steigt, darunter Angriffe auf Personal, Reisende oder Passanten. Das besagen aktuelle Zahlen der Bundespolizei. Wiederkehrende Medienberichte über Messerattacken und Prügeleien führen dazu, dass sich viele Menschen dort nicht mehr sicher fühlen. In Nordrhein-Westfalen unterstützen seit 2022 die sogenannten „Sicherheitsteams NRW“ Kundenbetreuer und Fahrgäste. Eine herausfordernde Aufgabe – an jedem Tag.
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Die Sicherheit fährt mit
„Sicherheitsteams NRW – Präsent. Sicher. Stark.“ liest man schon von Weitem auf den gelben Westen der Sicherheitsfachkräfte. Sie begleiten seit etwas mehr als zwei Jahren den Schienennahverkehr (SPNV) in Nordrhein-Westfalen. Als erste Ansprechpartner für die Fahrgäste sind sie in den Nahverkehrsbahnen unterwegs und verbessern die Sicherheit. „Wir möchten, dass Fahrgäste mit einem guten und sicheren Gefühl den SPNV überall in Nordrhein-Westfalen nutzen können“, erklärt Kilian Schäfer, Leiter des Kompetenzcenters Sicherheit NRW. „Auch die Mitarbeitenden in den Nahverkehrsbahnen sollen sicher unterwegs sein.“ Die Sicherheitsteams NRW wurden als vorrangige Maßnahme im Fokus-Bahn-Projekt „Fokus Sicherheit“ realisiert. Eingesetzt werden die Teams vom Kompetenzcenter Sicherheit NRW (KCS) im Auftrag vom Verkehrsbund Rhein-Ruhr (VRR), dem Zweckverband go.Rheinland und Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL). Finanziert wird das Projekt durch die Regionalisierungsmittel des Verkehrsministeriums NRW. Insgesamt 20 qualifizierte Fachkräfte, die sich in zehn Teams mit je zwei Sicherheitsfachkräften aufteilen, begleiten Zugpersonal und Fahrgäste landesweit in den Nahverkehrsbahnen. Ihr Einsatz erfolgt brennpunktorientiert und über die Verbundgrenzen hinweg. „Die Teams erhalten regelmäßig neue Dienstpläne und werden immer dort eingesetzt, wo es gerade am nötigsten erscheint“, berichtet Projektmanager Lars Spangenberg. Zu ihren Aufgaben gehört es, die Kundenbetreuerinnen und -betreuer der Eisenbahnverkehrsunternehmen bei ihrer täglichen Routinearbeit in den Zügen zur Seite zu stehen. Dabei stehen sie den Fahrgästen jederzeit als zuverlässiger Ansprechpartner zur Verfügung. Darüber hinaus werden sie bei Sonderlagen in den Zügen des Regelverkehrs eingesetzt, etwa bei Veranstaltungen wie dem Kölner Karneval, dem Karlspreis in Aachen oder im An- und Abreiseverkehr von Fußballspielen der ersten drei Profiligen. Auch dabei erfüllen sie in erster Linie eine präventive Funktion. „Die Teams sollen dafür sorgen, dass Konflikte gar nicht erst auftreten, oder wenn sie auftreten, professionell und gewaltfrei geklärt werden“, so Lars Spangenberg. „Im besten Fall kommen potenzielle Unruhestifter durch die Präsenz der Sicherheitsteams gar nicht erst in Versuchung, auffällig zu werden.“ Sowohl Fahrgäste als auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bahn wissen den hochqualifizierten Einsatz der Sicherheitsteams in den letzten beiden Jahren sehr zu schätzen. Spangenberg: „Wir bekommen fast ausschließlich positive Rückmeldungen. Die meisten wünschen sich tatsächlich noch mehr statt weniger Sicherheitspersonal.“
Die Sicherheitsteams sind ein zuverlässiger Ansprechpartner für alle Fahrgäste
Kompetenzcenter Sicherheit NRW / Liesschen Müller
Pfefferspray und Bodycam
Die Sicherheitskräfte können aber auch durchgreifen, wenn es mal zu einer brenzligeren Situation kommt. „Das ist gerade in den Nächten am Wochenende häufiger der Fall“, weiß Spangenberg. Um auch für gefährliche Situationen gerüstet zu sein, arbeiten in den Teams ausschließlich Fachkräfte für Schutz und Sicherheit, die eine dreijährige Ausbildung absolviert haben. Ausgerüstet sind die Teams, neben ihrer gelben Signalweste, mit zusätzlichen Einsatzmitteln wie einem Erste-Hilfe-Set, Pfefferspray, Handfesseln, Schlagstock und Stichschutzweste. Seit Anfang 2024 besitzt jedes Team zusätzlich eine Bodycam. „Das viele Equipment mag zunächst vielleicht übertrieben klingen. Unser Anspruch ist es aber, dass die Teams in allen möglichen Situationen stets handlungsfähig sind“, so Lars Spangenberg. Der Kameraeinsatz solle in erster Linie deeskalierend wirken. Auch dazu wurden die Sicherheitskräfte im Vorfeld geschult. Um das Gegenüber nicht zu provozieren, würden die Sicherheitsteams abwägen, ob es in der jeweiligen Situation sinnvoll ist, die Kamera einzuschalten.
Einige Vorfälle sind nicht alltäglich
Zur Europameisterschaft 2024 waren die Teams dank einer zusätzlichen Förderung des Verkehrsministeriums mit Verstärkung im Einsatz: Insgesamt 15 Teams mit jeweils vier Sicherheitsfachkräften waren im SPNV unterwegs. „Gerade von internationalen Fahrgästen und Besucherinnen und Besuchern der EM haben wir zu dieser Zeit viel Lob bekommen“, blickt Lars Spangenberg mit Freude zurück. „Sie hat vor allem das starke Auftreten und die Hilfsbereitschaft unserer Teams beeindruckt, sowie die Möglichkeit, Fragen und Probleme, auch multilingual direkt vor Ort mit ihnen klären zu können.“ Auf der anderen Seite gab es aber auch Vorfälle, an die sich die Sicherheitsteams weniger gerne zurückerinnern. So gab es unter anderem Situationen, in denen die Sicherheitskräfte Erste-Hilfe- und sogar Reanimationsmaßnahmen einleiten mussten. Es kommt auch zu Vorfällen mit körperlicher Gewalt, wenn auch sehr selten. Erst vor kurzem sei ein Team mit einem Messer attackiert worden. „Das sind natürlich Extremsituationen, die nicht alltäglich sind, aber besonders im Gedächtnis bleiben.“
Gute Kooperation mit der Bundespolizei
Als private Dienstleister dürfen die Sicherheitsteams zwar das Hausrecht ausüben und beispielsweise Unruhestifter von der Beförderung ausschließen. Die gleichen Befugnisse wie Polizeikräfte haben sie jedoch nicht. „Die Sicherheitsteams arbeiten eng mit der Bundespolizei zusammen und stimmen ihre Einsatzpläne regelmäßig mit ihr ab“, so Spangenberg. Wenn es nötig ist und es zum Beispiel zu einer Straftat kommt, können die Teams auf direktem Weg die zuständigen Ermittlungsbehörden hinzuziehen. Die Finanzierung des Projekts „Sicherheitsteams NRW“ ist zunächst bis 2032 gesichert. Denkbar sei auch, die Teams in Zukunft personell weiter aufzustocken.
KF (28.03.2025)