Bei Wohnungseinbrüchen, schweren Unfällen oder Körperverletzungen ist klar, dass Beteiligte oder unbeteiligte Zeugen sofort die 110 wählen, um die Polizei zu rufen. Aber es gibt auch Fälle, die nicht eindeutig als gefährliche Situation oder als Straftat erkennbar sind. Schreie aus der Nachbarwohnung oder der leichte Blechschaden nach einem Autounfall: Soll man auch in solchen Fällen gleich die Polizei rufen?
In diesem Text erfahren Sie:
Der Notruf:
Was ist passiert? (Ereignis, Zahl der Verletzten, besondere Gefahren)
Wo ist etwas passiert?
Wer meldet das Geschehen? (Name, Standort, Telefonnummer)
Nach der Meldung auf das Eintreffen der Polizei warten!
Wann man die 110 oder die 112 wählen sollte
Die Polizei ist rund um die Uhr für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Dienst. Grundsätzlich kann man die 110 also zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen. Notrufe haben jedoch die absolute Priorität. Deshalb sollte man die 110 nur wählen, wenn auch wirklich Not oder Zeitdruck bestehen. Das ist zum Beispiel bei schweren Verkehrsunfällen der Fall oder wenn man gerade einen Einbruch oder randalierende Personen auf der Straße beobachtet. Grundsätzlich sollte man wissen: Die 110 ist die Notrufnummer für die Polizei und über die 112 erreicht man die Feuerwehr und die Rettungsdienste.
Die „normale“ Nummer der Polizei
Wer ein akutes Problem hat oder in einer Notsituation steckt, sollte die 110 anrufen. Ist es weniger dringend, kann man auch die Zentrale der Polizei vor Ort unter der „normalen Telefonnummer“ erreichen. Eine digitale Suchanfrage mit „Polizeiwache“ und dem Ort, in dem man sich befindet, führt umgehend zur richtigen Telefonnummer. Natürlich sind die Kommissariate, Polizeiwachen und sonstigen Dienststellen auch über die „Onlinewachen“ erreichbar. Man kann die Polizei kontaktieren, wenn es um Anzeigen, Unfälle, Straftaten oder Gefahrenlagen geht. Man kann sich dort aber auch über die Berufsbilder bei der Polizei informieren oder eine Demonstration anmelden.
Zweifelsfälle beim Notruf
Es gibt Fälle, in denen nicht direkt klar ist, ob man die Polizei rufen sollte oder nicht. Einige Beispiele, in denen man die Polizei unter der 110 anrufen sollte:
- Man hatte einen Autounfall, auch wenn es nur ein kleiner Blechschaden ist und es keine Verletzten gibt.
- Man beobachtet auf der Autobahn einen Unfall, an dem man nicht selbst beteiligt ist, fährt aber weiter.
- Man hört laute Schreie, Kinderweinen oder tätliche Auseinandersetzungen bei den Nachbarn.
- Man wird auf der Straße von Menschen in psychischen Ausnahmesituationen oder verwahrlosten Personen verfolgt und bedrängt.
In diesen „Zweifelsfällen“ gilt es, zu differenzieren:
- Ein Obdachloser liegt reglos bei Kälte draußen, antwortet nicht: Die Polizei unter 110 anrufen oder/und direkt den Rettungsdienst unter der 112.
- Lärmbelästigung durch laute Musik der Nachbarn: Die Polizei erst dann rufen, wenn man das Problem nicht durch eigene Ansprache lösen kann.
- Ein Hund winselt und bellt in einem Gebäudekomplex, es ist nicht klar, wo genau: Das hängt von den Umständen ab. Wie lange bellt der Hund schon? Ist das vielleicht sogar üblich? Sofern es ungewöhnlich ist: Die Polizei oder das Ordnungsamt rufen.
Darf man auch anonym anrufen?
Sofern man sich im Zeugenstand befindet und kein Zeugnisverweigerungsrecht hat, besteht grundsätzlich die Pflicht, die Wahrheit zu sagen und auch die Personalien mitzuteilen. Ein Zeugnisverweigerungsrecht haben Ehegatten und bestimmte Berufsgruppen wie Ärzte, Geistliche und Journalisten. Wenn man seine Personalien nicht angibt, obwohl man dazu verpflichtet ist, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit (§ 111 OWiG) und kann mit einer Geldbuße von bis zu 1.000 Euro geahndet werden. Anonyme Anrufe werden von der Polizei jedoch trotzdem entgegengenommen.
Wann ist man verpflichtet, die Polizei zu rufen?
Es gibt Situationen, aus denen sich sogenannte Garantenpflichten ergeben. Etwa, wenn man an einem Autounfall vorbeifährt, selber darin verwickelt ist oder einen Passanten angefahren hat. Ruft man dann nicht die Polizei oder den Rettungsdienst, ist das unterlassene Hilfeleistung und man macht sich strafbar. Es droht eine Geld- oder Freiheitsstrafe (§ 138 StGB). Gleiches gilt, wenn man beobachtet, wie ein Einbrecher bei den Nachbarn einsteigt, aber nicht die Polizei informiert. Dann vernachlässigt man den Schutz des Eigentums der Nachbarn.
Notrufnummer-Missbrauch
Der Missbrauch der Notrufnummern wird nach § 145 des Strafgesetzbuchs bestraft: „Wer absichtlich oder wissentlich Notrufe oder Notzeichen missbraucht oder vortäuscht, dass wegen eines Unglücksfalles oder wegen gemeiner Gefahr oder Not die Hilfe anderer erforderlich sei, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ Etwa jeder fünfte Notruf ist nach Einschätzung der Berliner Polizei heutzutage kein echter Notruf mehr. Menschen rufen wegen alltäglichen Kleinigkeiten an – etwa, um nach dem Weg zu fragen – oder sie handeln vorsätzlich: So löste ein 29-Jähriger aus dem südlichen Niedersachsen im Jahr 2024 mit falschen Notrufen große Einsätze von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten aus. Einmal sagte er, er halte drei Geiseln in seiner Gewalt und ein anderes Mal, es brenne und er brauche dringend Hilfe. Er wurde zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Es war bereits seine dritte Bewährungsstrafe wegen Notrufmissbrauchs.
Im Februar 2025 stellte ein 39-Jähriger aus Landau in der Pfalz den Notruf auf die Probe. Er habe laut eigenen Angaben testen wollen, ob jemand käme, wenn er einen Notfall vortäuschen würde. Als Polizei und Rettungsdienst an seiner Wohnung eintrafen, öffnete er nicht. Die Feuerwehr öffnete daraufhin die Tür. Dem Mann wurde der Einsatz in Rechnung gestellt, außerdem wurde ein Strafverfahren wegen des Notruf-Missbrauchs eingeleitet.
KS/WL (27.06.2025)
