Vor allem in den Sommermonaten zieht es viele Menschen zum Sonnen, Abkühlen und Schwimmen an Badeseen und Flüsse. Doch das Baden in natürlichen Gewässern ist oft mit Gefahren verbunden. So können starke Strömungen und große Temperaturunterschiede lebensgefährlich werden. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) warnt davor, die Gefahren beim Schwimmen in natürlichen Badegewässern zu unterschätzen.
Laut DLRG-Barometer verloren im Jahr 2020 mindestens 378 Personen in deutschen Gewässern ihr Leben. Das waren neun Prozent weniger als im Jahr zuvor. Mindestens 335 (rund 88 Prozent) dieser Menschen starben in deutschen Seen und Flüssen. Mehr als 60 Prozent der Opfer kamen allein in den Sommermonaten Juni bis August ums Leben. Besonders auffällig ist die starke Zunahme an Ertrunkenen im August: Während im August 2019 noch 45 Personen ertranken, waren es im August 2020 mit 117 mehr als doppelt so viele. Begründet wird dieser Anstieg durch das heiße Sommerwetter. Außerdem sind im letzten Jahr Corona-bedingt viele Menschen in Deutschland geblieben oder haben dort Urlaub gemacht. Die tödlichen Unfälle im Meer haben sich im Vergleich zu den beiden Vorjahren weiter reduziert. An den Küsten zwischen Borkum und Usedom starben 21 Menschen. Auch die Zahl der Todesfälle in Schwimmbädern nahm ab. Die meisten tödlichen Unfälle ereignen sich nach wie vor an unbewachten Seen und Flüssen. „Deshalb empfehlen wir, solche Risikogebiete zu meiden und lieber ins Schwimmbad zu gehen oder an einen bewachten Strand an die deutsche Küste. Dort werden die meisten Stellen von Rettungsschwimmern bewacht. Im Notfall ist also jemand da, der schnell und qualifiziert helfen kann“, erläutert Achim Wiese, Pressesprecher der DLRG. Bei risikoreichen Gewässern wie den großen Flüssen ist es besser, nur am Ufer ein Sonnenbad zu nehmen, anstatt in ihnen zu schwimmen – vor allem, wenn dort Berufsschifffahrt betrieben wird.
Tipps für das Baden in Seen und Flüssen
- niemals an Wehren und Brückenpfeilern schwimmen
- nicht von Brücken in einen Fluss springen
- nicht baden, wo Schiffe fahren
- niemals gegen die Strömung anschwimmen und nicht zu weit hinaus
- Badeverbote beachten
- immer parallel zum Ufer und möglichst nicht alleine schwimmen
- nicht mit zu vollem oder leerem Magen ins Wasser gehen
- unbewachte Badegewässer meiden
- schnell das Wasser verlassen, wenn man friert
- erst langsam abkühlen, bevor man nach einem Sonnenbad ins kalte Wasser geht
- achtsam beim Schwimmen in zum Teil sehr tiefen Baggerseen sein
- beim Schwimmen möglichst nicht an die Grenzen seiner eigenen Leistungsfähigkeit gehen
Die Strömungsgeschwindigkeit kann tückisch sein
Im Vergleich zum Baden in Seen ist das Risiko in Flüssen und Kanälen deutlich höher – jährlich ertrinken hier die meisten Menschen. „Eine der großen Gefahren bei Flüssen ist die Strömungsgeschwindigkeit, die sehr stark schwanken kann“, so Wiese. „Wenn Sie im Rhein im Bereich der Loreley schwimmen wollten, müssten Sie mit einer deutlich höheren Strömungsgeschwindigkeit rechnen. Dort wird das Wasser etwa auf die Hälfte seiner vorherigen Breite zusammengestaucht. Das vergrößert die Strömungsgeschwindigkeit. Durch Verwirbelungen und geologische Strukturen im Flussbett können Unterströmungen hinzukommen, die den Schwimmer unter Wasser ziehen können. Dann besteht akute Lebensgefahr.“ Für Schwimmer besteht in schiffbaren Flüssen zudem die Gefahr, dass sie in die Schifffahrtsrinne geraten. „Stark befahrene Schifffahrtsstraßen aber auch Wasserbauwerke wie Wehre sind für Schwimmer lebensgefährlich“, warnt Wiese. Überall dort, wo Berufsschifffahrt existiert, sollte man nicht schwimmen, um sich nicht unnötig in Gefahr zu bringen. An Ein- und Ausfahrten von Hafenanlagen gibt es Schwimmverbote. Auch bei schwächer strömenden Gewässern sollte man nie versuchen, gegen die Strömung anzuschwimmen. Richtig sei es, sich mit der Strömung treiben zu lassen und dann zu versuchen, seitlich aus ihr hinauszuschwimmen. Achim Wiese: „Das spart Energie und erhöht die Überlebenschancen.“ Weitere Gefahrenpunkte für Schwimmer sind Brückenpfeiler.
Auch an Baggerseen kann es gefährlich werden
Gerade Baggerseen sind für unerfahrene Schwimmer gefährlich, weiß DLRG-Sprecher Wiese. „Der Baggersee ist ja vorher ein Abbaugebiet gewesen, wo Kies geschürft oder Mineralien abgebaut worden sind. Solche Gewässer sind am Ufer meist ein paar Meter flach, um dann an einer Abbruchkante mehrere Meter steil abzufallen. Acht bis zehn Meter sind keine Seltenheit. Diese Kante ist von außen oft nicht erkennbar.“ Dazu kommt, dass sich Baggerseen genau wie Flüsse nur langsam erwärmen. Das kann dazu führen, dass man Lufttemperaturen um die 30 Grad und im Wasser dagegen Temperaturen zwischen 10 und 15 Grad hat. Das belastet den Körper stark, weil dieser immer versucht, die Körperkerntemperatur auszugleichen. Um die Temperatur aufrechtzuerhalten, entzieht er den Armen und Beinen Energie. Dadurch wird die Leistungsfähigkeit deutlich gemindert und der Schwimmer kommt nicht mehr so recht von der Stelle. Sobald man im Wasser friert, sollte man es schnell verlassen. Wer als guter Schwimmer vorhat, sich einmal so richtig auszupowern, dem empfiehlt der Experte, eine längere Strecke parallel zum Ufer zu schwimmen: „Wenn man dann einen Krampf oder einen Leistungseinbruch bekommt, ist die Entfernung zum rettenden Ufer nicht so weit, dass man sie selber nicht überwinden könnte und in Lebensgefahr gerät.“ Ein zweiter hilfreicher Tipp lautet, nie alleine zu schwimmen. Im Zweifelsfall kann dann der andere helfend eingreifen.
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hilft seit 1913 – auch, wenn man mit dem Boot gekentert ist
© DLRG
Verlorenes Jahr in der Schwimmausbildung
Besonders vom Ertrinken betroffen sind inzwischen Kinder und junge Menschen. 18 Kinder im Vorschul- und fünf im Grundschulalter kamen 2020 im Wasser ums Leben. Eine Ursache ist, dass im Corona-Jahr 2020 viele Bäder längerfristig geschlossen waren und somit weniger junge Menschen schwimmen lernen konnten. Hinzu kommt, dass fast 25 Prozent aller Grundschulen keinen Schwimmunterricht mehr anbieten können, weil ihnen kein Bad zur Verfügung steht. „Ausbildende Verbände wie die DLRG haben außerdem lange Wartelisten für einen Schwimmkurs von ein bis zwei Jahren. Mehr als jeder zweite Grundschulabsolvent ist kein sicherer Schwimmer mehr“, fügt Achim Wiese hinzu. Er fordert: „Die Anstrengungen müssen deutlich intensiviert werden, um marode Bäder zu sanieren und Schulunterricht sicher zu stellen. Sobald die Bäder wieder öffnen können, gilt es, zusätzliche Wasserzeiten für die Ausbildung zu schaffen.“
SB (11.03.2021)


