Gerade in Krisenzeiten versuchen Kriminelle immer wieder, die finanzielle Notlage von Menschen auszunutzen, um schnell Geld zu verdienen. In letzter Zeit bieten Betrüger und Abzocker vermehrt vermeintlich günstige Kredite über soziale Netzwerke, Instant-Messenger oder gefälschte Internetseiten an. Woran kann man unseriöse Anbieter erkennen?
Gebühren statt Kredite
Das Angebot scheint verlockend: niedrige Zinsen, große Flexibilität bei den Raten und der Laufzeit, kein Mindesteinkommen nötig und vor allem wird auf eine SCHUFA-Abfrage verzichtet. Zielgruppe solcher Angebote, die verstärkt im Internet und hier vor allem in den sozialen Medien auftauchen, sind Menschen mit finanziellen Engpässen. Einen regulären Kredit von einer Bank können sie meist nicht bekommen, da ihnen die Sicherheiten fehlen oder es eigentlich auch keine realistische Chance gibt, den Kredit zurückzuzahlen. Die Kontaktaufnahme mit den vermeintlichen Kreditgebern erfolgt über E-Mail oder Instant-Messanger-Diensten wie etwa WhatsApp. Wie das Europäische Verbraucherzentrum berichtet, folgt dann häufig ein umfangreicher Schriftverkehr. Es werden Kreditangebote unterbreitet und sogar ein Vertrag zugesandt. Dabei würden in die Dokumente auch Logos von ausländischen Ministerien, bekannten Banken oder Versicherungen hineinkopiert, um Seriosität vorzutäuschen. Doch wenn Verbraucher auf die Angebote eingehen, erhalten sie statt eines Kredits plötzlich Gebührenrechnungen – etwa für Steuern, Geldwäschezertifikate oder die Freigabe durch Behörden oder Notare. Wenn diese Forderungen bezahlt werden, folgen weitere Rechnungen. Zu Auszahlung eines Kredits kommt es jedoch nie. Das Europäische Verbraucherzentrum spricht hier von einem Vorschussbetrug. Sie empfiehlt, umgehend Anzeige bei der Polizei zu erstatten, auch wenn die Chancen häufig gering sind, dass man das Geld zurückerhält oder dass die Täter gefasst werden, da diese meist im Ausland sitzen. Wenn man den Betrügern persönliche Dokumente wie Kopien von Ausweispapieren zur Verfügung gestellt hat, sollte man diese umgehend für ungültig erklären und sich neue ausstellen lassen, empfiehlt die Europäische Verbraucherzentrale. Denn sonst sei die Gefahr des Identitätsdiebstahls groß. Dabei würden dann die Dokumente für weitere Betrugsdelikte verwendet. Auch der SCHUFA sollte dieser Identitätsdiebstahl unbedingt gemeldet werden.

Marcus Köster, Rechtsanwalt bei der Verbraucherzentrale NRW
© Verbraucherzentrale NRW
Teure Finanzsanierung
Es gibt aber auch im „Graubereich“ weitere Methoden, Menschen mit finanziellen Nöten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Eine davon ist die sogenannte Finanzsanierung. Dabei wird den Verbraucherinnen und Verbrauchern weisgemacht, man könnte ihnen einen Kredit vermitteln, der ihre finanziellen Probleme löst. Marcus Köster, Rechtsanwalt bei der Verbraucherzentrale NRW e.V., kennt solche Fälle. Die Interessenten sehen sich meist im Internet nach einem „Kredit ohne Schufa“ um. Dazu geben sie auf den entsprechenden Anbieterseiten Daten zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen und ihre Schuldenhöhe ein. Ziel der Verbraucher ist es in der Regel, einen neuen Kredit zu erhalten. Stattdessen bekommen sie eine Reihe von Formularen, meist gegen Gebühren, etwa kostenpflichtig per Nachnahme, in denen ihnen die Vermittlung einer sog. „Finanzsanierung“ in Aussicht gestellt wird. Mit Formulierungen wie „Genehmigung in Höhe von … “ wird bei vielen Verbrauchern dabei der Eindruck erweckt, dass mit dem Ausfüllen der Dokumente und der Unterschrift ein Kreditvertrag bzw. die Vermittlung eines solchen abgeschlossen und ein Darlehen ausgezahlt wird. Dies ist jedoch ein Irrtum: „Es wird kein Geld fließen“, erklärt Marcus Köster. „Tatsächlich will der Anbieter, natürlich gegen Gebühren, nur eine sogenannte Finanzierung bei einem weiteren Unternehmen vermitteln. Dieser “Finanzsanierer“ will dann, natürlich wiederum gegen ein Entgelt, Raten, welche die Verbraucher regelmäßig zahlen sollen, auf deren bereits bestehenden Schulden bei ihren bisherigen Gläubigern verteilen. Im Grunde sollen die Verbraucher also einmal den Vermittler einer Finanzsanierung und dann den “Finanzsanierer“ jeweils dafür bezahlen, dass ihr Geld in Raten auf ihre bisherigen Gläubiger verteilt wird.“ Eine weitere Variante, bei der man bei der Suche nach „Kredit ohne Schufa“ landet, ist die vermeintliche Schuldenregulierung, die aber häufig unseriös sei, weil der sich anbietende Regulierer gar keine behördlich anerkannte Anerkennung und damit keine Rechtsdienstleistungsbefugnis hat. In der Sache kann er daher gar nichts zur Problemlösung beitragen. „In einem solchen Fall werden dann meist noch zusätzlich Anwälte eingeschaltet, die dann ebenfalls Honorare einfordern“, so Marcus Köster. „Geld wollen natürlich alle Beteiligten haben. Für uns Verbraucherschützer fallen diese Angebote unter die Rubrik Geschäfte mit der Armut.“
Mini-, Klein- und Kurzzeitkredite
Kreditverträge müssen normalerweise bestimmte gesetzliche Vorschriften erfüllen, die auch dem Verbraucherschutz dienen. Dazu gehört etwa die Schriftlichkeit der Vereinbarung und bestimmte Mindestinformationen wie der Nettokreditbetrag, die für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde, die Art und Weise der Rückzahlung, der Zinssatz, sonstige Kreditkosten und der effektive Jahreszins. Auch ein Widerrufsrecht von 14 Tagen für den Kreditnehmer ist vorgeschrieben. Alle diese gesetzlichen Regelungen gelten jedoch nicht, wenn ein Kredit unter 200 Euro vergeben wird oder wenn eine Schuld – unabhängig von ihrer Höhe – innerhalb von drei Monaten zurückgezahlt werden muss und dafür nur geringe Kosten vereinbart werden. Dementsprechend gibt es vor allem im Internet zahlreiche Anbieter, die damit werben, dass man schnell und unkompliziert einen Kredit unter 200 Euro bekommen kann oder auch höhere Summen bei einer Kreditlaufzeit von beispielsweise 30 Tagen. Diese Kredite heißen dann Minikredit, Kleinkredit oder – bezogen auf die Laufzeit – Kurzzeitkredit. Im angloamerikanischen Sprachraum ist das Angebot unter „Pay-Day-Loans“ bekannt. Verbraucherschutzanwalt Köster warnt: „Zwar fließt hier dann tatsächlich meist Geld, doch diese Kredite können die Verbraucher teuer zu stehen kommen.“ Meist stünden die Kosten, insbesondere bei Inanspruchnahme der mit angebotenen Zusatzprodukte, in keinem Verhältnis zur Kreditsumme.
Kredite helfen nicht bei Überschuldung
„Grundsätzlich ist es keine gute Idee, einen Kredit ohne SCHUFA-Auskunft zu suchen, wenn ich auf klassischem Weg keinen Kredit mehr bekomme und der Dispokredit meines Kontos überzogen ist“, so das Urteil von Marcus Köster. Die Gefahr, dann an einen unseriösen Anbieter zu geraten, ist einfach zu groß. Er empfiehlt stattdessen einen Kassensturz der eigenen Einnahmen und Ausgaben vorzunehmen und sich – wenn das Einkommen für das Auskommen nicht mehr reicht – dabei von einer kostenfreien, anerkannten Schuldnerberatung unterstützen zu lassen. Denn wenn tatsächlich eine Überschuldung vorliegt, wird auch ein weiterer Kredit die Situation nicht verbessern, denn der muss ja dann auch noch bedient werden.
TE (27.01.2023)
