Hotels werden oft aufgrund von Bewertungen im Internet gebucht. Eigentlich sollte man dort ausschließlich echte, unbeeinflusste Bewertungen von Menschen finden, die in dem Hotel wirklich zur angegebenen Zeit gewohnt haben. Aber das ist längst nicht immer der Fall. Fake-Bewertungen sind kaum von echten zu unterscheiden. Das neue EU-Wettbewerbsrecht ermöglicht bessere juristische Gegenmaßnahmen.
Betrug zu Lasten von Kunden und Hoteliers
Betrug bei Hotelbewertungen gibt es in beide Richtungen: Hotels bestechen Kunden mit Rabatten, um positive Bewertungen zu erhalten oder sie kaufen Bewertungen bei darauf spezialisierten Agenturen ein, deren Beschäftigte in großer Zahl falsche positive Bewertungen in den Buchungs- und Bewertungsportalen einstellen. Auf der anderen Seite leiden auch seriöse Hoteliers darunter, dass angebliche Kunden den Aufenthalt in ihrem Hotel in Buchungs- oder Bewertungsportalen sehr negativ beschreiben. Auch solche Bewertungen können auf Fiktion und nicht auf Fakten beruhen und zum Zweck der Wettbewerbsverzerrung eingegeben worden sein. Ganz auf Bewertung verzichten kann die Branche jedoch nicht, denn die Verbraucher verlassen sich ja nicht nur beim Kauf von Produkten oder bei der Auswahl von Ärztinnen oder Ärzten, sondern auch bei ihrer Urlaubsplanung immer häufiger auf Bewertungen im Internet. Ein Hotel ganz ohne Bewertungen wird kaum online gebucht werden.
EU verschärft Wettbewerbsrecht
Das neue europäische Wettbewerbsrecht ist am 28. Mai 2022 in Kraft getreten. Es schreibt strengere Regeln für Onlinemarktplätze und -plattformen vor. Bei Bewertungen und Empfehlungen (Kundenrezensionen, Likes in sozialen Medien) zu Produkten müssen die Webseiten nun sicherstellen, dass die Bewertungen von Personen stammen, die diese Produkte auch tatsächlich erworben oder verwendet haben. „Unternehmer werden also verpflichtet, zu erklären, ob sie überhaupt entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung unternehmen, und wenn ja, welche. Anzugeben ist auch, ob alle Bewertungen/Empfehlungen – gute und schlechte – veröffentlicht werden, oder ob sie gesponsert oder beeinflusst wurden. Diese Informationspflicht trifft alle Unternehmen, die selbst Kundenbewertungen zugänglich machen“, fasst die IHK Region Stuttgart die Rechtslage für ihre Mitgliedern zusammen. „Wird behauptet, dass Bewertungen von Verbrauchern stammen, die das Produkt tatsächlich gar nicht verwendet haben, oder wurden keine angemessenen Schritte unternommen, um zu prüfen, ob die Bewertungen wirklich von Verbrauchern stammen, so ist dies unlauter und kann abgemahnt werden.“
Klagen haben wenig Erfolgsaussichten
Bei unwahren oder verleumderischen Abwertungen können Hotels auch bislang schon strafrechtlich gegen den Urheber der Schmähbewertung vorgehen und zivilrechtlich gegen die Bewertungsplattform. Das gehört zu ihrem Reputationsmanagement im Internet. Praktisch wird dann eine Abmahnung und gegebenenfalls eine einstweilige Verfügung angestrebt. Außerdem kann der Verursacher dazu verpflichtet werden, seine falsche Aussage öffentlich zu berichtigen. Auch Schadensersatz für den entgangenen Gewinn und die eigenen Rechtsanwaltskosten können eingeklagt werden. Doch die Aussicht auf Erfolg ist bislang klein, denn Bewertungsbetrug ist kein Straftatbestand. Deshalb fordert Boris Wita, Jurist der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein in der Wirtschaftswoche, „einen Straftatbestand der ‚massenhaften Verbrauchertäuschung‘ zu schaffen.“ Polizei und Staatsanwaltschaft hätten dann ganz andere Möglichkeiten zu ermitteln. „Bislang ist das Strafrecht aber auf die analoge Welt ausgelegt, wo Dinge wie Bewertungsbetrug keine Rolle spielen“, so Wita. Die Strafverfolgungsbehörden haben allerdings gerade bei kleinen Straftaten, wozu auch Beleidigungen oder Verleumdungen in negativen Bewertungen zählen, einen weiten Ermessenspielraum. Sie werden aber in der Praxis kaum tätig.

Je besser die Reputation des Hotels erscheint, desto mehr wird es gebucht
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Auf diese Indizien sollte man achten
Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich nicht ausschließlich auf Hotelbewertungen bei einem Portal verlassen, sondern die Bewertungen bei mehreren Buchungs- oder Bewertungsportalen vergleichen. Außerdem erfüllt kein Hotel die Wünsche aller Zielgruppen. Deswegen sollte man bei Unterkünften, die fast ausschließlich Spitzenbewertungen erhalten, skeptisch sein. Es wäre auch sinnvoll zu erfahren, wie alt die Bewertenden sind. Denn eine 25-Jährige legt sicher andere Kriterien an einen Aufenthalt als ein 72-Jähriger. Georg Ziegler, Leiter der Betrugsverfolgung bei Holidaycheck, gab gegenüber der Deutschen Presseagentur ein paar weitere Tipps: „Beim Recherchieren von Bewertungen sollte man vor allem darauf achten, ob und wie sie von Seiten des Portals geprüft wurden. Können Nutzer dort einfach mit wenigen Klicks einen Kommentar hinterlassen? Oder müssen sie vorher umfangreiche Infos angeben, ihre E-Mail-Adresse bestätigen lassen und wird eine Bewertung vor Veröffentlichung geprüft?“ Aus seiner Sicht können die Buchungsportale viel selbst dazu beitragen, dass Fake-Bewertungen erkannt und aussortiert werden: „Je mehr Aufwand ein Portal bei der Qualitätskontrolle betreibt, desto mehr können Sie als Verbraucher davon ausgehen, dass Bewertungen, die Sie dort lesen, authentisch sind. Aber selbst identifizieren, ob es eine Fälschung ist oder nicht, können Nutzer kaum. Dafür sind die Betrüger zu gerissen.“
WL (Stand: 24.06.2022)

