Soll man sogenannte weiche Drogen wie Cannabis legalisieren? Diese Frage wird seit langem kontrovers diskutiert. Die Argumente dafür und dagegen sind vielfältig. Doch wie sieht die Gewerkschaft der Polizei diese Frage? Die Polizeibeamtinnen und -beamten sind schließlich an vorderster Front bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität beteiligt, sei es beim Aufnehmen von Anzeigen wegen des Besitzes geringer Mengen des Cannabis-Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) oder bei Ermittlungen gegen den organisierten Drogenhandel. Lars Elsebach nimmt dazu Stellung. Er ist Vorsitzender im Fachausschuss Kriminalpolizei der Gewerkschaft (GdP) in Berlin.
Herr Elsebach, wie ist die generelle Haltung der GdP zur Frage der Legalisierung weicher Drogen?
Niemand von uns möchte Drogenbesitz grundsätzlich legalisieren. Die Gewerkschaft der Polizei hat dazu 2015 ein Symposium veranstaltet. Daran haben Fachleute aus Sicherheitskreisen, Ärzte aus Spezialkliniken sowie die damalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung teilgenommen. Nach der Auswertung der dort zusammengetragenen Fakten über die fatalen Auswirkungen von Cannabis und anderen Drogen auf die physische und psychische Gesundheit war kein anderer Schluss vertretbar, als eine Legalisierung abzulehnen.
Was sind für Sie die wichtigsten Gründe, die für die Beibehaltung der bisherigen gesetzlichen Regelung sprechen?
Das sind zum einen die Schilderungen der Klinikärzte über den körperlichen und geistigen Verfall von Langzeitkonsumenten. Zudem zeigen Erfahrungen aus Ländern, in denen eine Legalisierung beschlossen wurde, dass die Hemmschwelle, Drogen auszuprobieren, deutlich herabgesetzt ist. Der Schritt zu härteren Drogen erfolgt dort schneller. Zu einer Verringerung der Kriminalitätsrate führte das aber nicht. Eine Versteuerung durch den Staat bei einer Legalisierung lässt zudem befürchten, dass der „Schwarzmarkt“ trotzdem weiter floriert, da dort günstigere Angebote zu erwarten wären. Bei anderen Konsumgütern lässt sich dies gut beobachten. Auch das Argument, man würde „Drogendealer“ aus der Kriminalität holen, ist in Frage zu stellen. Es ist nach kriminalpolizeilichen Erfahrungen weitestgehend unwahrscheinlich, dass Menschen, die Einkünfte über einen langen Zeitraum aus kriminellen Geschäften erzielen, sich nach einer Legalisierung plötzlich einem seriösen Erwerb zuwenden.
Das Gegenargument ist ja, Alkohol und Nikotin seien doch legal und somit das Verbot von Cannabis unverhältnismäßig. Was meinen Sie dazu?
Ein Verbot würde hier keine Wirkung erzielen. Analog zu anderen Rauschmitteln würde sich auch hier ein Schwarzmarkt entwickeln. Die daraus erzielten Gewinne würden in die organisierte Kriminalität abfließen. Das ist bei Rauchwaren seit Jahren bereits der Fall. Dass Alkohol hierzulande ein erlaubtes Rauschmittel ist, ist der Regierung zufolge einer Jahrhunderte alten Tradition geschuldet. In anderen Ländern, in denen der Konsum von Alkohol aufgrund der Religion verboten wird, ist das anders. Das verbotene Ungesunde zu erlauben, weil es ein erlaubtes gibt, das ebenfalls ungesund ist, beinhaltet eine fatale Sichtweise. Folgt man dieser Argumentation, könnte man ebenso die Frage stellen, weshalb überhaupt eine Droge verboten ist.

Lars Elsebach, Vorsitzender im Fachausschuss Kriminalpolizei der Gewerkschaft der Polizei
© GdP
Wie sieht der Alltag im Umgang mit der Drogenkriminalität bei der Polizei aus?
Die Verfolgung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) stellt einen wesentlichen Anteil der Kriminalitätsbekämpfung dar. Hierbei ist seit Jahren eine stete Zunahme erkennbar.
Wie soll seitens der Polizei mit Menschen umgegangen werden, die größere Mengen Drogen bei sich führen?
Diese Frage ist per Gesetz definiert und obliegt in der Herangehensweise nicht der Polizei. Straftaten gegen das BtMG sind je nach Schwere als Vergehen oder Verbrechen definiert. Diese unterliegen dem Strafverfolgungszwang durch die Polizei und werden bei einer solchen Feststellung konsequent zur Anzeige gebracht. Je nachdem, welche Drogenart in welcher Menge mitgeführt wird, ist der Verstoß schwerwiegender als bei einer „geringen Menge“. Hier gibt es bundesweit unterschiedliche Handhabungen seitens der Justiz.
Wie bewerten Sie die Präventionsarbeit, die im Drogenbereich gerade im Hinblick auf Kinder und Jugendliche läuft?
Die Prävention kann nicht früh genug ansetzen und nicht intensiv genug sein. Hier gibt es noch eine Menge Verbesserungspotenzial. Der Ruf nach einer Legalisierung von weichen Drogen, der zum Teil auch von Vertretern der Fraktionen des deutschen Bundestages öffentlich geäußert wird, ist dabei wenig hilfreich. Gerade wenn es darum geht, Kinder und Jugendliche im Gespräch vor dem leichtfertigen Griff zu Cannabis zu bewahren, ist es traurige Realität, dass sich in deren Meinung zum Teil der Glaube verfestigt hat, dass der einmalige Konsum straffrei – also quasi legal – ist. Einhergehend mit einer verbesserten Aufklärung muss allerdings das Konzept der sozialen Arbeit sein, das die Grundmuster der Konsumenten und die Ursache ihrer Suchterkrankung analysiert. Nur so kann der Griff zum Rauschgift bereits im Vorfeld effektiv verhindert werden.
KF (Stand 30.04.2021)
