Unterlagen sollten für den Notfall archiviert werden, im Aktenordner oder digital.
Unterlagen sollten für den Notfall archiviert werden, im Aktenordner oder digital.

Ein Ordner für alle Fälle

Ein Einbruch, ein Unfall, ein Todesfall: Unvorhergesehene Ereignisse stellen ein Leben schlagartig auf den Kopf – ob als Betroffener oder Angehöriger. Mit einem Notfallordner, der wichtige Dokumente enthält, kann man vorsorgen.
 

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Ausnahmezustand im Notfall

Die alte Dame liegt friedlich in ihrem Bett. Wahrscheinlich ist sie eines natürlichen Todes gestorben. Aber die Polizei fragt die Angehörigen zur Klärung trotzdem nach den persönlichen Daten der Frau: Wo ist ihr Ausweis? Wie lautet der Name ihres Hausarztes? Gibt es eine Medikamentenliste? Polizisten treffen vor Ort häufig auf Angehörige, die schon durch den Tod überfordert sind – und dadurch noch viel weniger in der Lage sind, sachlich Formalitäten abzuarbeiten und Dokumente zu suchen. Um im Notfall sofort reagieren und mögliche Fristen einhalten zu können, ist es für jeden sinnvoll, vorzusorgen: Wichtige Dokumente sollte man archivieren sowie Vollmachten rechtzeitig ausstellen und bei einer Vertrauensperson hinterlegen.

Dokumente archivieren

Im Notfallordner hinterlegt werden sollten: Vollmachten, Patientenverfügungen, Versicherungs- und Bankunterlagen, Verträge, Telefonlisten wichtiger Kontakte, Hausrats- und Medikamentenlisten, gescannte oder kopierte Ausweise – eben alles, was im Notfall von Bedeutung ist. Die Papiere können als Kopien in einem Ordner oder digital auf einer CD oder einem USB-Stick gespeichert werden. Sie sollten einem Bevollmächtigten übergeben werden. Digitale Daten sollten immer gesichert sein. Dazu kann man zum Beispiel USB-Sticks mit automatischer Verschlüsselung oder Zugangsschutz über komplexe Passwörter oder integrierte Fingerabdruck-Scanner nutzen. Der Vorteil der digitalen Speicherung ist die Flexibilität. Mit den entsprechenden Daten auf CD oder USB-Stick können Angehörige als Bevollmächtigte auch von zu Hause Dinge für ihre Eltern oder für andere nahe Verwandte regeln, auch wenn diese in einer anderen Stadt leben.

Ohne schriftliche Vollmacht darf man im Notfall nur für sich selbst entscheiden

Ohne schriftliche Vollmacht darf man im Notfall nur für sich selbst entscheiden

auremar/stock.adobe.com

Vollmachten ausstellen

Ein praktisches Beispiel zeigt, warum es wichtig ist, eine Vollmacht zu haben: Die Eltern haben einen Autounfall, der Vater stirbt, die Mutter kommt mit schweren Kopfverletzungen ins Krankenhaus und direkt danach in ein Pflegeheim. Sie kann sich nicht mehr äußern. Der Nachlass muss nun abgewickelt werden. Das ist aber nur möglich, wenn ein Kind eine Vollmacht hat und weiß, wo der Ordner mit den Unterlagen steht. Gibt es keine offizielle Vollmacht, kann das örtliche Familiengericht eingeschaltet werden, das dem Betreffenden eine staatliche Betreuung verordnet. Wer glaubt, man könne im Notfall für den Ehepartner oder die Eltern handeln, der irrt. Ohne schriftliche Bevollmächtigung gilt, dass jeder nur für sich selbst entscheiden darf – im Zweifel tut dies ein staatlich eingesetzter Vormund. Wichtig ist eine Vollmacht auch deshalb, damit die Polizei den Angehörigen den Unfallschaden zur Weiterleitung an die Versicherung melden kann. Liegt keine Bevollmächtigung vor, darf die Polizei die Daten nicht an die Kinder weitergeben.

Fahrraddiebstahl und Auto-Aufbruch

Ein Notfall-Ordner oder eine -CD kann auch einem selbst helfen. Zum Beispiel, wenn man bestohlen wurde. In den Ordner gehören: eine Hausratliste mit dem Nachweis über besondere Gegenstände wie Schmuck, Bilder, Handy, Tablet oder Fahrrad. Die Artikel sollten mit folgenden Informationen aufgelistet werden:

  • genaue Marken- und Typ-Bezeichnung
  • Ausstattung (zum Beispiel beim Fahrrad die Gangschaltung und die Bremse)
  • Kaufdatum und -preis, am besten mittels einer Kopie des Kaufbelegs oder Expertise von Fachleuten, zum Beispiel von einem Juwelier
  • Fotos der Gegenstände
  • Rahmen- oder Seriennummern

Jedes Gerät hat eine Nummer. Bei Handys ist es zum Beispiel die International Mobile Station Equipment Identity (IMEI), eine eindeutige 15-stellige Seriennummer, mit der jedes GSM- oder UMTS-Gerät eindeutig identifiziert werden kann. Auch sie sollte im Notfallordner aufgelistet werden, damit die Polizei das gestohlene Gerät in den Fahndungscomputer aufnehmen kann. Eine Bezeichnung der Handymarke und eine Beschreibung des Aussehens reichen dafür nicht aus. Wird das gestohlene Handy zum Beispiel bei einer Hausdurchsuchung sichergestellt, kann es anhand der Identifikationsnummer einer Straftat aber auch dem Besitzer zugeordnet werden. Die Nummerierung gilt auch für Fahrräder: Jedes Rad hat eine Rahmennummer. Man findet sie meist unterhalb des Tretlagers am Rahmen. Mit allen vorhandenen Daten kann man im Schadensfall einen besseren Nachweis gegenüber der Versicherung erbringen. Auch beim eigenen Fahrzeug sollte man darauf achten, dass die elektronischen Geräte darin, wie Radio oder Navi, in die Hausratsliste aufgenommen werden.

Körperverletzung und Arbeitsunfähigkeit

Verletzungen am Körper können den Geschädigten wirtschaftlich beeinflussen: Man kann vorerst nicht arbeiten, ist vielleicht sogar auf Dauer berufsunfähig. Was ist zu tun?

  • Strafanzeige bei der Polizei stellen
  • Versicherungen benachrichtigen, zum Beispiel Unfallversicherung und private Krankenversicherung
  • Zivilrechtliche Schritte einleiten: Anspruch auf Schmerzensgeld oder bei dauerhaftem Schaden auf eine Rente
  • Leistungen nach dem Sozialen Entschädigungsrecht (SER) prüfen

Sollte man nicht mehr selbst agieren können, ist auch hier eine Vollmacht für eine Vertrauensperson wichtig. Vordrucke gibt es im Internet, zum Beispiel beim Justizministerium Nordrhein-Westfalen. Bankvollmachten müssen immer vom entsprechenden Geldinstitut ausgestellt werden.

KF/KS (27.06.2025)

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