Sicher zum Gebrauchtwagen
Vor allem im Internet ist Vorsicht geboten
Wer beim Autokauf nicht aufpasst, wird schnell über den Tisch gezogen.
© stocksolutions, Adobe Stock
Kaum eine Berufsgruppe wird so oft als Beispiel für unseriöses Handeln genannt wie die Verkäufer von Gebrauchtwagen. Damit tut man den vielen seriösen Händlern der Branche sicher Unrecht. Fakt ist aber, dass gerade beim Internethandel viele Betrüger aktiv sind. Fordert ein Verkäufer Vorauskasse, ist Vorsicht geboten. Prüfen Sie vor dem Kauf auch alle Dokumente und begutachten Sie den Zustand des Fahrzeugs genau.
Lieber nicht per Vorkasse zahlen
In Deutschland wechseln jährlich rund sieben Millionen Gebrauchtwagen den Besitzer. Wie eine Untersuchung des Online-Markplatzes Cargurus zeigt, ist für 62 Prozent der deutschen Autokäufer die Vertrauenswürdigkeit des Verkäufers besonders wichtig. 73 Prozent der Befragten sind besorgt, dass der Verkäufer nicht ehrlich zu ihnen sein könnte. 87 Prozent haben Angst vor versteckten Schäden. Doch sind diese Sorgen berechtigt? Entscheidend ist, beim Kauf eines Gebrauchtwagens nicht auf allzu verlockende Angebote hereinzufallen. Eine beliebte Betrugsmasche sind Angebote hochwertiger Fahrzeuge im Internet – meist mit Standort im EU-Ausland – die auf Internetplattformen zu Schnäppchenpreisen angeboten werden. Die gefälschten Internetseiten orientieren sich am Design seriöser Plattformen und Firmen. Die Betrüger versuchen ihre Opfer zu Bargeldtransfers über Western Union, MoneyGram oder ähnliche Dienste zu bewegen. Die Kriminellen heben dann den Betrag mit gefälschten Dokumenten ab – und der geprellte Kunde bekommt weder das Auto noch seine Anzahlung zurück.
Gefälschte Verkaufsanzeigen
Bevor Sie sich zum Kauf eines Gebrauchtwagens entschließen, sollten Sie die folgenden Tipps beherzigen:
- Seien Sie besonders aufmerksam bei Angeboten und Kaufgesuchen aus dem Ausland oder bei Inseraten in englischer Sprache.
- Melden Sie betrügerische Angebote im Internet den Portalbetreibern.
- Nutzen Sie nur bekannte und seriöse Zahlungsdienste.
- Wird Vorkasse verlangt, sollten Sie vom Kauf lieber Abstand nehmen.
- Zahlungen grundsätzlich erst bei der Fahrzeugübergabe abwickeln.
- In einigen Fällen bitten Betrüger ihre Opfer um die Zusendung von eingescannten Personalausweisen, Bank- und Adressdaten. Solche sensiblen Daten sollten Sie niemals weitergeben. Die Täter können sie später für neue Betrügereien missbrauchen.
- Prüfen Sie, ob das Erscheinungsbild des Fahrzeugs zum angegebenen Tachostand passt.
- Prüfen Sie alle vom Verkäufer zur Verfügung gestellten Dokumente auf Echtheit. Achten Sie auf falsche Schriftarten auf behördlichen Schreiben, Unterschriften in Schreibschrift und hineinkopierte Stempel oder Firmenlogos.
Die Polizei Niedersachsen erhält in letzter Zeit verstärkt Hinweise auf gefälschte Verkaufsanzeigen in Fahrzeugportalen. Häufig werden einfach beliebige Bilder aus anderen Anzeigen missbräuchlich eingesetzt. Beschreibungen über den Fahrzeugzustand werden dreist kopiert und mit anderem Standort und geänderten Kontaktangaben eingestellt. Eine ganz neue Masche ist der Missbrauch von echten Transportdienstleistern und Plattformen. So benutzen Betrüger etwa den seriösen Anbieter „uShip“, bei dem sich Transportfirmen und Auftraggeber gegenseitig suchen und finden können. Dort können Sie einen Sendungswunsch für einen großen Artikel – z. B. ein Auto – einstellen, sodass eine Transportfirma Ihnen ein Angebot für den Transport unterbreitet. Die Täter stellen nun aber den Transportwunsch des Fahrzeuges aus der gefälschten Verkaufsanzeige im Namen des Opfers ein und schicken dem vermeintlichen Käufer einen Link zu der Seite. Das Opfer geht davon aus, dass der Transport des Autos damit veranlasst wurde. Für den Laien ist dabei nicht sofort erkennbar, dass nur Gebote für einen Transport gesucht werden und noch gar kein Transportauftrag vereinbart wurde. Die Täter setzen darauf, dass das Opfer den geforderten Betrag bezahlt, da es glaubt, das Auto sei bereits auf dem Weg zu ihm.
Manipulierte Tachos
Laut Schätzungen der Polizei wird bei rund einem Drittel aller in Deutschland verkauften Gebrauchtwagen der Tacho manipuliert. Kriminelle haben es leicht, denn die Manipulationsgeräte sind günstig und einfach zu bedienen. Die betrogenen Käufer zahlen dann im Schnitt 3.000 Euro zu viel für ihren Gebrauchtwagen. Bei der Mehrzahl der Autos kann der Kilometerstand durch den Anschluss eines Manipulationsgerätes beliebig verstellt werden. Stiftung Warentest empfiehlt Autokäufern, möglichst alle Dokumente sorgfältig zu prüfen. So geben beispielsweise Rechnungen, Scheckhefte, TÜV-Belege und Reparaturberichte Auskunft über den Kilometerstand des Fahrzeugs. Eine Hilfe bei der Suche nach alten Werkstattrechnungen ist der Fahrzeugbrief. In ihm stehen die Namen der Vorbesitzer. Autokäufer sollten auch den Zustand des Fahrzeugs genau untersuchen und überprüfen, ob das Erscheinungsbild zum angegebenen Tachostand passt. Verschlissene Pedale oder Schäden an den Sitzen könnten ein Hinweis auf einen Betrugsversuch sein.
Fälschungen bei Oldtimern
Neue Betrugsmethoden gibt es auch beim Handel mit Oldtimern. Laut Experten der Abteilung Fahrzeug Sicherheitsprüfung (FSP) beim TÜV Rheinland steigt die Zahl raffinierter Fälschungen von klassischen Automobilen. In Hightech-Werkstätten zaubern kriminelle Profis aus einem normalen 1973er-Porsche einen der begehrten, seltenen Carrera 2,7 RS. Die Fahrzeuge scheinen identisch, sind aber von ihrer Wertigkeit völlig unterschiedlich. Da der originale RS ein Sammlerstück ist, kann sein Wert schnell im sechsstelligen Bereich liegen. Daher lohnt sich das Fälschen der begehrten Modelle.
In einer gemeinsamen Sicherheitsinitiative sind der ADAC, die Polizei und die beiden größten Fahrzeugmärkte AutoScout24 und mobile.de im Internet aktiv, um die Tricks der Kriminellen aufzudecken und praktische Tipps zu geben: http://sicherer-autokauf.de
Die Fachleute vom TÜV Rheinland können manipulierte Fahrzeuge mittlerweile mit einem Verfahren aus der Kriminaltechnik entlarven. Mit dem sogenannten magnetooptischen Resonanzverfahren lassen sich Unregelmäßigkeiten im Materialgefüge entdecken, die ein erster Hinweis auf eine mögliche Fälschung sein könnten. So lassen sich Veränderungen an der Fahrgestellnummer erkennen, etwa wenn sich hinter der Ziffer 5 die ursprüngliche 4 verbirgt. Die Technik inklusive Laptop steckt in einem kompakten Köfferchen und erlaubt schnelle, mobile und zerstörungsfreie Checks. Ob nun wertvolles Sammlerstück oder günstiges Schnäppchen: Wer sich einen Gebrauchtwagen kaufen will, sollte besonders kritisch sein und sich umfassend informieren. Sonst haben Betrüger leichtes Spiel.
AL (27.04.2018)
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