Drogenhandel, Diebstahl, Vandalismus
Kriminalität in Bahnhöfen hat viele Gesichter
Graffiti sind die häufigste Form von Vandalismus in Bahnhöfen
© spuno, fotolia
Diebstahl, Beleidigungen, Körperverletzung, Vandalismus und sogar Tötungsdelikte – Gewalt auf Bahnhöfen hat viele Gesichter. Auch wenn sich die Anzahl von Gewalttaten im Bahnhofsbereich statistisch gesehen in Grenzen hält, kommt es doch immer wieder zu Übergriffen. Typische Täter oder Opfer gibt es dabei nicht. Jeder kann zum Opfer werden, der zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Und die Täter handeln oft im Affekt, das heißt, ohne die Tat geplant zu haben. Verstärkte Präventionsarbeit soll dabei helfen, Bahnhöfe wieder sicherer zu machen.
Täter aus allen Schichten
„Meine Erfahrung ist, dass es keine typischen Täter gibt“, sagt Georg Schumacher von der Rheinbahn Düsseldorf. Raufereien, Pöbeleien, Verunreinigungen – all das kennt er aus der Praxis nur zu gut. „Es geht quer durch die Gesellschafts- und Altersschichten. Man kann mit dem 40-jährigen betrunkenen Juristen genauso Probleme bekommen, wie mit einer Gruppe junger Frauen. Wenn Alkoholeinfluss und Gruppenzwang im Spiel sind, vergessen manche Leute einfach ihre gute Kinderstube.“
Zum Gefühl der Unsicherheit tragen jedoch die Alkohol- und Drogenabhängigen sowie die Obdachlosen bei, die sich im Umfeld von Bahnhöfen aufhalten. Das liegt an der Unberechenbarkeit des Verhaltens dieser Personengruppen. Auch wenn man beim Durchqueren des Bahnhofs Schreie oder handgreifliche Auseinandersetzungen nur aus der Entfernung beobachtet, löst dies Angst aus. Die Deutsche Bahn investiert in die Sicherheit von Bahnhöfen. So sind inzwischen etwa 9.000 Überwachungskameras an Bahnhöfen installiert worden. Bis 2024 sollen es 11.000 Videokameras sein. Gemeinsam mit der Bundespolizei erforscht der Deutsche Bahn auch, auf welche Weise KI-gestützte Software bei der Analyse der Videobilder eingesetzt werden kann. Sie soll dabei helfen, hilfsbedürftige Personen, das unbefugte Betreten von Gleisen oder auch verdächtige Gepäckstücke schneller zu erkennen. Die Software wird derzeit trainiert und soll künftig das Sicherheitspersonal auf Situationen hinweisen, in denen ihr Einsatz erforderlich ist.
Gewalt und Drogen am Bahnhof
Auch Gewalt innerhalb bestimmter Szenen, sei es in der Drogen- oder in der Obdachlosenszene, ist weit verbreitet. Ulrich Hermannes von der Stadtmission Hamburg war lange Zeit Leiter der Bahnhofsmission Hamburg. Er kennt das Problem: „Es kommt hier zu Körperverletzungen oder auch Diebstahlsdelikten untereinander. Dass Reisende betroffen sind, ist eher selten der Fall. Früher war auch der Drogenhandel am Bahnhof ein Problem. Durch die hohe Präsenz von Polizei und Sicherheitspersonal ist dies aber stark zurückgegangen.“ Werden Deliktfelder wie etwa der Drogenhandel offensichtlich, muss man umgehend eingreifen. Georg Schumacher von der Rheinbahn erklärt: „In den Bahnen gab es häufiger Fahrkartenkontrollen. Außerdem waren sowohl unser Sicherheitspersonal als auch Polizeibeamte in Uniform und in Zivil vermehrt in den Bahnen unterwegs. Dadurch hat man klar gemacht, dass ein solches Verhalten unerwünscht und die Bahn ein unbequemes Pflaster für Dealer ist.“
Vandalismus und Graffiti: Keine Kavaliersdelikte
Ein großes Problem im Gleis- und Bahnhofsbereich sind Graffitis und die so genannten „Scratchings“, das heißt zerkratzte Scheiben. Die Bahn gibt in jedem Jahr mehrere hunderttausend Euro aus, um allein in München Graffiti von S-Bahnen zu entfernen. Dort wurde im Frühjahr 2024 der Einsatz eines Roboterhunds getestet: »Spot« sollte auf Abstellanlagen der Münchner S-Bahn Patrouille laufen und – unterstützt von einer künstlichen Intelligenz – insbesondere unbefugte Personen auf dem Gelände erkennen. Der Test brachte wichtige Erkenntnisse, aber die Software des Roboterhundes muss erst noch weiterentwickelt werden, bevor sein Einsatz in der Praxis Sinn macht.
Die Neulackierung eines Triebwagens kostet bis zu 30 000 Euro und dauert rund sieben Tage. Denn die einzelnen Lackschichten müssen Schicht für Schicht mit hohem Aufwand abgetragen werden. Das ist nicht nur teuer, sondern auch mit großen Umweltbelastungen verbunden. In der Graffitiszene finden solche Sprayer, die komplette Züge besprühen, größte Beachtung. Was viele der jugendlichen Täter jedoch nicht wissen: Auch wenn sie noch unter das Jugendstrafrecht fallen – den wirtschaftlichen Schaden kann die Deutsche Bahn über 30 Jahre im Nachhinein geltend machen und vom Täter einfordern.
Angriffe auf Bahnpersonal
Nicht nur Reisende können an Bahnhöfen bedroht und beleidigt werden, sondern auch das Bahnpersonal wird verbal oder körperlich angegangen. Durch den Einsatz von Bodycams und dem Ausbau der Videoüberwachung in Zügen und an Bahnhöfen will die Bahn solche Vorfälle verhindern und die Täter dingfest machen. Das Personal erhält Deeskalationstrainings, um den Umgang mit kritischen Situationen zu erlernen, ohne sich dabei selbst zu gefährden. Ralph-Peter Hänisch, Leiter der DB-Konzernsicherheit: „Angriffe wie Beleidigungen, tätliche Übergriffe, Bespucken, Drohungen etc. nehmen nicht nur in der Gesellschaft bzw. bei politischen Mandatsträgern zu, sondern auch bei unseren Mitarbeitenden auf den Zügen und in den Bahnhöfen. Dies ist nicht hinnehmbar.“ Betroffene Beschäftigte können sich seit 2020 an das „Bedrohungsmanagement“ wenden. Das ist zentrale Anlaufstelle, die dem Bahnpersonal bei bedrohlichen Situationen – ob im privaten oder beruflichen Umfeld – rund um die Uhr zur Verfügung steht.
Kabeldiebstahl führt zu Zugausfällen
Zum Schutz von Zügen und Gebäuden setzt die DB Schutzlacke und Graffiti-Schutzfolien ein. Außerdem werden Zugabstellanlagen mit Technik und Personal bewacht. Gebäude erhalten zum Schutz neben Lackanstrichen so genannte „Opferschichten“. Darauf lassen sich Graffiti leichter entfernen. Außerdem sollen eine stärkere Beleuchtung möglicher Tatorte und der verstärkte Einsatz von Sicherheitstechnik dafür sorgen, dass weniger Graffiti entstehen. Ein weiterer Problembereich ist der Diebstahl von Buntmetall und Eisen von Bahnstrecken oder aus Baustellenbereichen. Das Metall wird von den Tätern im Anschluss weiterverkauft. Hier geht es nicht nur um den finanziellen Schaden, sondern auch um Ausfälle wie etwa Streckensperrungen. Der ganze Schienenverkehr kann beeinträchtigt werden, wenn etwa Signale oder Weichen nicht gestellt werden können oder gar ganze Schienen fehlen. Gezielte Bestreifung, enge Zusammenarbeit mit der Bundespolizei, künstliche DNA zur Markierung von Metallteilen und die enge Zusammenarbeit mit Metallhändlern im In- und Ausland haben das Risiko für Täter massiv erhöht und dafür gesorgt, dass die Fallzahlen zurückgehen.
WL (28.06.2024)
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