Der Weg zum Fahrradpass

Am Fahrradständer des Bahnhofs im saarländischen St. Wendel sind 21 Kinderfahrräder in allen Größen und Farben abgestellt. Aus einer Eisdiele um die Ecke ertönt Stimmengewirr und lautes Gelächter: Hier sitzt die dritte Klasse der Grundschule Bliesen mit ihrer Lehrerin Eva Li-Sai und genießt ein Eis in der Sonne. Die süße Belohnung haben sich die Kinder nach ihrer ersten Fahrradtour verdient, denn ein Großteil von ihnen hat zuvor die Prüfung für den Fahrradpass bestanden. Der Weg dahin war nicht einfach. Die Kinder haben einige intensive Wochen mit Fahrradunterricht hinter sich.

Verkehrserziehung an der Grundschule Bliesen

Eine der ersten Herausforderungen ist das Einfahren in den Kreisverkehr 

© Eva Li-Sai

 

Am Fahrradständer des Bahnhofs im saarländischen St. Wendel sind 21 Kinderfahrräder in allen Größen und Farben abgestellt. Aus einer Eisdiele um die Ecke ertönt Stimmengewirr und lautes Gelächter: Hier sitzt die dritte Klasse der Grundschule Bliesen mit ihrer Lehrerin Eva Li-Sai und genießt ein Eis in der Sonne. Die süße Belohnung haben sich die Kinder nach ihrer ersten Fahrradtour verdient, denn ein Großteil von ihnen hat zuvor die Prüfung für den Fahrradpass bestanden. Der Weg dahin war nicht einfach. Die Kinder haben einige intensive Wochen mit Fahrradunterricht hinter sich.

Tradition auf zwei Rädern

Die schulische Radfahrausbildung gehört an den Grundschulen im Landkreis St. Wendel im Nordosten des Saarlands zur Tradition. Eva Li-Sai, die seit sieben Jahren Lehrerin an der Grundschule Bliesen ist, hat die Ausbildung auch schon selbst absolviert, als sie noch zur Schule gegangen ist. „In der Regel steht der Fahrradpass an der Grundschule in Bliesen am Ende der dritten oder am Anfang der vierten Klasse auf dem Lehrplan. Die Schülerinnen und Schüler müssen dazu eine theoretische und eine praktische Prüfung bestehen. Ich bereite den Theorie-Unterricht vor und vermittle ihnen Hintergrundwissen zu Verkehrszeichen, dem sicheren Fahrrad und dem Verhalten als Radfahrer im Straßenverkehr“, erklärt sie.

Praxistest mit einem Polizisten

Die Vorbereitungen zum Fahrradpass dauern mehrere Wochen. Dazu gehört neben der Theorie im Sachunterricht ein praktischer Teil an der Jugendverkehrsschule in St. Wendel. In einem Zeitraum von fünf Wochen haben die Kinder jeweils eine vierstündige Übungseinheit. Ein Polizeibeamter gestaltet dort den Vormittag. „Insgesamt gefällt es den Kindern sehr gut, dass ein Polizist die praktische Ausbildung mit ihnen macht. Sie finden das total spannend und haben großen Respekt vor ihm“, erzählt Li-Sai. Am Anfang jeder praktischen Einheit geht der Polizeibeamte mit den Schülerinnen und Schülern die Strecke der Fahrradschule zu Fuß ab. Dabei erklärt er ihnen, worauf sie in bestimmten Situationen im Straßenverkehr achten müssen, wie etwa Haltepunkte und Verkehrs- und Handzeichen beim Einfahren in den Kreisverkehr oder beim Linksabbiegen. „Danach geht’s aufs Rad und alle fahren hintereinander die Strecke ab und zeigen, was sie für die vorgegebene Situation gelernt haben“, ergänzt Li-Sai.

Die Fahrräder werden den Kindern von der Jugendverkehrsschule ausgeliehen

© Eva Li-Sai

Die größte Herausforderung

Am Ende jeder Unterrichtseinheit dürfen die Kinder kreuz und quer in den Bereichen fahren, die schon besprochen wurden. „Das ist dann schon so eine Art Miniprüfung, bei der jeder, der einen Fehler macht, ausscheiden muss. Es ist wichtig für die Kinder, in einer praktischen Situation direkt umzusetzen, was sie zuvor gelernt haben“, sagt Li-Sai. Sie hat in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht, dass den Kindern insbesondere das Linksabbiegen schwer fällt: „Da muss man acht Punkte beachten vom Umschauen, Handzeichen geben, richtig einordnen, die Vorfahrt achten, den Gegenverkehr durchlassen, nochmals umschauen, abbiegen und Fußgänger beachten. Das ist sehr schwierig für die Kinder und wir üben das sehr lange ein.“ Nach vier Wochen absolvieren die Kinder eine erste Probeprüfung, in der fünften Woche folgen die schriftliche und die praktische Abschlussprüfung.

Ein bisschen Spaß muss sein

In der Regel bestehen fast alle Kinder die Fahrradpass-Prüfung. Für den seltenen Fall, dass es jemand nicht schafft, gibt es die Möglichkeit, diese mit der nächsten Klassenstufe nachzuholen: „Meistens haben diejenigen, die es nicht schaffen, auch noch nie richtig Fahrradfahren gelernt. Wenn jemand schon Schwierigkeiten damit hat, sich überhaupt auf einem Fahrrad zu halten, ist es natürlich sehr schwierig, dabei auch noch Handzeichen zu geben. Das ist dann auch zu gefährlich.“ Der Fahrradpass befähigt die Kinder dazu, überall im Ort mit dem Fahrrad auf der Straße fahren. „In der Großstadt wären die Herausforderungen sicher noch etwas größer, das wissen die meisten Eltern auch. Aber hier in Bliesen ist das absolut in Ordnung“, sagt Li-Sai. Weil in ihrer letzten Klasse der Großteil den Fahrradpass bestanden hat, haben alle anschließend eine Fahrradtour in die nächstgrößere Stadt St. Wendel zum Eis essen gemacht: „Diesmal haben nur zwei Kinder den Fahrradpass nicht geschafft. Wir haben den Ausflug trotzdem gemacht, indem wir über eine stillgelegte Bahntrasse gefahren sind. Durch die vielen Stunden in der Verkehrsschule konnte ich sicher sein, dass alle Kinder motorisch in der Lage sind, die Strecke von insgesamt etwa elf Kilometern zurückzulegen. Es ist ein sehr schöner Ausflug geworden.“

Kontakt

Jugendverkehrsschule

St. Wendel

Pestalozzistr. 7

66606 St. Wendel

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