Sicherheitsrisiko Mensch
Das größte Manko sind Routineabläufe
Im Alltagsstress wird IT-Sicherheit oft vernachlässigt
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Viele Unternehmen behandeln das Thema Einbruch- und Diebstahlschutz eher stiefmütterlich. Der alltägliche Betrieb mit seinen Herausforderungen verlangt viel Energie vom Unternehmen und andere Angelegenheiten rücken gerne mal in den Hintergrund. Dennoch hat das Thema Sicherheit für jedes Unternehmen eine hohe Relevanz: Es kann geradezu überlebenswichtig sein.
IT-Sicherheit kommt in Unternehmen oft zu kurz
Dirk Möller ist Leiter des Sachgebietes „Polizeiliche Beratung/Opferschutz“ in der „Zentralstelle für polizeiliche Prävention“ des Landeskriminalamtes Sachsen. Die Kolleginnen und Kollegen des Sachgebietes beraten u. a. Unternehmen in Fragen der physischen Sicherheit ihres Standortes und kennen die Anfangsschwierigkeiten: „Wenn wir ein Unternehmen beraten, bemerken wir häufig, dass der Bereich Sicherheit viel zu kurz kommt und deshalb im Unternehmen etwas dafür getan werden muss.“ Ist diese Einsicht gereift, kann man oft bereits durch kleine Veränderungen große Sicherheitslücken schließen. Seine erstaunliche Erfahrung ist: Ein großer Teil der Sicherheitsmängel kann ohne finanziellen Aufwand beseitigt werden, allein durch die Veränderung bzw. die Optimierung von organisatorischen Abläufen und deren konsequente Umsetzung. Möller und sein Beratungsteam analysieren die Schwachstellen in den Unternehmen individuell und vor Ort. Danach sprechen sie ihre Empfehlungen aus. Anschließend liegt es in der Hand des Unternehmens, diese auch umzusetzen. „Inwieweit die Unternehmen unsere Empfehlungen tatsächlich und in welchem Umfang umsetzen, entzieht sich leider unserer Kenntnis“, sagt Möller. „Das liegt auch in der Verantwortung und Zuständigkeit der Unternehmen. Ein Feedback erhalten wir in den seltensten Fällen. Wir weisen allerdings darauf hin, dass nicht in Sicherheit zu investieren oftmals teurer werden kann, als der finanzielle Aufwand für die Sicherungstechnik selbst.“
Das Verhalten jedes Einzelnen ist entscheidend
In der Umsetzung bedeutet es, dass genaue Regeln festgelegt werden, wie sich jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter sicherheitstechnisch zu verhalten hat. Dadurch weiß jeder, in welchem Rahmen er oder sie sich bewegen kann und muss. „Das Wichtigste ist, den Faktor Mensch in das Sicherheitskonzept einzubeziehen“, erklärt Dirk Möller.
- Vorschriften zur mechanischen Sicherung des Gebäudes könnten zum Beispiel so lauten: Nach Betreten des Betriebes wird die Tür hinter sich geschlossen. Nach Beendigung der Arbeit verschließt der Letzte im Betrieb alle Fenster und Türen und stellt die Alarmanlage scharf.
- In einem Unternehmen sollte es außerdem klare Regeln zur elektronischen Datenverarbeitung geben. Oft ist die Verwendung von Datenträgern wie USB-Sticks (beim Transfer vom privaten Rechner auf den Firmenrechner) oder CD-ROMs (als Backup) nicht geklärt oder sensible Daten werden unverschlüsselt abgespeichert. Durch fahrlässige oder sogar unzulässige Nutzung privater Datenträger an dienstlichen Schnittstellen kann schnell Schadsoftware eingeschleppt werden, die dann auch das Firmennetzwerk infiltrieren und erheblichen Schaden verursachen kann. Dieselben Sorgfaltspflichten gelten natürlich auch im E-Mail-Verkehr. Durch das unreflektierte Öffnen von E-Mail-Anhängen können Rechner leicht mit Schadsoftware infiziert werden.
- Betriebsabläufe dürfen nicht an Dritte ausgeplaudert werden, wie beispielsweise: „Wir sind heute alle auf einem Betriebsausflug und nicht im Haus“ oder „Vor acht sitzt bei uns sowieso keiner am Schreibtisch“. Außerdem sollten keine Betriebsgeheimnisse weitergetragen werden, etwa wie viel Geld im Betrieb liegt oder für welches Projekt man sich gerade bewirbt.
Die festgelegten Regeln müssen kommuniziert, eingehalten und kontrolliert werden. Wenn jemand dagegen verstößt, müssen Sanktionen folgen. Dabei ist es wichtig, dass die Belehrungen regelmäßig einmal im Jahr erfolgen und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter auch dafür unterschreibt, dass er die Regeln kennt und sie einhält.
Es gilt, Gewohnheiten zu durchbrechen
Dirk Möller kennt die Hindernisse nur zu gut, die sich während der Beratungstätigkeit in den Weg stellen. Das größte Sicherheitsrisiko ist dabei oft die Gewohnheit. Immer wieder werden die Kolleginnen und Kollegen gefragt: „Wie stellen Sie sich das denn vor? Wir können unsere Betriebsabläufe nicht einfach ändern.“ Auf die Frage, warum zum Beispiel eine Tür nicht geschlossen wird, sondern ein Keil sie offenhält, entpuppt sich das Verhalten als eine liebgewordene Gewohnheit, die als unvermeidlicher Betriebsablauf deklariert wird: „Wenn der Kollege mit zwei Tassen in der Hand oder zwei Bündel Papieren und Akten im Arm zur Tür kommt... wie soll das denn gehen?“, wird ihm oft entgegengehalten. „Wir müssen unseren Ansprechpartnern in der Beratung erklären, was passieren kann, wenn die Tür den ganzen Tag offensteht: Da kann jedermann unkontrolliert in das Gebäude hinein“, erklärt Möller. Die Herausforderung ist, dass am Ende der Beratung das Verständnis beim Unternehmen und den Beschäftigten so ausgeprägt ist, dass Türen immer geschlossen bleiben; und ansonsten gegebenenfalls gegenüber „Unbelehrbaren“ Sanktionen drohen. Diese Sicherheitsmaßnahme kostet kein Geld, erzielt aber eine große Wirkung.
Risikofaktor Besucher
Grundlegend sollte man immer achtsam sein und gewisse Grundregeln beachten, auch wenn zum Besuch ein Vertrauensverhältnis besteht:
- Man sollte sich klarmachen, welche Bereiche im Betrieb besonders sensibel in Sachen Sicherheit und Vertraulichkeit sind.
- Kein Besucher sollte sich frei im Gebäude bewegen dürfen. Das heißt: Der Besuch muss vorher angemeldet werden, an der Tür in Empfang genommen, bis zum Gesprächspartner geführt und auch wieder aus dem Gebäude hinausgebracht werden.
- Ein Besucher sollte nicht unbeobachtet einen Betriebscomputer nutzen dürfen.
- Hilfreich für eine Zugangskontrolle ist außerdem eine Wechselsprechanlage, im Idealfall auch eine Videogegensprechanlage.
- Der Gemeinschaftsdrucker sollte, wenn möglich, nicht im Gang stehen, wo sich auch Besucher aufhalten könnten. Wenn es nicht anders geht, hilft eine spezielle Software, die es zwar erlaubt, den Druckauftrag vom Büro aus zu starten, den Druckvorgang aber erst in Gang zu setzt, wenn sich die Person am Gerät durch einen Code identifiziert hat.
- Außerdem sollte die Reinigungsfirma bekannt sein und gewährleisten, dass immer dieselben Personen das Gebäude reinigen. Eventuell sollte Firmenpersonal oder ein Sicherheitsunternehmen während der Reinigungszeit in sensiblen Bereichen vor Ort sein.
Externes Sicherheits- und Wachpersonal: Wann lohnt es sich?
Die meisten Großunternehmen beschäftigen Sicherheitspersonal, das rund um die Uhr im Betrieb arbeitet. Dazu gehört auch ein besetzter Empfangsbereich für Besucher. Dabei geht es vor allem um die Bewachung von geistigem Eigentum. Außerdem wird in solchen Konzernen oft auch während der Nacht gearbeitet. Gerade wenn sich weniger Personal im Gebäude befindet, ist die Gefahr größer, dass sich ein Unbefugter ins Haus einschleicht. Für kleine und mittelständische Unternehmen ist ein externes Sicherheits- und Wachpersonal, das den Betrieb rund um die Uhr bewacht, eher nicht das Mittel der Wahl. In der Regel gibt es in solchen Unternehmen eine überschaubare Zahl an Personen, die abends alle Fenster und Türen verriegeln, sowie die Alarmanlage scharf schalten. Einige mittelständische Betriebe setzen zusätzlich eine Sicherheitsfirma ein, die zu den Öffnungs- und Schließzeiten vorbeikommt, um die Alarmanlage scharf zu schalten. Oft patrouilliert dieses Sicherheitspersonal nachts, am Wochenende oder an den Feiertagen zu unregelmäßigen Zeiten am Betriebsgelände und schaut, ob alles in Ordnung ist. Einige Betriebe in Gewerbegebieten schließen sich zusammen und mieten gemeinsam eine Sicherheitsfirma an, die regelmäßig nach dem Rechten sieht. Die Alarmanlage vieler Gebäude ist außerdem mit einem Sicherheitsunternehmen vernetzt, das bei Alarm direkt zum Objekt fährt, um zu prüfen, ob es sich um einen Fehlalarm handelt. Wenn nicht, verständigen sie die Polizei.
Aufmerksame Nachbarn
„Wir legen sehr viel Wert auf den Faktor Nachbarschaftshilfe“, betont Dirk Möller, „sowohl im privaten Wohnbereich als auch in Unternehmen.“ Wenn man gegenseitig aufmerksam ist, kann man in vielen Fällen Einbruchsversuche verhindern. Dabei reicht es schon, wenn man seine Nachbarn kennt, ein gutes Verhältnis mit ihnen hat und gegenseitig die Kontaktdaten austauscht. Wenn man darüber hinaus ein wenig achtsam und aufmerksam ist und öfter einen Blick auf das Nachbargrundstück hat, kann man viele böse Überraschungen verhindern. Wenn der Nachbar zum Beispiel Fremde auf dem Grundstück nebenan entdeckt oder ein Auto beobachtet, das immer wieder langsam am Betrieb vorbeifährt als würde es etwas ausspionieren, ist es wichtig, sich gegenseitig zu informieren, um rechtzeitig die Polizei zu verständigen.
WL (30.08.2024))
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