Auch in Jobcentern kann es zu gewalttätigen Übergriffen kommen
Auch in Jobcentern kann es zu gewalttätigen Übergriffen kommen

Beleidigungen, Drohungen, tätliche Angriffe

Gewalt in Jobcentern

Ob Polizeibeamte, Feuerwehrleute, Rettungskräfte oder Busfahrer – viele Menschen, die im Dienst der Öffentlichkeit stehen, sind zunehmend verbalen oder tätlichen Angriffen ausgesetzt. Eine Untersuchung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zeigt, dass auch die Gewalt gegen Beschäftigte in Jobcentern zunimmt. So war rund jeder vierte Mitarbeiter schon einmal Opfer von Beleidigungen, Drohungen oder auch tätlichen Übergriffen. Uwe Lehmensiek, Vorsitzender der Jobcenter-Personalräte, erklärt, welche Sicherheitsmaßnahmen bereits getroffen werden und in welchen Bereichen es Nachholbedarf gibt.

„Ich weiß, wo du wohnst…“

Die Palette der Aggressionen ist groß: Sie reicht von Beleidigungen, Bedrohungen, Sachbeschädigungen in Gegenwart von Beschäftigten bis hin zu tätlichen Angriffen gegen die Mitarbeiter. In den Jobcentern in Neuss und Rothenburg kam es sogar zu Morden – zwei Beschäftigte starben, nachdem sie von einem Klienten mit einem Messer tödlich verletzt wurden. „Natürlich kommen tätliche Angriffe wesentlich seltener vor als etwa Beleidigungen. Aber auch Beschimpfungen oder gar Bedrohungen sind für die Mitarbeiter eine große Belastung. Wenn jemand sagt: „Ich weiß, wo du wohnst“ oder „Ich kriege dich“ und derjenige dann nach Feierabend vor dem Büro wartet, dann ist das eine ernst zu nehmende Sache“, betont Uwe Lehmensiek. Die Gründe für Wut- oder Gewaltausbrüche sind vielfältig – das können etwa zu lange Wartezeiten im Jobcenter oder verweigerte Leistungen sein.

Über den Bildschirm Alarm auslösen

Um die Beschäftigten zu schützen, werden meist in den größeren Jobcentern Sicherheitskräfte im Eingangsbereich und auf den Fluren eingesetzt. Diese sollen dafür sorgen, dass es gar nicht erst zu Übergriffen kommt bzw. Angriffe schnell beendet werden können. Außerdem haben die Beschäftigten die Möglichkeit, über ihre Computertastatur einen Alarm auszulösen: Gibt es ein Problem, bekommen alle Mitarbeiter auf ihrem Bildschirm angezeigt, dass ein Kollege Hilfe benötigt. „Das funktioniert in der Regel sehr gut. Wird der Alarm ausgelöst, stehen kurze Zeit später zwei oder drei Kollegen in der Tür, die dabei unterstützen können, die Situation zu entschärfen“, so Lehmensiek. Der Experte betont aber auch: „Natürlich kann es nicht die eigentliche Aufgabe eines Sachbearbeiters sein, eine solche Sicherheitsfunktion zu übernehmen. Man könnte dabei schließlich selbst in Gefahr geraten. Die Mitarbeiter machen es aber trotzdem – aus Kollegialität.“ Eine ganz andere Art von Verhalten erfordert der Amok-Alarm, also eine Warnung vor einem Amokläufer. Wird dieser Alarm von einem Kollegen ausgelöst, gilt für alle: das Büro nicht verlassen und die Tür abschließen. Auch bauliche Veränderungen könnten dazu beitragen, dass sich Beschäftigte in Jobcentern sicherer fühlen. So könnten größere Büros mit einem zweiten Fluchtweg dafür sorgen, dass Mitarbeiter leichter entkommen können, sollten sie angegriffen werden. „Veränderungen dieser Art wären ebenfalls wichtig für die Sicherheit der Beschäftigten. Besonders den kleineren Jobcentern fehlen dazu aber meist die finanziellen Mittel“, weiß Lehmensiek.

Gesprächssituationen können schnell eskalieren

© Jeanette Dietl, fotolia

Deeskalation und Verhalten „nach Plan“

Mithilfe von Schulungen wie etwa Deeskalations-Übungen oder Trainings in Gesprächsführung sollen den Beschäftigten außerdem Möglichkeiten an die Hand gegeben werden, Situationen besser im Griff zu behalten. Mit der Polizei Aachen wurde außerdem das so genannte „Aachener Modell“ erarbeitet. Darin sind verschiedene Gefährdungsstufen definiert, aus denen wiederum entsprechende Reaktionspläne für Beschäftigte mit Kundenkontakt abgeleitet wurden: „Wie verhalte ich mich konkret in welcher Situation?“ Das Aachener Modell wird heute in vielen Jobcentern in Deutschland eingesetzt. Kommt es doch einmal zu einem Übergriff, sollten die Betroffenen dringend Anzeige sowohl bei der Polizei als auch bei der Unfallkasse erstatten. „Hier würde es helfen, wenn die Betroffenen nicht ihre Privatadresse angeben müssten, sondern die Adresse des Jobcenters ausreichen würde. Denn viele möchten nicht, dass der Täter die Möglichkeit hat, die private Adresse herauszufinden“, erklärt Lehmensiek. Über Supervision, psychologische Ersthelfer sowie weitergehende psychologische Betreuung sollen die Beschäftigten dabei unterstützt werden, das Geschehene zu verarbeiten. „Die Nachbetreuung spielt eine große Rolle dabei, ob der Betroffene nach einem Vorfall in seinen Job zurückkehrt. Viele tun dies – aber nicht alle. Manche möchten danach zum Beispiel keinen Posten mehr, bei dem sie Kundenkontakt haben.“

Beschäftigte dauerhaft entlasten

Wünschenswert sei beim Thema Gewalt, nicht nur die Symptome zu bearbeiten, sondern die Lage für alle Beteiligten generell zu verbessern. Es gebe sehr viele Vorschriften, die sowohl auf Seiten der Klienten als auch auf Seiten der Jobcenter-Mitarbeiter zu Unmut führten – hier könne einiges verschlankt und vereinfacht werden. „Die Beschäftigten in den Jobcentern sind oft völlig überlastet und stehen unter großem Stress. Das trägt mit Sicherheit mit dazu bei, dass sich Aggressionen auf beiden Seiten schneller Bahn brechen. Diesem Problem könnte man begegnen, indem man die Mitarbeiter durch mehr Personal entlastet. Dann könnten die Kolleginnen und Kollegen auch ganz anders auf die Menschen zugehen“, ist sich Uwe Lehmensiek sicher. SW (24.09.2015)

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