Fankurve 1. FC Köln
Fankurve 1. FC Köln

Sicherheit durch Service

„Fußball ist einfach ein Faktor in Köln, der nicht wegzudenken ist. Wir müssen uns also darum kümmern“, meint Volker Lange, der Leiter der Polizeiinspektion Köln-West. Als er im September 2010 die Verantwortung für die Einsätze der Polizei in Sachen Fußball in Köln übernahm, hat er erst einmal alle Routinen bei Polizeieinsätzen am Stadion des 1. FC Köln auf den Prüfstand gestellt.Ihm geht es um Sicherheit durch Service. Wenn die Fans vernünftig behandelt werden, sind die allermeisten zufrieden. Dafür muss man informieren und aufklären. Zum Beispiel einen Flyer erstellen und vorab über viele Informationskanäle verteilen, in dem vor einem Problemspiel der An- und Abreiseweg zum Stadion für alle Heim- und Gästefans dargestellt wird. „Ich möchte gerne die Problemfans von den normalen Fans trennen, so wie bei einer Demonstration auch“, meint Volker Lange: „Es wäre gut, wenn die Masse der friedlichen Fans den schwarzen Schafen keinen Schutz mehr bieten würde.“Ein Mittel zur Deeskalation ist die Reduzierung von Polizeieinsatzkräften. Bestimmte Fans werden in Köln gar nicht mehr von Beamten in Uniform begleitet, sondern beispielsweise durch das Sicherheitspersonal der Verkehrsbetriebe. Es sei nicht Sache der Polizei, zu entscheiden, wie viele Menschen in eine Straßenbahn passen und das Einsteigen der Menschen zu überwachen, meint Lange: Lange setzt auf Arbeitsteilung. Bei manchen Spielen setzt er nur noch halb so viele Beamte wie früher ein. Dafür bringen der Verein, die Bahn und die Verkehrsbetriebe mehr Personal und Know-how in ihren Bereichen ein. Lange findet das nur gerecht, denn diese Institutionen verdienten ja auch Geld mit dem Fußball: „Die Polizei ist nur noch für die sicheren Rahmenbedingungen zuständig.“

Niedrigschwelliger Dialog

Das Konzept baut auf niedrigschwelligen Dialog. Eine der Anregungen der Polizei wurde bereits vom Ordnungsdienst aufgegriffen, der in erster Linie im Stadion für die Sicherheit zuständig ist: Wenn jemand im Stadion gegnerische Fans aggressiv provoziert, dann machen die Ordner jetzt ein Foto von ihm und dieses Foto wird dem Fan spätestens beim nächsten Stadionbesuch gezeigt. Wenn er sich dann sieht, wie er gerade einen gegnerischen Fan provoziert, dann kommt oft als erstes eine Abwehrreaktion. Der Fan meint, er dürfte gar nicht fotografiert werden. „Aber das ist rechtlich alles sauber“, weiß Volker Lange. Der Ordnungsdienst macht dem Fan dann klar, dass man ein solches Verhalten von ihm nicht mehr im Stadion sehen will. Der Verein verfügt gegenüber Dauerkartenbesitzern über einige Druckmittel: Wenn der Fan keine Einsicht zeigt, kann er ihn an einen weniger attraktiven Platz im Stadion umsetzen oder ihn für die kommende Saison von der Dauerkartenliste streichen. 

  

POR Volker Lange

© Polizei Köln

Schwieriger Kontakt zu den Ultras

Die momentan tonangebende Gruppe unter den Fans, die sich ihrem Verein mit Leib und Seele verschrieben haben, sind die Ultras. Auch mit ihnen sucht die Kölner Polizei das Gespräch. Volker Lange hat sich auch bei den Kapos der Ultras vorgestellt, das sind die Einpeitscher, die mit dem Rücken zum Spiel auf dem Zaun sitzen und die Fangesänge und -choreographien ansagen.„Ich habe Druck aufgebaut, indem ich einem Kapo einer großen Ultra-Gruppierung eine Mail an seinen Dienststellen-Account geschrieben habe. Der ist bei einer großen Kommune als Beamter tätig. Der hat mir zwar nicht geantwortet, aber über Dritte weiß ich, dass ihn das zum Nachdenken gebracht hat. Und das ist genau unser Ziel. Die Leute sollen über ihr Tun nachdenken und nicht im Fluss der Masse einfach gedankenlos mitlaufen.“ Das sind beispielsweise 14- bis 16-Jährige, die einfach mitmachen, weil sie es aufregend finden: „Wenn man mit denen unter vier Augen spricht, dann wissen sie gar nicht, warum sie das gemacht haben“, meint der erfahrene Polizist.

Eventorientierte Gewaltausbrüche

Im Bundesligafußball gibt es zahlreiche aktive Fanclubs, die im Stadion für Stimmung sorgen. Einige wenige Fans sind gewaltbereit. Das ist erstmal eine gute Nachricht: „Aber es gibt immer Leute, die eventorientiert bei Gewaltausbrüchen mitmachen, und zwar aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten“, berichtet Volker Lange: „Ich habe sogar einmal unter den Fans des MSV Duisburg sogar zwei Polizisten festgenommen, die des Landfriedensbruchs und der Gewalt gegen Polizisten beschuldigt wurden. Wir haben Architekten, Rechtsreferendare, wir haben Bundeswehrsoldaten, Arbeitslose, wir haben Perspektivlose, wir haben hier alles im Angebot.“Im Umgang mit den Ultras sieht Volker Lange beide Seiten in der Pflicht: „Die Ultras sollen zum Erhalt der Fankultur beitragen, sie sollen ihren Support machen.“ Er möchte, dass die Ultras sich auf ihre Fankultur konzentrieren und nicht die Auseinandersetzung mit der Polizei suchen. Aber auch die Polizei selbst soll ihnen durch ihr eigenes Verhalten keinen Anlass zur Kritik geben.

Harte Linie gegen Gewalttäter

Die Kölner Polizei führt über alle Fans, die durch Gewalttätigkeit aufgefallen sind, eine Vita: In der steht, wie häufig sie aufgefallen sind, und was sie konkret gemacht haben. Vor dem Risikospiel Köln gegen Mönchengladbach hat die Kölner Polizei den Kollegen dort 106 dieser Kurzbeschreibungen geschickt. Die Polizei in Mönchengladbach hat dann für 104 der 106 Personen ein „Bereichsbetretungsverbot“ verhängt. Das ist eine schriftliche Verfügung der Polizei Mönchengladbach, die an die Privatanschrift der Personen geht. Sie werden darin informiert, dass sie nach Polizeigesetz an diesem Tag Mönchengladbach nicht betreten dürfen.Ein anderes Beispiel: Als sich 44 Leute vom „Nordsturm“, einer Rechtsradikalentruppe aus Bremen, zur Randale am Rand eines Fußballspiels in Köln verabredet hatten, hat die Kölner Polizei sie in einem Brauhaus in Köln festgenommen. „Die Gewalttäter hatten Zahnschutz im Mund, Schienbeinschoner und die entsprechenden Handschuhe“, berichtet Volker Lange. Die Männer wurden bis Spielende festgehalten. Derweil wurde ihr Bus durchsucht und abends von den Kölner Polizeikräften bis zur Landesgrenze begleitet. „Die Leute haben jetzt alle ein bundesweites Stadionverbot bekommen“, stellt Volker Lange fest: „Wenn wir die kriegen und die merken, wir stören sie, dann haben wir etwas erreicht.“

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