Die Daten zu jeder angemeldeten Waffe in Deutschland werden nun nach einer EU-Richtlinie im nationalen Waffenregister gespeichert.
Die Daten zu jeder angemeldeten Waffe in Deutschland werden nun nach einer EU-Richtlinie im nationalen Waffenregister gespeichert.

Die neuen Waffen- und Waffenregistergesetze

Waffenbesitz in Deutschland

4.454 Mal wurde im Jahr 2020 in Deutschland mit einer Waffe im Zusammenhang mit einer Straftat geschossen, in weiteren 4.370 Fällen wurde zumindest mit einer Schusswaffe gedroht. Das ergibt sich aus dem „Waffenkriminalität Bundeslagebild 2020“, das vom Bundeskriminalamt erstellt wurde. Im gleichen Jahr wurden das deutsche Waffengesetz (WaffG) und das Waffenregistergesetz (WaffRG) aktualisiert. Die Gesetzesänderungen sind auch vor dem Hintergrund rechtsextremer Gewalt in Deutschland entstanden.

Kontrollpflicht des Staates

Die Zahlen zum Schusswaffengebrauch sind seit einigen Jahren rückläufig. So verringerten sich die Zahlen bei den Schussabgaben um 4 Prozent und um minus 3,1 Prozent bei den Drohungen mit Schusswaffen im Vergleich zu 2019. Ganz anders stellt sich die Situation in den USA dar: Dort ist allein die Zahl der durch Schusswaffen getöteten Menschen von 15.462 im Jahr 2019 auf 19.478 im Folgejahr gestiegen (Quelle: Statista). Das entspricht einer Steigerung von mehr als 25 Prozent. In Deutschland befinden sich laut einer Erhebung bei den 541 Waffenbehörden 5,4 Millionen Waffen in Privatbesitz. Auf dem Land gibt es mehr Waffen als in der Stadt. Rund 1,4 Millionen Menschen besitzen einen Waffenschein. Die Aufgabe des Staates ist es, genau hinzuschauen, wer eine Waffe besitzen und zu welchen Zwecken er sie benutzen darf. Das Waffengesetz (WaffG) regelt den Umgang mit Waffen. Dazu gehört der Erwerb, die Lagerung, der Handel, der Besitz und die Instandsetzung von Klingen- und Schusswaffen sowie der Munition. Wichtige Neuerungen im Waffenrechtsänderungsgesetzes (3. WaffRÄndG) betreffen die Zuverlässigkeitsprüfung, bei der in Zukunft der Verfassungsschutz mit einbezogen werden soll, sowie die Verpflichtung an die Hersteller, alle Waffenbestände ins Nationale Waffenregister zu übertragen und jeden Besitzerwechsel zu melden. Diese Verschärfungen erfolgten, damit zum Beispiel rechtsextreme Gewalttäter nicht in den Besitz von Schusswaffen gelangen.

Bessere Zusammenarbeit der Behörden

Ein Beispiel für eine rechtsextreme Gewalttat mit einer Schusswaffe ist etwa der Mord an den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni 2019. Der Täter Stephan E. hatte seine Waffe von einem Freund erhalten, der mit ihm auch das Schießen geübt hatte. Dieser Freund, Markus H., besaß eine Waffenbesitzkarte, die er aber erst im zweiten Anlauf erhalten hatte. Im Jahr 2012 lehnte die Waffenbehörde der Stadt Kassel seinen Antrag auf eine Waffenbesitzkarte zunächst ab, da er seit Jahren der Kasseler Neonaziszene angehören würde. Dagegen klagte Markus H. und bekam vor dem Kasseler Verwaltungsgericht Recht. Das Gericht sah keine Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Waffengesetzes. Der in diesem Zusammenhang angefragte hessische Verfassungsschutz hatte entsprechende Erkenntnisse zu Markus H. nicht an die Waffenbehörde weitergeleitet. Nach der neuen Gesetzeslage wird bei Mitgliedern einer verfassungsfeindlichen Vereinigung von einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit ausgegangen. Diese Menschen können dann keine Waffenbesitzkarte mehr erhalten. Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei bewertet deshalb das 3. WaffRÄndG positiv: „Reichsbürgern und anderen Extremistinnen muss der Zugang zu Waffen so schwer gemacht werden, wie möglich. Keinesfalls dürfen Menschen, die in der Vergangenheit bereits einschlägig auffällig geworden sind, in den Besitz legaler Waffen gelangen. Daher ist es gut und richtig, dass die zuständigen Behörden vor Erteilung oder Änderung von Waffenbesitzkarten nunmehr bei den Verfassungsschutzbehörden abfragen, ob dort Informationen vorliegen, wonach jemand aufgrund möglicher extremistischer politischer Einstellungen als waffenrechtlich unzuverlässig gelten muss. Dass die Mitgliedschaft in einschlägigen verfassungsfeindlichen Gruppierungen – selbst, wenn diese noch nicht formal verboten sind – ebenfalls zu einer waffenrechtlichen Regelunzuverlässigkeit führt, halten wir auch für zweckdienlich.“ Weitere Änderungen des Gesetzes beziehen sich auf Deko- und Salutwaffen. Damit sind unbrauchbar gemachte Schusswaffen beziehungsweise Schusswaffen gemeint, die so umgebaut wurden, dass sie nur noch Kartuschenmunition, also Platzpatronen, abfeuern können. Sie müssen allerdings den Waffenbehörden angezeigt werden. Die Salutwaffen fallen künftig in die waffenrechtliche Kategorie, der sie vor ihrem Umbau angehörten. Außerdem verbietet das Gesetz nun große Magazine mit mehr als 20 Patronen für Kurz- und 10 Patronen für Langwaffen.

Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei

© GdP

Internet als Waffenbörse

Ein weiteres Problem ist der Handel mit illegalen Waffen, die meist aus ehemaligen Kriegs- und Krisenregionen kommen. So schätzt das Auswärtige Amt, dass allein in der westlichen Balkanregion bis zu sechs Millionen Kleinwaffen im Umlauf sind. Der international organisierte Waffenhandel nutzt vor allem das Internet als Vertriebsweg. Soziale Netzwerke und Messengerdienste spielen hier eine immer wichtigere Rolle. Doch auch wenn das auf Anonymisierung ausgelegte Darknet mit seinen kaum überschaubaren Inhalten eine echte Herausforderung für die Ermittlungsbehörden darstellt, so ist es doch in der letzten Zeit durch polizeiliche Maßnahmen gelungen, einige Marktplätze zumindest zeitweise stillzulegen.

Eindeutige Identifikation

Mitunter verschafft sich auch die rechtsextreme Szene Waffen aus den Balkanländern. So wurde im Juli 2020 in Kroatien ein 48-jähriger Deutscher aufgrund eines internationalen Haftbefehls festgenommen. Er soll unter anderem Personen aus dem rechtsextremen Spektrum, der Reichsbürger- und der Rockerszene illegal mit Waffen aus Kroatien versorgt haben. Um den Handel mit illegalen Waffen einzudämmen, wurde zeitgleich mit dem Waffengesetz auch das Waffenregistergesetz aktualisiert. Jeder Waffenbesitzer bekommt nun eine 21-stellige persönliche ID für das Nationale Waffenregister. Jäger- und Sportschützen erhalten zusätzlich eine Erwerbs-ID, die von den Ämtern in die jeweiligen Waffenbesitzkarten eingestempelt wird. Auch alle Schusswaffen und wesentlichen Waffenteile erhalten eine ID-Nummer. Das führende wesentliche Waffenteil bei Langwaffen ist das Gehäuse und bei Kurzwaffen das Griffstück. Weitere wesentliche Waffenteile sind beispielsweise der Lauf und der Verschluss oder Verschlusskopf. Beim Ver- und Ankauf von Waffen müssen alle Identifikationsnummern des Käufers und des Verkäufers sowie der Waffen und Waffenteile bekannt sein. Sie müssen im Kaufvertrag festgehalten werden. Der Handel mit illegalen Waffen soll durch diese Maßnahmen extrem erschwert werden. Oliver Malchow dazu: „Dass nun auch sogenannte „wesentliche Teile“ identifiziert, dokumentiert und im Nationalen Waffenregister II hinterlegt werden müssen, ist ein Schritt, den wir sehr begrüßen. Zukünftig ist aber durchaus zu überlegen, ob und wenn ja welche weiteren waffenrechtlichen Möglichkeiten denkbar wären, um den illegalen Handel mit Waffen und Waffenteilen noch effektiver einzudämmen.“

TE (26.11.2021)

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