Die Polizisten erwischen Autofahrer aller Altersgruppen
Die Polizisten erwischen Autofahrer aller Altersgruppen

Ein Seminar des LAFP NRW bereitet Polizisten auf Realkontrollen vor

Bekifft im Straßenverkehr? Kein Einzelfall

Kiffen ist in Deutschland in den meisten Fällen verboten. Dennoch ist Cannabis laut Polizeilicher Kriminalstatistik das am häufigsten konsumierte Rauschmittel. Das ist nicht nur gesundheitsgefährdend, sondern kann auch gefährlich werden – vor allem, wenn sich die Konsumenten anschließend ans Steuer setzen. Denn Fahrten unter dem Einfluss von illegalen Drogen oder unter Einfluss von Alkohol sind keine Seltenheit. Um Polizistinnen und Polizisten zu schulen, wie sie mit solchen Verkehrsteilnehmern bei Kontrollen umgehen, führt das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten in Nordrhein-Westfalen (LAFP NRW) Seminare zum Thema „Drogen im Straßenverkehr“ durch. Das theoretische Wissen wird unter fachkundiger Anleitung bei Realkontrollen direkt angewendet. Polizeioberrat Harald Mertens ist als Dezernatsleiter beim LAFP NRW für die Durchführung der Seminare zuständig.

Herr Mertens, welche Bedeutung hat für Sie Drogenmissbrauch im Straßenverkehr und wie bereiten Sie in Ihren Seminaren Polizeibeamtinnen und -beamte auf Realkontrollen vor?

Das Thema muss sehr ernst genommen werden. Im Jahr 2016 wurden in Nordrhein-Westfalen beim Alkohol rund 13.000 Fälle gezählt. Im Bereich Drogen im Straßenverkehr lag die Zahl mit rund 16.000 Fällen sogar noch wesentlich höher. Es werden mittlerweile mehr Drogenfahrten von der Polizei gezählt als Fahrten unter Alkoholeinfluss. Deshalb fangen wir bereits in der Ausbildung von Kommissaranwärtern früh mit diesem Thema an. Einerseits um die rechtliche Einordnung zu vermitteln und wie die Beamtinnen und Beamten feststellen können, ob jemand alkoholisiert oder unter Einfluss von Drogen am Straßenverkehr teilnimmt. Es ist also schon Bestandteil der Ausbildung, bevor die Polizisten in den Streifendienst gehen. Darüber hinaus gibt es mit den Aufbaufortbildungen beim LAFP NRW deutlich intensivere Seminare in Verbindung mit Realkontrollen, um Theorie und Praxis miteinander zu verzahnen.

§ 24a StVG (Auszug): Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 3.000 Euro geahndet werden.

Was lernen die Polizistinnen und Polizisten in den Seminaren zum Thema „Drogen im Straßenverkehr“ und an welche Zielgruppe richtet sich dieses Fortbildungsangebot?

In den Seminaren sind ausgebildete Polizeibeamte mit entsprechender Diensterfahrung, die bereits einige Jahre im Streifendienst sind. Der Altersdurchschnitt geht von jung bis alt. Wir vertiefen dort nochmal die Rechtsgrundlagen, behandeln das Vorgehen bei Urin- und Speicheltests und erklären, wie sich am Verhalten des Verkehrsteilnehmers ein potenzieller Drogenkonsum erkennen lässt.

§ 316 StGB Trunkenheit im Verkehr (1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315d) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist. (2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

Wie häufig führen Sie im Rahmen des Seminars Realkontrollen durch?

Wir sind nahezu jede Woche unterwegs. Dabei führen wir Kooperationen mit unterschiedlichen Kreispolizeibehörden durch. In jedem Seminar findet eine Verkehrs- und Drogenkontrolle zusammen mit einer Kreispolizeibehörde statt. Die Kolleginnen und Kollegen können dort sofort ausprobieren, was sie im Seminar gelernt haben. Dieses Vorgehen hat sich durchaus bewährt und wir haben das auch wissenschaftlich evaluieren lassen. Die Ergebnisse bestätigen, dass unsere Veranstaltungen eine nachhaltige Wirkung bei den Polizeibeamtinnen und -beamten im Erkennen von Drogen im Straßenverkehr haben. So erhöhen wir auch die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Verkehrsunfallaufnahme die Beamtinnen und Beamten besser feststellen können, ob ein Verkehrsteilnehmer unter Drogen gestanden hat oder nicht. Gerade bei den Verkehrsunfällen muss die Drogenerkennung noch besser werden. Deshalb sind die Polizistinnen und Polizisten bei einem fünftägigen Seminar in der Regel an einem kompletten Tag beim Kontrolleinsatz. Trotzdem ist es bei der Unfallaufnahme nicht einfach, den Konsum von Drogen zu erfassen. Ein Schock kann die Einschätzung beispielswiese deutlich erschweren. Generell würde ich mir wünschen, dass die Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von Drogen noch stärker geächtet wird.

POR Harald Mertens, LAFP NRW

© LAFP NRW

Welche Personengruppen erwischen Sie am häufigsten mit Drogen am Steuer und an welchen Indizien können die Verkehrspolizisten erkennen, dass jemand unter Drogeneinfluss unterwegs ist?

Im Grunde treffen wir alle Bevölkerungsschichten an. Das kann man nicht an Altersgruppen, Berufen oder Sonstigem festmachen. Natürlich ist die Präferenz für bestimmte Drogen in den Altersgruppen unterschiedlich. Junge Menschen haben häufig einen starken Bezug zu Cannabis. Sie finden jedoch in allen Schichten und Berufsgruppen Drogenkonsumenten, die am Straßenverkehr teilnehmen. Das wollen wir natürlich verhindern und bekämpfen. Der Alkoholkonsum wird in der Regel schon am Fahrverhalten und am Alkoholgeruch festgestellt. Auch die Umstände der Kontrolle und bestimmte Indizien können einen Hinweis auf einen möglichen Drogenkonsum geben.

§ 315c StGB (Auszug): Wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Auch der Versuch ist strafbar.

Welche Strafen drohen Menschen, die unter Drogeneinfluss fahren?

Bei einem Ordnungswidrigkeitsverfahren drohen bis zu 500 Euro Bußgeld. Sollten wir den Verkehrsteilnehmer wiederholt beim Fahren unter Drogeneinfluss erwischen, dann kann ein Bußgeld bis zu 1.500 Euro fällig werden. Zudem drohen ein Monat Fahrverbot sowie zwei Punkte in Flensburg beim ersten, zweiten und dritten Mal. Nach wiederholtem Verstoß kann die Fahrerlaubnis entzogen werden und es kann zu einer Freiheitsstrafe kommen. Wer erwischt wird, muss auch die Kosten für die Blutuntersuchung übernehmen. Die Kosten für das Strafverfahren sind hingegen einkommensabhängig. AL (30.06.2017)

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