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Fünf Jahre E-Scooter

E-Scooter sollten den Stadtverkehr klimafreundlicher machen – und sind inzwischen ebenso beliebt wie verhasst. Die ersten Fahrzeuge wurden im Juni 2019, also vor fünf Jahren, in Deutschland zugelassen. Während viele Städte und Verleihfirmen E-Scooter inzwischen stärker regulieren, steigen die Unfallzahlen weiter. Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist das Jubiläum daher kein Grund zu feiern. Haben E-Scooter dennoch ihre Berechtigung im urbanen Mobilitäts-Mix?

Eine Zwischenbilanz


Ein Ärgernis für viele Fußgänger: E-Scooter, die überall achtlos herumliegen

© fottoo / stock.adobe.com

 

E-Scooter sollten den Stadtverkehr klimafreundlicher machen – und sind inzwischen ebenso beliebt wie verhasst. Die ersten Fahrzeuge wurden im Juni 2019, also vor fünf Jahren, in Deutschland zugelassen. Während viele Städte und Verleihfirmen E-Scooter inzwischen stärker regulieren, steigen die Unfallzahlen weiter. Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist das Jubiläum daher kein Grund zu feiern. Haben E-Scooter dennoch ihre Berechtigung im urbanen Mobilitäts-Mix?

Steigende Unfallzahlen

Sie blockieren Gehwege, Plätze, Haltestellen und Parkwege. Sie werden oft regelwidrig und rücksichtslos gefahren: auf Gehwegen schnell und dicht an Gehenden vorbei, betrunken, zu zweit oder zu dritt, dicht an Haustüren und Ecken. Auch auf Radwegen und Fahrbahnen werden immer wieder Grundregeln missachtet. Außerdem sind immer wieder Kinder auf E-Scootern unterwegs, die dieses Fortbewegungsmittel eigentlich noch gar nicht nutzen dürften. Seit fünf Jahren sind E-Scooter auf deutschen Straßen unterwegs – und spalten nach wie vor die Gesellschaft. Von allen für den Straßenverkehr zugelassenen E-Scootern befinden sich rund 45 Prozent im Privatbesitz. Der Rest sind Leihroller, die immer wieder für Schlagzeilen sorgen, da sie häufig falsch abgestellt werden oder in Unfälle verwickelt sind. Vor allem junge Nutzer, die noch keine Führerscheinprüfung gemacht haben, gehen oft verantwortungslos mit den geliehenen E-Scootern um. Unfallforscher ziehen für das vergangene Jahr erneut eine negative Bilanz: Die Unfallzahlen sind 2023 nach Angaben des Statistischen Bundesamts um 14,1 Prozent gegenüber 2022 gestiegen. Besonders besorgniserregend ist die Verdoppelung der Todesfälle von 10 (2022) auf 22 in 2023. „Die Unfallzahlen sind alarmierend“, beklagt auch der GdP-Verkehrsexperte und stellvertretende Bundesvorsitzende Michael Mertens. „Hier ist zu lange zu viel nicht geregelt worden. Dringend muss zum Beispiel darauf hingewirkt werden, dass auf E-Scootern Helme getragen werden. Aus GdP-Sicht darf eine Helmpflicht kein Tabu sein! Wir sind auch der Meinung, dass diese Fahrzeuge Bremsleuchten haben müssen, um das Risiko von Auffahrunfällen zu senken.“ Zu den häufigsten Unfallursachen zählen nach Angaben von Unfallforschern die falsche Benutzung der Fahrbahn sowie der Konsum von Alkohol: In 18,6 Prozent der Fälle wurden demnach die Fahrbahn oder Gehwege nicht vorschriftsmäßig benutzt, in 18 Prozent waren die Fahrer alkoholisiert. Michael Mertens: „Das Steuern von E-Scootern unter Alkohol- und Drogeneinfluss bleibt ein Riesenproblem. Und zwar eines, dass jetzt durch die Cannabis-Legalisierung sogar noch größer wird.“ Viele Verleihfirmen bieten mittlerweile Reaktionstests an, um etwa alkoholisierte Kundinnen und Kunden vom Fahren abzuhalten. An bestimmten Tagen und zu bestimmten Uhrzeiten müssen sie vor dem Freischalten in einer vorgegebenen Zeit auf Aktivitäten auf dem Bildschirm reagieren. Die App misst dann die Reaktionszeit und soll so einen Hinweis über die Fahrtauglichkeit geben. In der Regel ist eine Ausleihe jedoch auch möglich, wenn der Test nicht bestanden wird. Am Ende liegt die Kontrolle also weiterhin bei der Polizei. Immer wieder verunglücken außerdem Fahrerinnen und Fahrer, die unerlaubt zu zweit auf einem E-Scooter unterwegs sind. Das Bußgeld für solche Verstöße liegt derzeit bei 10 Euro. „Das Verwarngeld bei Mitnahme einer weiteren Person auf einem E-Scooter sollte erhöht werden – am besten auf den aktuellen Höchstbetrag von 55 Euro“, fordert Michael Mertens. „Hier kann sich niemand herausreden, so etwas sei ,aus Versehen‘ passiert.“

Stärkere Regulierung in den Kommunen

Um die Sicherheit für die Fahrerinnen und Fahrer zu erhöhen, fordern Sharing-Anbieter eine bessere Infrastruktur in den Städten – etwa durch den Ausbau von Radwegen und mehr Stellflächen für geparkte Roller. Denn grundsätzlich sehen sich Verleihfirmen für den Mietvorgang und die Sicherheit der Fahrzeuge in der Verantwortung, nicht jedoch für das regelwidrige Fahr- und Parkverhalten einzelner Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer. Erste Reglementierungen werden bereits umgesetzt. In Nürnberg können E-Scooter seit Mai 2024 in weiten Teilen der Stadt nur noch auf speziellen Flächen abgestellt werden. Nur wenn die Roller auf einem dieser gekennzeichneten Parkplätze abgestellt werden, lässt sich der Verleihvorgang beenden. Ansonsten läuft die Uhr weiter. Und das kann für die Nutzer richtig teuer werden: Sie müssen zahlen, bis sie das Gefährt ordnungsgemäß geparkt haben. Auch Städte wie Heilbronn, Heidelberg, Augsburg, Frankfurt, München und Köln gehen mittlerweile gegen das Wildparken vor und haben feste Parkzonen in der Innenstadt eingerichtet. In Frankfurt können Bürgerinnen und Bürger falsch geparkte E-Roller über die „Falschparker App“ den Anbietern melden. Andere Kommunen reagieren auf die steigenden Unfälle sowie das Wildparken mit Sonderregeln. So hat Berlin eine Obergrenze von 19.000 Leih-E-Scootern eingeführt und eine Sondernutzungsgebühr von 36 Euro pro Jahr und E-Scooter eingeführt. Gelsenkirchen hingegen sorgte mit der Einführung eines „ID-Checks“ für Aufsehen: Die Stadt hatte von den Verleihfirmen verlangt, dass sie die Identität ihrer Nutzer feststellen müssen. Die Anbieter hatten sich dagegen gewandt, scheiterten aber in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren vor dem Verwaltungsgericht. Letztendlich haben die Verleihbetriebe die Stadt verlassen. „Insgesamt ist in den Kommunen ein Trend zu einer zunehmenden Regulierung in diesem Bereich zu beobachten“, heißt es vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Vielfach würden konkrete Kontingente oder Fahrverbotszonen für Leih-E-Scooter vorgegeben. Seit kurzem dürfen E-Scooter aufgrund der möglichen Brandgefahr durch die verbauten Akkus in einigen Städten, darunter Hamburg, München und Leipzig, außerdem nicht mehr in öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert werden.

Immer mehr Städte errichten Parkzonen für E-Scooter (hier in Augsburg)

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Bislang kein Umweltgewinn

Das große Versprechen der E-Scooter bestand darin, den Anteil des Autoverkehrs in den Städten zu reduzieren. Verschiedene Studien und Untersuchungen, unter anderem vom Umweltbundesamt, zeigen jedoch: In der Realität ersetzen E-Scooter-Fahrten oft den umweltfreundlicheren Fuß- und Radverkehr oder den ÖPNV. Zudem ist die Lebensdauer der Leih-Roller kurz – die Umweltkosten hingegen hoch. Denn E-Scooter erzeugen bei ihrer Herstellung hohe CO₂-Emissionen. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts vom Herbst 2022 kam zwar zum Ergebnis, dass E-Scooter in der Theorie tatsächlich den Netto-Treibhausgasausstoß in Städten verringern können. Allerdings geschehe das durch Radfahren noch effizienter. Und wenn E-Scooter lediglich Fußwege ersetzen oder zu reinen Spaßfahrten genutzt werden, helfe das dem Klima wenig.

Noch viel Luft nach oben

Auch wenn es nach wie vor viel Kritik hagelt, bleibt die Nachfrage nach E-Scootern stark. Die Branche ist weiterhin davon überzeugt, dass E-Scooter einen wertvollen Beitrag zum Mobilitäts-Mix der Gegenwart und Zukunft leisten – vor allem als Alternative für Kurzstrecken oder zur Überbrückung der sogenannten „letzten Meile“. Branchenkenner sind der Meinung: Auf lange Sicht betrachtet sind fünf Jahre noch keine besonders lange Zeit und das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft. Und: Wenn E-Scooter in Zukunft mehr Autofahrten ersetzen könnten, haben sie grundsätzlich durchaus das Potenzial, Mobilität nachhaltiger zu gestalten. Verkehrsclubs wie der ADAC und ACE unterstützen deshalb den Ausbau und die Modernisierung der Radfahrinfrastruktur und das Abstellen an ausgewiesenen Stellflächen. „E-Scooter gehören längst zur Verkehrswirklichkeit unserer Zeit, aus dem Straßenbild größerer Städte sind sie nicht mehr wegzudenken“, findet auch Michael Mertens. Ein großes Problem sieht die Gewerkschaft der Polizei in der ausgedünnten polizeilichen Verkehrsüberwachung, die aufgrund von Personalmangel bis heute nur eingeschränkt möglich ist. „Wir als GdP begrüßen, dass sich einige Verleiher sehr konsequent positionieren. Letztendlich helfen aber nur stärkere Kontrollen, dafür braucht die Polizei Personal“, so das Fazit des GdP-Verkehrsexperten.

KF (25.10.2024)

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