Was passiert mit Social Media-Accounts nach dem Tod eines Menschen?
Was passiert mit Social Media-Accounts nach dem Tod eines Menschen?

Wer erbt meine Daten?

Der digitale Nachlass

Seit dem 12. Juli 2018 steht fest, dass Facebook-Konten vererbbar sind. So lautet das Urteil zu einem jahrelangen Rechtsstreit am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Eltern eines verstorbenen Mädchens hatten geklagt, weil Facebook ihnen den Zugang zu dem Account ihrer Tochter verwehrt hatte. Das soziale Netzwerk hatte das Konto nach dem Tod des Mädchens in den „Gedenkzustand“ versetzt, was den Eltern den Zugriff auf Konto-Inhalte wie private Nachrichten verweigerte. Facebook begründete das damit, dass Chatpartner darauf vertrauen würden, dass die Nachrichten privat bleiben. Die Richter in Karlsruhe sahen das jedoch anders und entschieden: Facebook-Konten gehören ebenso wie Tagebücher zum Nachlass einer verstorbenen Person und gehen damit automatisch an die Erben über.

Was gehört zum digitalen Nachlass?

Der Rechtsstreit um die Vererbung von Facebook-Konten hat in den letzten Jahren viele Fragen zum digitalen Erbe aufgeworfen. Insgesamt besteht der digitale Nachlass aus dem gesamten Datenbestand einer verstorbenen Person in allen informationstechnischen Systemen. „Die Größe unseres digitalen Erbes ist uns oft gar nicht so bewusst. Dazu können im Grunde alle Services gehören, bei denen man sich einmal registriert hat, angefangen bei E-Mail-Accounts über Konten in sozialen Netzwerken, Cloud-Inhalte, Internetbestellungen, Krypto-Währungen wie Bitcoins bis hin zu Smart-Home-Funktionen“, erklärt Dr. Stephanie Herzog, Fachanwältin für Erbrecht. Bei physischen Gegenständen und Hardware sei der Fall bislang wesentlich klarer als bei Daten: „Durch eine Wohnung können Sie einfach so durchlaufen. Bei Daten auf einem Computer ist das allerdings nicht so einfach.“

Den digitalen Nachlass präzise dokumentieren

Insgesamt bewertet Stephanie Herzog das BGH-Urteil zur Vererbung von Facebook-Konten positiv: „Ich bin mehr als zufrieden, dass der BGH so entschieden hat. Wenn Facebook-Konten an die Erben übergehen, dann dürfte das gleiche erst recht für E-Mails, sonstige Cloud-Inhalte und weitere Accounts gelten.“ Bislang war das bei vielen Onlinediensten nicht eindeutig geregelt. Aber was passiert, wenn man als Erbe zwar die Zugriffsrechte erhält, aber keine Passwörter und Zugangsdaten vom Verstorbenen hat? Den digitalen Nachlass eines Menschen einfach zu ignorieren, ist nicht ratsam: Laufende Verträge gehen in der Regel auf die Erben über. Wer also keine kostspieligen Überraschungen erleben möchte, muss nach bestehenden Verträgen und kostenpflichtigen Mitgliedschaften suchen und diese kündigen. Um Erben Schwierigkeiten bei der Abwicklung des digitalen Nachlasses zu ersparen, empfiehlt Stephanie Herzog, alle Passwörter und Zugangsdaten möglichst präzise zu dokumentieren und sicher aufzubewahren. „In eine Vorsorgevollmacht oder ein Testament gehört der Name der Person, der das Erbe vermacht wird. Die tatsächliche Liste mit dem digitalen Nachlass gehört auf einen separaten Zettel. Schließlich stand in Testamenten bisher auch nicht der Code zum Safe“, erklärt Herzog.

Dr. Stephanie Herzog

Fachanwältin für Erbrecht, © Peter Korn-Hornung

Erben bedeutet Verantwortung

„Es geht bei der Nachlassabwicklung nicht darum, sich zu freuen, dass man geerbt hat. Es geht vielmehr darum, dass bestehende Rechtsverhältnisse abgewickelt, Rechnungen bezahlt und Dauerschuldverhältnisse gekündigt werden müssen. Insofern ist Erben auch Arbeit und Verantwortung“, betont Stephanie Herzog. Dafür benötigen Erben einen Erbschein, ein öffentliches Testament mit Eröffnungsprotokoll oder ein europäisches Nachlasszeugnis. Bei ausländischen Dienstleistern kann es auch sein, dass eine beglaubigte Übersetzung erforderlich ist. Von Unternehmen, die kommerziell für die Abwicklung des digitalen Nachlasses werben, rät die Anwältin ab: „Diesen Unternehmen fehlt der Unterbau. Geht ein Unternehmen insolvent, kann die weitere Nachlassabwicklung nicht mehr gewährleistet werden. Beim Notar oder beim Rechtsanwalt wird so etwas hingegen staatlich abgefangen und die Verantwortung weitergegeben.“

Auswirkungen des BGH-Urteils

Auch wenn das BGH-Urteil positiv zu bewerten ist, bleiben die weiteren Auswirkungen erst einmal abzuwarten. Laut Stephanie Herzog ist aber nicht auszuschließen, dass Provider möglicherweise versuchen könnten, durch Änderungen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen doch wieder Einschränkungen zu erreichen. Für die Eltern, die geklagt hatten, bedeutet das Urteil allerdings in erster Linie Klarheit: Denn sie erhoffen sich nun, in den privaten Facebook-Nachrichten ihrer verstorbenen Tochter Antworten auf ihre Todesumstände zu finden. Im Jahr 2012 war das Mädchen in Berlin vor eine U-Bahn gestürzt. Ob es sich um ein Unglück oder um Suizid handelte, ist bis heute nicht geklärt. Insgesamt hat der Fall einen großen Teil dazu beigetragen, dass die Bevölkerung stärker für das Thema sensibilisiert wurde. „Ich denke trotzdem, dass noch sehr viel mehr Aufklärungsarbeit erfolgen muss. Das Bewusstsein dafür, wie viel beim digitalen Nachlass zu regeln ist, ist noch nicht bei allen ausreichend vorhanden“, so Herzog. Sie vermutet, dass das vor allem daran liegt, dass für viele Menschen nichts ferner ist, als der eigene Tod und sie oft gar nicht wissen, wo sie sich überall registriert haben: „Insgesamt müssen viele wohl auch noch einen guten Umgang mit den neuen Medien erlernen.“ FL (31.08.2018)

Weitere Präventionsprojekte in Bayern

Polizei Oberfranken seit 20 Jahren in der Präventionsarbeit aktiv

„Unsere Stadt gemeinsam gegen Drogen“

Das Projekt „Unsere Stadt gemeinsam gegen Drogen“ wurde von der Polizei Oberfranken im Jahr 1995 in den Städten Hof, Selb, Kronach, Kulmbach,…

| mehr

Das Suchtpräventionsprojekt „HaLT“ in Erlangen

Diagnose Alkoholvergiftung

Immer mehr Kinder und Jugendliche müssen wegen einer Alkoholvergiftung behandelt werden. 2012 kamen rund 26.700 Kinder und Jugendliche im Alter von 10…

| mehr

Das Präventionsprojekt „Sport statt Drogen“ in Cham

Nicht nur abschrecken, sondern aufklären

Synthetische Drogen wie Crystal Meth breiten sich in Deutschland immer weiter aus. Betroffen sind vor allem die Grenzregionen in Tschechien.

| mehr

Das Projekt „Mindzone“ in Hof

Suchtprävention im Partymilieu

Ob Ecstasy, Speed, Kokain oder Crystal Meth – viele Jugendliche machen Erfahrungen mit Partydrogen. Suchtgefahren und körperliche Risiken werden dabei…

| mehr

Das Münchner „FREUNDE“-Programm fördert Lebenskompetenzen

Gewalt- und Suchtprävention in der Kita

Das Projekt „FREUNDE“ ist im Jahr 1998 aus einer Initiative regionaler „Rotary Clubs“ in Bayern entstanden. Deren Mitglieder bereitete der zunehmende…

| mehr