Der Ausstieg aus der rechten Szene ist langwierig
Der Ausstieg aus der rechten Szene ist langwierig

Aussteigerprogramm NRW hilft bei dem Weg aus der rechten Szene

Rechter Gewalt den Rücken kehren

Noch nie haben so viele Rechtsextreme das Aussteigerprogramm des NRW-Verfassungsschutzes genutzt. Im Juli 2015 kam eine unabhängige Studie zu dem Ergebnis: Das Programm unterstützt Menschen erfolgreich dabei, die Neonazi-Szene dauerhaft zu verlassen. Inzwischen ist die Initiative unter dem Namen „Spurwechsel“ sogar auf Facebook präsent.Im Mai 2017 hatte die NRW-Initiative rund 56 ausstiegswillige Neonazis in der Begleitung. Meist handelt es sich bei den Ausstiegswilligen um männliche Rechtsextremisten, es zeichnet sich allerdings ab, dass sich auch immer mehr Mädchen und Frauen an die Initiative wenden. Aussteigerbetreuer Felix Medenbach erklärt: „Die rechtsextremistische Szene wandelt sich, mittlerweile spielen Frauen dort eine größere Rolle und sind aktiver in der Szene tätig. Aus diesem Grund haben auch Ausstiegsbegleiterinnen bei uns im Team, die sich auf Wunsch gezielt um die weiblichen Ausstiegswilligen kümmern können.“ Die Zeiten, in denen Frauen nur als „unterstützendes Beiwerk“ in der Szene unterwegs waren, seien vorbei. Darauf müsse man reagieren und sich dementsprechend auf mehr Aussteigerinnen einstellen, so Medenbach.

Der Ausstieg wird aktiv begleitet

Ein Ausstieg aus der rechten Szene gestaltet sich oft schwierig, denn viele Rechtsextreme haben fast nur Freunde aus diesem Umfeld. Die Kontakte zu ihnen von jetzt auf gleich abzubrechen, fällt deshalb schwer und ist ohne fremde Unterstützung kaum möglich. „Die Aussteiger fallen erst einmal in ein schwarzes Loch, denn der ganze Lebensinhalt ist plötzlich weg. Hinzu kommen häufig Probleme wie Alkoholsucht, Arbeitslosigkeit oder Schulden. Wir versuchen dann, individuelle Lösungen zu finden“, beschreibt Medenbach die Situation. Solche Probleme müssen erst gelöst werden, damit ein Ausstieg aus der rechten Szene dauerhaft erfolgreich sein kann. Hinzu kommt die Gefahr, die von den Ex-Kameraden ausgeht. Denn je gewaltbereiter die jeweilige Szene ist, desto höher ist die Gefahr, dass es zu Übergriffen kommt. Ist die Gefährdung durch Ex-Kameraden zu groß, wird ein „stiller Ausstieg“ vorbereitet. Dann wird für den Aussteiger eine neue Wohnung gesucht, bestenfalls in einem anderen Bundesland, und eine Adresssperre wird eingerichtet.

Über die „HelpLine Aktiv gegen Rechts“ 0211 837 1001 können Ausstiegswillige Kontakt zu einem Ausstiegsbetreuer im InnenministeriumNRW aufnehmen. Hier gibt es mehr Infos zum Aussteigerprogramm.

Evaluation belegt die Wirksamkeit

Dass das Team vom Aussteigerprogramm NRW erfolgreich ist, konnte im Rahmen einer wissenschaftlichen Evaluation der Hochschule Esslingen und der Hochschule Niederrhein gezeigt werden. Das Programm sei in der Lage, positive Ausstiegsverläufe aus dem Rechtsextremismus zu ermöglichen. Bemerkenswert sei dabei auch die äußerst geringe Rückfallwahrscheinlichkeit, so der Bericht. Das Aussteigerprogramm NRW stützt sich auf zwei Säulen. Die erste ist eine lebenspraktische Hilfe, die dem Aussteiger wieder einen normalen Alltag ermöglichen soll. „Wir schauen ganz konkret, wo die einzelnen Probleme liegen: Gibt es einen Schulabschluss oder eine Ausbildung? Wenn nicht, wird dies in Angriff genommen. Bestehen Alkohol- oder Drogenprobleme? Dann wird eine Beratungsstelle eingeschaltet, die den Aussteiger diesbezüglich betreut“, erläutert Medenbach. Außerdem würde parallel versucht, wieder Kontakt zu Familie oder alten Freunden aus der Zeit vor dem Einstieg in die rechte Szene aufzunehmen. „Wir haben Personal mit familientherapeutischer Erfahrung ins Programm geholt, um kompetent mit Jugendämtern und Jugendgerichten zusammenzuarbeiten. Zudem haben wir auch zusätzliche Sozialarbeiter. Je kompetenter wir sind, desto erfolgreicher können wir sein“, so Medenbach. Die zweite Säule umfasst die Einstellungsänderung des Aussteigers. Bei manchen ist das ein langer Prozess. „Ziel ist es, den Aussteiger auf den Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zurückzuholen und wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Insgesamt kann der Ausstiegsprozess drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen. Erst dann können wir sagen: Jemand hat sich erfolgreich aus der Szene gelöst“, weiß der Experte. Das entscheidende Erfolgskriterium ist, dass die Teilnehmer sich nicht mehr politisch in der rechten Szene betätigen und auch keine Gewalttaten begehen. Mit Anti-Aggressivitätstrainings unterstützt das Team vom Aussteigerprogramm NRW die Teilnehmer dabei intensiv. Die Strategie greift, denn über 90 Prozent der im Ausstiegsprogramm begleiteten Personen sind bislang nicht erneut straffällig geworden.
Die Hilfe beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Rechtsextremen, die sich bereits zu einem Ausstieg entschlossen haben. „Seit einigen Jahren arbeiten wir auch proaktiv, indem wir einerseits auf die persönliche Begegnung setzen und indem wir in sozialen Netzwerken unterwegs sind“, erklärt Medenbach. Unter dem Namen „Spurwechsel“ tritt die Initiative seit einigen Monaten auf Facebook auf und setzt sich so auch mit der rechten Szene im Netz auseinander. „Die Klienten sind selbst intensiv auf Facebook und wir wollen deshalb alle Bereich nutzen, in denen wir präsent sein können.“
AL (30.06.2017)

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