Es gibt mediale Vermittlungsformen, die einfach zeitlos sind. Dazu gehören die Polizeipuppenbühnen. Diese Form des Puppentheaters funktioniert noch heute bei Kita- und Grundschulkindern. Erfunden wurden die Polizeipuppenbühne in den 1950er Jahren vom Hamburger Polizisten und Puppenspieler Heinz Krause. Ein weiterer Pionier war der Bonner Polizist Theo Flor. Heute existieren in Deutschland mehr als 100 solcher Gruppen: In ihren Stücken lernen Kinder die Verkehrsschilder und -regeln kennen, aber auch wichtige Grundlagen für das richtige Verhalten – im Straßenverkehr, aber auch beispielsweise gegenüber fremden Erwachsenen.
Eine ideale Möglichkeit der Projektion und der Identifikation
Viele ältere Erwachsene sind mit den Hörspielen des Hamburger Verkehrskaspers aufgewachsen, die es in den 1960er und 70er Jahren auf Schallplatten gab. Und manche Puppenbühnen verwenden noch heute die klassischen Figuren aus der Blütezeit des Polizeipuppenspiels. „Es sind wertvolle und alte Figuren. Die Schnitzer waren Theo Eggink, Till de Kock und Hellmuth Lange, allesamt große Namen in der deutschen Puppenspielgeschichte“, erläutert der Schauspieler und Puppenspieler Gerd J. Pohl. Die Figur des Kaspers ist für ihn eine ideale Projektions- und Identifikationsfläche: „Es wird immer wieder diskutiert, ob der Kasper heute noch zeitgemäß ist, aber darauf habe ich nur eine einzige Antwort: Es geht nicht darum, ob man Ja oder Nein sagt zum Kasperspiel, sondern nur darum, ob man es gut macht oder schlecht, beseelt oder halbherzig. Und ich denke, dass wir es gut und beseelt machen. Die Reaktionen der Kinder, Eltern und Pädagogen lassen jedenfalls keine anderen Rückschlüsse zu.“
Im Polizeipuppentheater geht es um Sicherheit, Selbstvertrauen und richtiges Verhalten gegenüber fremden Personen
© Polizei RLP
Spielweise ist pädagogisch aktuell
Heutige Stücke der Verkehrspuppenbühnen unterscheiden sich stark von ihren Vorgängern aus den 1950er bis 70er Jahren. Sie orientieren sich am aktuellen Stand der Verkehrspädagogik. Oft führen das Puppenspieler-Ensemble und das Publikum einen offenen Dialog über aktuelle Themen des Straßenverkehrs. Nicht der Kasper, sondern die Kinder lösen dann die diskutierten Probleme. Dadurch bestimmt das Publikum den Fortgang und Ausgang der Ereignisse auf der Bühne mit. Herausforderungen im Straßenverkehr werden von den Figuren vernünftig und realitätsnah bewältigt und nicht durch Zauber oder durch den Einsatz von Gewalt gelöst.
Kinder durchleben die Situationen emotional
Manche Puppenbühnen stehen vor großen finanziellen Herausforderungen. Während der Corona-Pandemie konnten sie kaum live auftreten. Viele der Puppenspieler, aber längst nicht jeder, sind Polizistin oder Polizist. Manchmal sind auch Puppenspielprofis wie Gerd J. Pohl im Einsatz. Er ist der Intendant des „Theaters im Puppenpavillon“ in Bergisch Gladbach. Bei seiner Arbeit für die Polizei stimmt er sich eng mit den Beamtinnen und Beamten der lokalen Verkehrsprävention ab: „Das Puppenspiel soll nur ein Angebot von vielen sein im Rahmen der Verkehrserziehung im Kindergarten und in der Schule. Es soll und kann die praktischen Übungen im verkehrsberuhigten Bereich oder auf der Straße nicht ersetzen.“ Das Besondere an dieser Art der Präventionsarbeit ist für Pohl die starke emotionale Wirkung des Puppentheaters: „Die Kinder durchleben und durchleiden das, was auf der Bühne geschieht, ja mit, wodurch ihnen die Lehrinhalte besonders tief unter die Haut gehen. Wenn ich Kindern etwas mit den Puppen vorspiele und sie dabei in die Handlung miteinbeziehe, so sitzt das doppelt und dreifach so fest wie eine reine Erklärung. Das Puppenspiel zielt eben eher auf das Herz als auf den Kopf, und genau das macht es so wirksam.“
Die Vielfalt der Polizeipuppenbühnen in Deutschland
Die Szene der Polizeipuppenbühnen in Deutschland ist so vielfältig und regional verschieden wie die Akteure, die sie mit viel Engagement betreiben. Hier einige Beispiele:
Die Puppenbühne des Polizeipräsidiums der Westpfalz in Kaiserslautern arbeitet mit Klappmaulpuppen zu Themen der Verkehrsprävention sowie zur Vorbeugung von sexuellem Kindesmissbrauch. Die Arbeit der Verkehrspuppenbühne beim Polizeipräsidium in Dortmund bietet auch für die 5. Klasse eigene Stücke zur Handynutzung im Straßenverkehr oder zum Tragen eines Fahrradhelms an und sogar ein Stück für Seniorinnen und Senioren. Im Westfalenpark gibt es eine stationäre Verkehrspuppenbühne und online viele Materialien für Pädagoginnen und Pädagogen. In Mecklenburg-Vorpommern ist die Polizeimöwe Klara als Sympathieträger für die Polizeipuppenbühne unterwegs. Polizistinnen schlüpfen in das Möwenkostüm. Es gibt aber auch eine klassische Polizeipuppenbühne, die landesweit unterwegs ist. Dazu gibt es einen Artikel auf dieser Website. Wir stellen auch die Arbeit der Polizeipuppenbühnen in Koblenz und Bremen vor.
WL (Stand 26.04.2022)

