Tatverdächtige auf freiem Fuß – warum?
„Untersuchungshaft hat nichts mit Strafe zu tun“
Klassische Haftgründe sind Flucht- und Verdunkelungsgefahr
© BortN66/stock.adobe.com
Der Fall einer geplanten Entführung eines 10-Jährigen auf dem Nachhauseweg in Velbert im März 2019 zeigt: Es gibt immer wieder Situationen, in denen Straftäter nicht festgehalten bzw. laufen gelassen werden – und das, obwohl er oder sie eindeutig identifiziert ist und kein Zweifel an der Tat oder zumindest der Tatabsicht besteht. Bei welchen Vergehen ist das der Fall? Kriminalhauptkommissar Lüder Fasche, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Bremen, klärt auf.
Herr Fasche, wann kommt ein Tatverdächtiger in Untersuchungshaft?
Laien muss oft erklärt werden, dass die Untersuchungshaft nichts mit Strafe zu tun hat, sondern lediglich der Verfahrenssicherung dient. Dem gegenüber steht die Unschuldsvermutung im Strafrechtssystem unseres Rechtsstaates: Eine Person gilt so lange als unschuldig, bis ihre Schuld gesetzlich nachgewiesen ist. Tatverdächtige nach einer Straftat wieder „laufen zu lassen“ ist also nichts Ungewöhnliches, sondern gewollt. In der Bundesrepublik gab es 2018 übrigens rund zwei Millionen Tatverdächtige. Dass diese nicht alle nach einer Straftat sofort weggesperrt werden können, liegt wohl auf der Hand. Es gibt also gute Gründe, gesetzlich zu regeln, wann Tatverdächtige bereits vor einem Gerichtsverfahren mit vorläufigen freiheitsentziehenden Maßnahmen belegt werden. Polizei und Justiz müssen sich da im Wesentlichen an die recht strengen gesetzlichen Bestimmungen der Strafprozessordnung (StPO) halten. Grundsätzlich sind solche vorläufigen Freiheitsentziehungen nur bei schwereren Straftaten vorgesehen. Klassische Haftgründe sind Flucht- und Verdunkelungsgefahr. In der StPO sind im einschlägigen Paragrafen 112 aber auch einige Straftaten genannt, die zur U-Haft führen können, ohne dass diese Haftgründe vorliegen, wie zum Beispiel Mord, Totschlag oder besonders schwere Brandstiftung.
Unter welchen Umständen wird ein Haftbefehl ausgesprochen?
Gelangen Polizei und Staatsanwaltschaft zu dem Schluss, dass einer der genannten Haftgründe gegeben ist, muss der Fall dem Haftrichter vorgetragen und die beantragte Untersuchungshaft genau begründet werden. Grundbedingung für einen Haftbefehl ist, dass ein Richter oder eine Richterin den dringenden Tatverdacht für einen Tatverdächtigen bestätigt. Es reicht also nicht zu glauben, jemand habe eine schwere Straftat begangen, sondern es müssen objektive Tatsachen mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür sprechen.
Weitere Infos zum Thema Gewalt in der Gesellschaft
Nebenklage, Adhäsionsverfahren und Opferentschädigungsgesetz
Wer Opfer einer Straftat wird, hat oft lange mit den Folgen zu...[mehr erfahren]
Mehr Gewalt-, Jugend- und Ausländerkriminalität
Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) gibt Aufschluss über...[mehr erfahren]
Quartiersmanagement in Berlin-Kreuzberg als Erfolgsmodell
Quartiersmanagement soll dabei helfen, einzelne Stadtteile...[mehr erfahren]
Die polizeilich registrierten Fallzahlen nehmen zu
Zwei Jahre lang wurde Angelika von Jörg, der eigentlich anders heißt,...[mehr erfahren]
Prostitution am Straßenrand
Sie stehen an abgelegenen Landstraßen, auf verlassenen Parkplätzen am...[mehr erfahren]
Aktivitäten
Service
Audio Podcast
Hier finden Sie weitere Podcasts
Präventionsvideos
"Ein Bild sagt mehr als tausend Worte". Und gerade mit bewegten Bildern werden wir alle viel leichter erreicht als mit nüchternen Informationsmaterialien, die nur den Verstand ansprechen. Hier finden Sie die Präventionsvideos.
Schützen Sie Ihre Immobilie gegen Einbruch!
Erklärung einschlägiger Präventions-Begriffe
Beliebte Artikel zum Thema Gewalt in der Gesellschaft
Tipps zur Vorbeugung und Deeskalation
Die Pöbelei in der Bahn, die Schlägerei vor der Disko, der nächtliche...[mehr erfahren]
Die Arbeit der Spezialeinsatzkommandos der Polizei
Geiselnahme, Terror, Erpressung, Suizidversuch oder Amoklauf: Es gibt...[mehr erfahren]
Die Kampfhunde-Verordnung in Bayern
Im Februar 2014 greift ein freilaufender Rottweiler in Brandenburg...[mehr erfahren]