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Durch Netzwerkarbeit effektiv Umweltkriminalität bekämpfen

Im Jahr 2004 wurde im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW die „Stabsstelle Umweltkriminalität“ gegründet. Jürgen Hintzmann ist dort für die Koordination von Informationen zwischen den Umweltverwaltungs- und den Strafverfolgungsbehörden zuständig.

Die Arbeit der Stabsstelle Umweltkriminalität in NRW 

Umweltdelikte sind häufig schwer aufzuklären 

© jelwolf, fotolia 

 

Im Jahr 2004 wurde im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW die „Stabsstelle Umweltkriminalität“ gegründet. Jürgen Hintzmann ist dort für die Koordination von Informationen zwischen den Umweltverwaltungs- und den Strafverfolgungsbehörden zuständig. 

Herr Hintzmann, welchen Zweck hat die Stabsstelle genau? 

Bereits 1985 gab es einen Erlass, der die Zusammenarbeit von Polizei, Justiz und Umweltverwaltungsbehörden verbessern sollte. Darin wurde festgelegt, dass die Verwaltungsbehörden verpflichtet sind, Strafanzeige zu erstatten, wenn ihnen ein Fall von Umweltkriminalität bekannt wird. Im Laufe der Zeit zeigte sich aber, dass die Behörden dieser Verpflichtung in vielen Fällen nicht nachkommen konnten. Abzulesen war dies unter anderem in der Polizeilichen Kriminalstatistik. Sie zeigte, dass die Delikte im Bereich Umweltkriminalität über die Jahre drastisch zurückgingen. Und dies lag nicht daran, dass es etwa weniger strafrechtlich relevante Sachverhalte gab, sondern daran, dass immer weniger Fälle angezeigt wurden. Man hat dann erkannt, dass die Zusammenarbeit zwischen den Umweltverwaltungs- und den Strafverfolgungsbehörden noch besser organisiert und unterstützt werden muss. Zu diesem Zweck wurde dann in NRW die bundesweit erste und bis heute einzige Stabsstelle eingerichtet. 

Was genau sind deren Aufgaben? 

Zu unseren Aufgaben gehört unter anderem die Recherche, Auswertung und Bewertung umweltstrafrechtlich relevanter Sachverhalte sowie die Koordinierung, Beratung und Unterstützung der beteiligten Stellen. Außerdem haben wir ein Netzwerk zu allen Einrichtungen, Behörden und Organisationen aufgebaut, die Berührungspunkte zum Bereich Umweltkriminalität aufweisen. Dazu gehören Landeskriminalämter, Polizeibehörden, Umweltverbände und Umweltdezernate in den Bezirksregierungen, Kreisen und Gemeinden. Diese versorgen wir – soweit erforderlich – mit den benötigten Informationen und unterstützen sie bei der gesamten Abwicklung. Wir nehmen aber auch selbst Hinweise entgegen, bewerten diese und leiten sie an die entsprechenden Stellen weiter. Je nach Sachlage erstatten wir auch selbst Strafanzeige oder geben Stellungnahmen in Ermittlungs- und Strafverfahren ab. 

Mit welchen Umweltthemen beschäftigen Sie sich denn hauptsächlich? 

Wir sind für alle Formen von Umwelt- und Lebensmittelkriminalität zuständig. Das umfasst ein sehr weites Feld – etwa Gewässerverunreinigung, Boden- und Luftverunreinigung, aber auch die Abfallwirtschaftskriminalität. Dazu kommen noch die Bereiche des Tier- und Artenschutzes, also zum Beispiel Straftaten nach dem Bundesnaturschutz- oder Tierschutzgesetz. Aus der Sicht des Verbraucherschutzes beschäftigen wir uns außerdem mit dem gesamten Spektrum des Lebensmittelschutzes. Die konkreten Fälle können ganz unterschiedlich aussehen. Das kann ein Fischsterben aufgrund von Gewässerverunreinigungen sein, weil giftige Abwässer abgeleitet wurden. Oder es kommt zu einer Luftverunreinigung aufgrund von schädlichen Emissionen. Bodenverunreinigungen können zum Beispiel auf Baustellen vorkommen, wenn etwa schwermetallhaltige Bettungssande verwendet werden. Aber auch der illegale Import von Landschildkröten aus den Mittelmeerländern, die dann bei uns mit falschen Papieren verkauft werden oder illegal importierte Spinnen aus den USA beschäftigen uns. Auch das Abschießen oder Vergiften von Greifvögeln gehört zu den Delikten, die häufiger vorkommen. 

Um Umweltvergehen aufzuklären, bedarf es genauer Messungen

© jirapong, fotolia 

Wie sieht Ihre Arbeit denn konkret aus? 

Das Thema Umweltkriminalität ist komplex und rechtlich anspruchsvoll. Wir sind daher die zentrale Anlaufstelle für die genannten Behörden. Mein Kollege und ich haben beide kriminalistische Kenntnisse – während er langjähriger Polizeibeamter war, habe ich 14 Jahre lang als Staatsanwalt gearbeitet. Nur so kann man die Fälle richtig beurteilen und sich auf Augenhöhe mit den Kolleginnen und Kollegen aus Polizei und Justiz verständigen. Wir haben über acht Jahre hinweg viele Informationen zu den verschiedenen Umweltdelikten aus den Behörden gesammelt. Bei uns laufen alle Erkenntnisse zusammen und werden dokumentiert. Dadurch haben wir eine hohe strafrechtliche Kompetenz. Ein Beispiel: Ein Kollege hat sich an uns gewendet, weil er einen Fall von illegal eingeführten Pfeilgiftfröschen aus Mittelamerika bearbeiten musste. Für ihn war das ein Spezialthema, in das er sich erst einmal mühsam hätte einarbeiten müssen. Ich habe schon mehrere dieser Fälle dokumentiert und wusste, dass es etwa beim Landeskriminalamt in Thüringen ein großes Verfahren dazu gegeben hat. Mit diesen Infos wird die Abwicklung solcher Fälle beschleunigt. Eine effektive Bekämpfung von Umweltkriminalität ist ohne eine zuverlässige Vernetzung aller vorhandenen Daten und Informationen nicht möglich. Wenn diese nicht optimal in einem umfassenden Gesamtüberblick betrachtet werden, kommt es schnell zu Bekämpfungsdefiziten. 

Warum gestaltet sich die Bearbeitung von Umweltdelikten in den Behörden so schwierig? 

Das hat verschiedene Gründe. Obwohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Umweltbehörden dazu verpflichtet sind, Strafanzeige zu erstatten, wenn sie Kenntnis von einer Straftat bekommen, tun sie sich oft schwer damit. Das liegt zuallererst an der sowieso schon hohen Arbeitsbelastung. Wird ein Mangel festgestellt, wird zunächst darauf geachtet, dass dieser behoben wird. Die rückwirkende Strafverfolgung wird dabei oft vernachlässigt. Auch bei der Polizei und in den Staatsanwaltschaften führt das Thema Umweltkriminalität häufig ein gewisses Rand-Dasein. Es läuft in der Regel in einem der Hauptdezernate parallel mit, das heißt, die Kommissariate sind mit ihrer eigentlichen Arbeit mehr als ausgelastet. Und Anderes hat eben Priorität: Solange es noch einen Mord- oder Brandfall aufzuklären gibt, werden die Umweltdelikte eher vernachlässigt. Dazu kommt, dass diese Delikte rechtlich so komplex sind. Man benötigt wegen der Abhängigkeit des Umweltstrafrechts von den Vorgaben des Umweltverwaltungsrechts zum Beispiel Wissen aus den Materien des besonderen Umweltverwaltungsrechts, wie dem Bundesnaturschutzgesetz oder dem Bundesimmissionsschutzgesetz – teilweise mit zusätzlichen Verweisungen auf EU-Verordnungen. Das ist Spezialwissen für dessen Aneignung das tägliche Arbeitspensum kaum Zeit lässt. Hier wäre eine größere Spezialisierung der Beamten sowie eine höhere personelle Kontinuität wünschenswert. Denn die effiziente Bearbeitung dieser Fälle hat viel mit Erfahrung zu tun. 

Warum ist es so wichtig, dass die Behörden ihrer Pflicht nachkommen und in allen Fällen, die ihnen bekannt werden, auch eine Anzeige erstatten? 

Viele Vergehen können überhaupt nur durch die Umweltverwaltungsbehörden aufgedeckt werden. Nämlich dann, wenn sie bei ihren Aufsichts- und Kontrolltätigkeiten auf Unregelmäßigkeiten stoßen. Manches lässt sich in Wasser Boden, Luft und Lebensmitteln nur durch Messungen feststellen. Denn schädliche Stoffe kann man häufig weder sehen noch riechen noch schmecken. Die genauen Grenzwerte, Erlaubnisse und Auflagen der einzelnen Unternehmen sind oft nur den Umwelt- und Verbraucherschutzbehörden bekannt. Im Gesetzestext ist häufig nur von „Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten“ die Rede. Das muss aber erkannt und belegt werden. Und da sind die Behörden die einzigen, die über dieses Wissen verfügen. Die Polizei kann erst einmal nur augenfällige Verstöße wahrnehmen wie etwa ein im Wald abgestelltes Fahrzeug. Bei den schweren Delikten ist man aber in der Regel auf die Umweltbehörden angewiesen. Außerdem sollte man sich immer vor Augen halten, dass jede Anzeige, die nicht erstattet wird, auch nicht in die Polizeiliche Kriminalstatistik eingehen kann. Diese Straftaten tauchen dann dort nicht auf. Die Schlussfolgerung aus der Statistik wäre dann, dass es diese Straftaten nicht gibt, bzw. nicht in der eigentlich vorhandenen Häufigkeit. Wenn sich eine Behörde an uns wendet und um Informationen oder Unterstützung bittet, dann achten wir darauf, dass Anzeige erstattet wird, auch wenn kaum Aussicht besteht, dass der Täter ermittelt werden kann – etwa bei einem vergifteten Greifvogel. Es ist zwingend notwendig, dass die Umweltverwaltungs- und die Strafverfolgungsbehörden an einem Strang ziehen und eng zusammenarbeiten. Wir machen deshalb auf Fortbildungsveranstaltungen für die Polizei immer wieder darauf aufmerksam, dass das Umweltstrafrecht ein wichtiges Element der Verwaltungsbehörden ist – und man mit ihnen zusammen effizient Umweltkriminalität bekämpfen kann. (SW) 

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