Verpflichtende Fahrerassistenzsysteme
Ab 2024 gelten neue Richtlinien für Neuwagen
Der Notbremsassistent misst laufend die Abstände zu vorausfahrenden Fahrzeugen
© Stockerk-Fotodesign
Auch wenn Elektrofahrzeuge in den Medien derzeit die Berichterstattung beherrschen: Der große Auto-Trend der vergangenen Jahre sind Assistenzsysteme. Mittlerweile gibt es sie in allen Fahrzeugklassen. Waren diese Systeme zunächst nur als teure Sonderausstattungen erhältlich, sind eine Reihe von Assistenzsystemen laut EU-Verordnung in Zukunft verpflichtend. Das gilt seit 2022 für alle neu zugelassenen Fahrzeugtypen und ab 2024 generell für alle Neufahrzeuge.
Die Assistenzsysteme wurden zur Pflicht, weil Untersuchungen belegen, dass bis zu 95 Prozent aller Verkehrsunfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen sind. Die EU-Kommission erwartet, dass in den Jahren bis 2038 durch die verpflichtenden Fahrerassistenzsysteme bis zu 25.000 Menschenleben gerettet und mindestens 140.000 schwere Verletzungen vermieden werden können. Auch der Gesamtverband der Versicherer geht davon aus, dass die neuen Assistenzsysteme die Zahl der Unfälle reduzieren und für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen. Doch sie haben auch einen großen Nachteil. Zum einen werden Neuwagen dadurch teurer und zum anderen erhöht die eingebaute komplexe Technik mit ihren zahlreichen Sensoren im Schadensfall die Reparaturkosten. So erhöht ein Assistenzsystem etwa den Preis für den Austausch einer Windschutzscheibe um 25 Prozent.
Was Assistenzsysteme sind und was sie leisten
Unfallursachen können mit dem Unfalldatenspeicher effizienter geklärt werden
© Panumas/stock.adobe.com
Wie der Name schon sagt sollen Assistenzsysteme den Autofahrenden in bestimmten Fahrsituationen aktiv unterstützen. Das reicht von der reinen Information, zum Beispiel bei der Anzeige von Geschwindigkeitsbegrenzungen, über den Hinweis auf bestimmte Ereignisse, etwa beim Spurhalteassistenten, bis hin zum Notbremsassistenten. Er leitet selbstständig eine Gefahrenbremsung ein, wenn der Fahrer nichts unternimmt, um eine Kollision zu vermeiden. Bislang sind die meisten Fahrerassistenzsysteme so konzipiert, dass die Verantwortung beim Fahrer bleibt. Das heißt, er kann die Eingriffe des Systems stets beeinflussen und behält damit letztendlich immer die Kontrolle.
Folgende Assistenzsysteme sind ab 2024 Pflicht in allen Neuwagen
- Geschwindigkeitsassistent
Der intelligente Geschwindigkeitsassistent erkennt Verkehrszeichen. Darüber hinaus erhält er Daten von Navigationsdiensten über die aktuell zulässige Geschwindigkeit und zeigt diese auf dem Fahrzeugdisplay an. Der Fahrer wird mit einem optischen oder akustischen Signal gewarnt, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wird. Je nach Automodell und Einstellung wird das Fahrzeug auch automatisch auf die vorgeschriebene Maximalgeschwindigkeit herabgeregelt.
- Notfall-Spurhalteassistent
Bislang haben Spurhalteassistenten den Fahrer nur gewarnt, wenn das Fahrzeug scheinbar ungewollt die Fahrspur verlässt. Die neueren Notfall-Spurhalteassistenten gehen weiter. Sie korrigieren auch aktiv, wenn das Fahrzeug von der Straße abzukommen droht. Wenn es jedoch die Straßensituation nicht zulässt, dass das Assistenzsystem richtig funktioniert, schaltet es sich automatisch ab. Das ist etwa auf unbefestigten Wegen der Fall.
- Notbremsassistent
Um Kollisionen zu verhindern, bremst der Notbremsassistent das Fahrzeug in Gefahrensituationen selbstständig ab oder unterstützt bei einem Bremsvorgang. Über Sensoren und Kameras erkennt das System andere Fahrzeuge und Hindernisse. Es misst laufend den Abstand und die Geschwindigkeit, um in einer sich zuspitzenden Situation reagieren zu können.
- Notbremslicht
Das Notbremslicht wird auch als adaptives Bremslicht bezeichnet. Es zeigt nachfolgenden Verkehrsteilnehmern einen abrupten Bremsvorgang an. Das ist der Fall, wenn das Fahrzeug unvermittelt bei einer Geschwindigkeit von über 50 km/h bremst und die daraus resultierende Bremsverzögerung mehr als 6 m/s beträgt.
- Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner
Nachlassende Konzentration, Müdigkeit und der gefährlicher Sekundenschlaf sind häufige Unfallursachen. Müdigkeits- bzw. Aufmerksamkeitswarner überwachen den körperlichen Zustand des Fahrers über die kontinuierliche Aufzeichnung von Augen und Lid-Bewegungen sowie das Fahrverhalten. Wenn das System Anzeichen von Müdigkeit oder nachlassender Konzentration erkennt, warnt es mit einem optischen oder akustischen Zeichen.
- Rückfahrassistent
Durch Rückfahrassistenzsysteme soll das Ein- und Ausparken sowie das Rückwärtsfahren erleichtert werden. Sensoren und Kameras erkennen Hindernisse und warnen den Fahrer vor möglichen Zusammenstößen.
- Reifendrucküberwachung
Bereits seit 2014 sind Reifendruck-Kontrollsysteme in neu zugelassenen PKW vorgeschrieben. Das System prüft fortlaufend den Luftdruck in den Reifen. Sollte der Druck von einem vorgegebenen Wert abweichen, wird der Fahrer über das Fahrzeugdisplay und gegebenenfalls über einen Warnton informiert.
- Unfalldatenspeicher (Black-Box)
Ähnlich wie bei einer Blackbox in einem Flugzeug werden wesentliche Fahrdaten fortlaufend gespeichert und immer wieder überschrieben. Bei einem Unfall stehen dann die Daten kurz vor und während des Geschehens für eine effektive Untersuchung der Unfallursache zur Verfügung. Konkret werden Daten zur Geschwindigkeit des Fahrzeuges, zum Bremsverhalten, zur Aktivität der Sicherheitssysteme, zur Motordrehzahl sowie zur Position und Neigung des Fahrzeugs erfasst.
- Vorrichtung zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre
Vorgeschrieben ist bislang nur die Einrichtung einer standardisierten Schnittstelle, an die ein Kontrollgerät angeschlossen werden kann. Das Kontrollgerät selbst ist nicht Bestandteil der EU-Verordnung. Technisch möglich sind Geräte, die über den Atem den Alkoholspiegel des Fahrers messen. Ein Start des Autos wäre dann nur möglich, wenn der Fahrer nicht alkoholisiert ist.
(TE, 27.10.2023)
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